Gepanzerte Fahrzeuge:Stahlplatten gegen Sprengfallen

Das Werk von Alpha Armouring in Garching

In Garching bei München sorgt Alpha Armouring dafür, dass Geländewagen wie die Mercedes G-Klasse sicher vor Kugeln und Sprengfallen sind.

(Foto: STG)

Krisenherde gibt es auf fast jedem Kontinent. Entsprechend hoch ist die Nachfrage nach gepanzerten Wagen. Ein Unternehmen bei München hat sich auf Fahrzeuge spezialisiert, denen selbst Sprengfallen kaum etwas anhaben können.

In der Zeppelinstraße im Garchinger Gewerbegebiet bei München geht es tagsüber turbulent zu. Unzählige Firmen bekommen Güter geliefert, produzierte Waren werden abgeholt, um die Ecke ist ein Fahrzeugzentrum von BMW. Der graue Bau von Alpha Armouring fällt einem nicht einmal auf, wenn man direkt vor dem Tor steht. Selbst das Firmenschild muss man suchen. Vor dem Gebäude stehen ein paar dunkle Geländewagen.

Doch genau diese Geländewagen wie die Mercedes G-Klasse oder der Toyota Land Cruiser sind - schwer gepanzert - das Geschäft der Spezialfirma. Aus dem Norden von München gehen die Fahrzeuge in die ganze Welt. Dorthin, wo es besonders gefährlich ist. Sie schützen Politiker, Diplomaten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Spezialkräfte. Botschafter in allen wichtigen Ländern sind seit Jahrzehnten in solchen Schutzfahrzeugen unterwegs - zumeist in einer Sicherheitskolonne, um bestmöglich gegen Beschuss und Bombenanschläge gewappnet zu sein. Die Nachfrage nach den Sonderschutzfahrzeugen wuchs insbesondere durch die Öffnung des Ostens in den 90er-Jahren beträchtlich. Russland ist hier der größte Markt, nicht selten sind sie Statussymbole ihrer Besitzer.

Hauptkunden sind Regierungen

Während die Politiker aus der ersten Reihe zumeist mit gepanzerten Luxuslimousinen wie Mercedes S-Klasse, BMW 7er oder Audi A8 unterwegs sind, geht es bei Personen, die nicht derart in der Öffentlichkeit stehen, zumeist etwas rustikaler zu. Zudem sind die zu schützenden Personen in vielen Regionen auf Geländewagen angewiesen, die sich von zerklüfteten Pisten und ein paar Straßensperren nicht beeindrucken lassen. Hierfür gibt es kaum bessere Fahrzeuge als die Geländewagen und SUVs.

"Pro Jahr produzieren wir derzeit etwa 80 Fahrzeuge", sagt Klaus Ackermann, Firmenchef von Alpha Armouring. "Wir arbeiten hier am Standort mit gut 50 Personen. Die Hauptkunden sind Regierungen, der diplomatische Dienst oder Organisationen. Doch es gibt auch immer mehr Privatpersonen, die Schutz benötigen." Die Hauptabnehmer sitzen dabei längst nicht mehr nur in Russland und Südamerika. Gerade in Afrika oder dem Mittleren Osten ist die Nachfrage nach schwer gepanzerten Fahrzeugen größer denn je. Wegen der wichtigen diplomatischen Kontakte hat Alpha Armouring mittlerweile eine Außenstelle in Berlin.

Stahlverkleidung bei Alpha Armouring

Für besseren Schutz werden die Innenwände der gepanzerten Fahrzeuge mit Stahl verkleidet.

(Foto: STG)

Gepanzerte Autos gibt es auch bei den Herstellern selbst zu kaufen. "Doch die können die Nachfrage kaum befriedigen, weil ihr Hauptgeschäft nun einmal die normalen Fahrzeuge sind", erklärt Ackermann. "Zudem sind wir deutlich günstiger." Wobei günstig bei einem Sonderschutzfahrzeug relativ ist. Eine entsprechend modifizierte G-Klasse kostet bei dem Unternehmen mindestens 220 000 Euro. Wer ein Luxusmodell mit V8-Motor und Sonderwünschen will, zahlt leicht mehr als 400 000 Euro.

Allein eine Tür wiegt 180 Kilogramm

Der Umbau von einer gewöhnlichen Mercedes G-Klasse zu einem schwer gepanzerten Alpha-Modell ist aufwendig. Die normalen Serienfahrzeuge werden komplett auseinander genommen, Kabel aufgerollt und dann das Auto von innen neu eingekleidet. Hinter der gewöhnlichen Blechfassade werden millimetergenau Stahlplatten verbaut, um gegen schwersten Beschuss gesichert zu sein. Danach ist der Geländewagen etwa 1,8 Tonnen schwerer. Allein eine Tür wiegt 180 Kilogramm. Die jeweils 70 Kilogramm schweren Seitenscheiben sind nach der mehrwöchigen Prozedur sieben Zentimeter dick. Der äußere Lack bleibt beim gesamten Umbau unangetastet.

Krisensicher

Bis zu sieben Zentimeter dick sind die Scheiben der gepanzerten Fahrzeuge.

(Foto: STG)

Zu erkennen sind die schwer gepanzerten Fahrzeuge nur für Experten. Im normalen Straßenbild fällt nicht auf, dass sie auf den Beschuss mit Maschinengewehren, Granaten oder Sprengfallen vorbereitet sind. Acht bis zwölf Wochen dauert es, bis ein gepanzerter Geländewagen das Firmengelände von Alpha Armouring verlässt. Ihren Mercedes-Stern hat die G-Klasse dann ebenso verloren wie der Land Cruiser das Toyota-Signet. Stattdessen gibt es auf dem Kühlergrill das doppelt A-Logo von Alpha Armouring.

Größte Gefahrenquelle sind heute Sprengfallen

Die schwer gepanzerte G-Klasse bewegt sich ebenso wie der Land Cruiser im normalen Straßenverkehr kaum anders als die Serienversionen. Die 1,4 bis 1,8 Tonnen Zusatzgewicht lassen sich nicht überspielen, aber gerade mit starken Motorisierungen gewöhnt man sich schnell an die Panzerung. Die verbauten Stahlplatten im Innenraum sind so groß wie möglich, weil jede Naht eine Schwachstelle sein könnte. In den unscheinbaren Reifen befindet sich auf der Felge ein Notlaufring, sodass bei einem zerstörten Pneu weiter gefahren werden kann. Die Fenster lassen sich aus Sicherheitsgründen nicht öffnen, einige Modelle bekommen jedoch auf der Fahrerseite eine kleine Dokumentendurchreiche.

Das Alpha Armouring Project Valiant ist ein Einzelstück - und zeigt, was an Sicherheit möglich ist.

Das Alpha Armouring Project Valiant ist ein Einzelstück - und zeigt, was an Sicherheit möglich ist.

(Foto: STG)

Das Gefahrenszenario, für das die Wagen umgerüstet werden, hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Längst werden die meisten Fahrzeuge nicht mehr beschossen, sondern fahren in Sprengfallen. Daher werden die Autos auch von unten bestmöglich gesichert.

Doch das ist noch längst nicht alles. Um zu zeigen, was mit einem gepanzerten Fahrzeug möglich ist, wurde in mehr als einjähriger Bau- und Entwicklungszeit ein Einzelstück gebaut. Der "Valiant" hat technisch nicht mehr viel mit einer Mercedes G-Klasse gemein. Von innen sowie außen mutet er eher wie ein gepanzertes Auto aus einem Endzeitfilm an. Die Panzerung bietet militärischen Standard und das meiste, was sich dem Valiant in den Weg stellt, dürfte dieser schlicht überrollen können. Zudem verfügt der gepanzerte Wagen der Zukunft über eine Sauerstoff- und Feuerlöschanlage, Nachtsichtgeräte und Kameras rundum. Gut vorstellbar, dass ein solches Fahrzeug bald auch in Krisenregionen unterwegs ist. Die Kosten: mehr als eine Million Euro. Sicherheit hat eben ihren Preis.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: