Im Juli dieses Jahres brachte Volkswagen eine Verheißung nach Dresden, auf 351 Quadratmetern. Am Kulturpalast, nur einen Steinwurf von der Frauenkirche entfernt, rollte VW ein Werbeplakat für eine Händlermesse aus. Sterne am Nachthimmel funkelten darauf wie ein schützendes Zelt über der schattigen Silhouette der Stadt. Zwischen Himmel und Erde formulierte VW eine Botschaft puren Glaubens an den Fortschritt. In Versalien war auf dem Plakat zu lesen: "Zukunft für alle". Und, darunter: "Innovationen für alle".
Wenn man die Sterne dieses Plakats jetzt noch einmal deuten darf, dann ist die Innovation tatsächlich der einzige Grund, der den Glauben an eine Zukunft von VW in Dresden am Leben hält. Ja, Ende März läuft die Produktion des Phaetons in Dresden aus. Aber: Voraussichtlich 2019 sollen in der Gläsernen Manufaktur wieder alle Lichter angehen und der Phaeton als reines Elektroauto produziert werden.
Der Durchschnittsdresdner wird das Ende des Phaetons vor allem auf den Gleisen der Straßenbahn bemerken. Zum Stadtbild des schwarz-gelben Dresden mit seinem schwarz-gelben Lieblingsverein Dynamo und seinen schwarz-gelben Verkehrsbetrieben gehören seit 15 Jahren zwei blaue Güter-Straßenbahnen. Die schleppten bislang treu die Bauteile von einem Logistikzentrum durch das Zentrum zur Gläsernen Manufaktur. Sie waren eine kleine Attraktion, aber schon zuletzt fuhren sie seltener. Im Spitzenjahr 2011 produzierte VW in Dresden 11 000 Phaeton, 2014 waren es noch etwas mehr als 4000.
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Eine Fabrik, die auch Kulturträger ist
Die Gläserne Manufaktur ist auch eine Echtzeit-Anzeige für das Wohlergehen der Wirtschaft. Ein Glaskubus, bei dem man sich manchmal wunderte, warum er denn schon wieder so dunkel und traurig dalag. Der einen beruhigen konnte, wenn er satt leuchtete und in ihm die Blaumänner wuselten, die in Dresden Weißmänner sind.
Bedeutung hat die Fabrik für die Stadt auch als Kulturträger. VW stützt und begleitet den Dresdner Semperopernball, einen zwar zweifelhaften, aber doch bedeutsamen Höhepunkt des mageren gesellschaftlichen Lebens. Die Manufaktur war auch Herberge für Kulturveranstaltungen wie die Dresdner Musikfestspiele vor zwei Jahren. Da spielten die New Yorker Philharmoniker unter Zuhilfenahme von Autoteilen, und im Publikum saß der US-Schauspieler Bill Murray, der mit Kammermusik kaum nach Dresden zu locken gewesen wäre.