Genfer Autosalon 2018:Die deutschen Hersteller zelebrieren ein Dieselfest

Audi und BMW setzen beim neuen A6 und X4 überwiegend auf Dieseltriebwerke. Mercedes interpretiert das Motorenkonzept anders - mit einer vergessen geglaubten Technik.

Von Thomas Harloff

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Audi A6 50 TDI Quattro

Quelle: AFP

Der Diesel dominiert auch den 88. Genfer Autosalon. Eine Woche ist es her, dass das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Fahrverbote für Dieselautos genehmigte. Nun will es vor allem die deutsche Autobranche so, dass in den Messehallen vorwiegend Autos debütieren, deren Erfolg bisher vom Dieselmotor abhing.

Audi A6

Beispiel A6: Audis Vertreter in der oberen Mittelklasse wurde noch im Januar zu 80 Prozent mit Dieselmotor verkauft. Auch das Motorenangebot der neuen Generation ist zum Marktstart im Juni diesellastig: Es gibt einen Vierzylinder mit 204 PS und zwei Sechszylinder mit 231 und 286 PS. Hinzu kommt ein V6-Benziner mit 340 PS. Alle Diesel erhalten einen SCR-Katalysator, der die Abgase reinigt, indem er die Harnstofflösung Adblue einspritzt. Den Spritverbrauch der Sechszylinder soll ein Mildhybridsystem eindämmen, von dem sich Audi eine Kraftstoffersparnis um bis zu 0,7 Liter pro 100 Kilometer erhofft.

Doch Motoren, so scheint es, sind nur noch ein notwendiges Übel. Viel wichtiger ist es Audi, darauf zu verweisen, wie digital dieses Auto geworden ist. Das Interieur strotzt vor Bildschirmen, man soll sich mit dem neuen A6 unterhalten können. Als blechgewordene Verlängerung des eigenen Smartphones kann sein Fahrer mit ihm in LTE-Advanced-Geschwindigkeit im mobilen Internet surfen. Apropos Smartphone: Kurz nach Markteinführung will Audi Funktionen nachliefern, mit denen sich der A6 über eine Handy-App in Parklücken oder die heimische Garage steuern lässt. Die Preise stehen noch nicht fest, dürften aber etwas oberhalb von 40 000 Euro starten.

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BMW X4

BMW X4

Quelle: REUTERS

Der Dieselanteil beim BMW X4 im Januar? 73 Prozent. Kein Wunder, dass die Münchner die zweite Generation ihrer Mixtur aus SUV und Coupé mit vier Diesel- und drei Benzinmotoren anbieten. Alle Motoren decken ein Leistungsspektrum von 184 bis 360 PS ab und verwalten ihre Kraft per Achtgangautomatik und Allradantrieb. Doch selbst die Bayerischen Motoren-Werke schieben inzwischen Themen wie Konnektivität, elektronische Fahrassistenten und technische Neuerungen im Innenraum in den Mittelpunkt. Verbrennungsmotoren? Braucht ein Auto heutzutage zwar noch. Aber Dinge wie Sprach- und Gestensteuerung haben in der Kommunikation längst einen höheren Stellenwert als hochgeputschte Vier- und Sechszylinder-Turbos.

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Mercedes Diesel-Plug-in-Hybride

Mercedes C-Klasse Diesel-Plug-in-Hybrid

Quelle: dpa

Einen anderen, längst verschüttet geglaubten Weg betritt Daimler in Genf. Die Schwaben zeigen neue Varianten der C- und E-Klasse, die jeweils einen Vierzylinder-Dieselmotor mit Elektromotor und extern aufladbarer Lithium-Ionen-Batterie kombinieren. Insgesamt kommt das System auf eine Leistung von etwa 300 PS, das maximale Drehmoment liegt bei 700 Newtonmetern und die rein elektrische Reichweite soll 50 Kilometer betragen. Allerdings nach der unrealistischen NEFZ-Messmethode; im realen Betrieb dürfte sie auf 25 bis 30 Kilometer schrumpfen. Im Spätsommer werden die ersten Modelle ausgeliefert. Die Preise sind noch geheim.

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Volvo V60

Volvo V60

Quelle: REUTERS

Auch Volvo setzt auf die Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor, allerdings mit Benzinern. Den in Genf debütierenden neuen V60 wird es etwa ein halbes Jahr nach der Markteinführung im Sommer mit zwei allradgetriebenen Plug-in-Hybridantrieben geben. Mit Leistungswerten von 340 und 390 PS sind das gleichzeitig die Topvarianten des neuen V60. Die beiden klassischen Diesel kommen bloß auf 150 und 190 PS, der ebenfalls erhältliche Vierzylinder-Turbobenziner erreicht 310 PS. Ansonsten gibt es für mindestens 40 100 Euro Volvos typische Charaktereigenschaften: ein hohes Sicherheitsniveau, stimmiges Design, schicker und funktioneller Innenraum.

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Peugeot 508

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Quelle: AFP

Auch im Motorenangebot des neuen Peugeot 508 gibt es einen Dieselüberschuss. Das turbogeladene Vierzylinder-Trio leistet 130, 160 und 180 PS, hinzu kommen zwei Benziner mit 180 und 225 PS. Im Innenraum folgen die Franzosen dem Trend zu immer mehr und immer größeren Bildschirmen: Hinter dem Lenkrad stellt eine 12,3 Zoll große Digitalanzeige unter anderem die Instrumente dar, während zentral in der Mittelkonsole ein Zehn-Zoll-Touchscreen sitzt. Optisch soll sich der Neuling möglichst stark von seinem biederen Vorgänger abheben, indem er die klassische Stufenheckform mit einer coupéhaften Dachlinie kombiniert. Das soll die höhere Positionierung der Marke Peugeot innerhalb des PSA-Konzerns symbolisieren, die wohl auch mit spürbar höheren Preisen einhergeht. Genaue Informationen dazu gibt es allerdings noch nicht.

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Mercedes A-Klasse

Mercedes A-Klasse

Quelle: Daimler AG

In der Kompaktklasse nimmt die Rolle des Diesels stetig ab. Aber ganz auf ihn verzichten wollen die meisten Hersteller noch nicht. Die neue Mercedes A-Klasse zum Beispiel kommt zur Markteinführung im Mai mit zwei Turbobenzinern auf den Markt, die 163 und 224 PS leisten. Die Rolle des Einstiegsmotors spielt aber ein 116 PS starker 1,5-Liter-Diesel. Doch auch beim kleinsten Mercedes schlägt das Herz nicht mehr im Maschinen-, sondern im Innenraum. Hier gibt es ein neues Infotainmentsystem, das auf Wunsch zwei gut zehn Zoll große Displays kombiniert und derart lernfähig sein soll, dass es die Vorlieben der Insassen erkennt und sich so im Laufe der Zeit auf seine Nutzer einstellt. Da die neue A-Klasse zudem nicht nur von selbst den Abstand zum Vorausfahrenden und die Spur durch Lenkeingriffe hält, sondern auch vor Kurven, Kreuzungen und Kreisverkehren automatisch bremst, scheint sie technisch der Kompaktklasse längst entwachsen. Allerdings gilt das auch preislich: Erst bei 30 232 Euro geht es los.

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Kia Ceed

Kia Ceed geht im Sommer in die dritte Runde

Quelle: dpa-tmn

Aus cee'd wird Ceed: Dieser Apostroph im Namen des kompakten Kias war immer ein wenig albern, aber auch ein Alleinstellungsmerkmal. Nun, zur Einführung der dritten Generation, geben die Koreaner den Apostroph auf. Nicht verändert haben sich das andere Alleinstellungsmerkmal, die siebenjährige Herstellergarantie, und die Außenlänge (4,31 Meter) sowie der Radstand (2,65 Meter). Das Aussehen ist nun etwas stämmiger und dynamischer. Technisch erreicht der Kia mit mehreren Fahrmodi und aktiven Sicherheitssystemen bis hin zum Stauassistententen ein höheres Niveau. Bei den Motoren treffen drei Benziner mit 100, 120 und 140 PS auf zwei 115 und 136 PS starke Diesel, die bereits die nächste Abgasnorm Euro 6d Temp erreichen sollen. Die Markteinführung findet im Mai statt, die Preise stehen noch nicht fest.

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Hyundai Santa Fe

Hyundai Santa Fe

Quelle: AP

Am Stand von Kias Schwestermarke Hyundai dreht sich alles um SUVs: den elektrisch angetriebenen Kona EV, den Nexo mit Brennstoffzellenantrieb und den neuen Santa Fe mit klassischen Verbrennungsmotoren. Auf 4,77 Meter Länge transportiert das SUV entweder sieben Passagiere oder ein Insassen-Quintett und 625 Liter Gepäck. Interessant ist die Zusammenstellung der Assistenzsysteme: Neben Klassikern wie dem Abstandsradar, Frontkollisionswarner und aktiven Spurhalteassistenten gibt es einige Funktionen, die beim Rangieren und vor dem Aussteigen vor Quer- und Längsverkehr oder im Umkreis des Autos befindlichen Personen und Tieren warnen. Weniger fortschrittlich mutet das Motorenangebot an: Es besteht aus drei Dieseln mit 150, 182 und 197 PS sowie einem Benziner mit 185 PS. Im Sommer kommt der neue Santa Fe in den Handel, die Preise nennt Hyundai zu einem späteren Zeitpunkt.

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Toyota Auris

Dritte Generation des Toyota Auris kommt Anfang 2019

Quelle: dpa-tmn

Toyota will künftig - zumindest in Europa - ganz ohne Dieselmotoren in Pkw auskommen. Die Japaner bieten ihren globalen Bestseller, den Auris, fortan nur noch mit Benzinmotoren und Hybridantrieben an. Die Leistungsdaten des 1,2-Liter-Turbobenziners stehen noch nicht fest, die der Hybridvarianten schon. Die schwächere kombiniert einen 1,8-Liter-Verbrenner mit einem E-Motor und leistet 122 PS, die stärkere Version mit Zwei-Liter-Vierzylinder bringt es auf eine Gesamtleistung von 180 PS. Zu den Preisen hat sich Toyota bislang noch nicht geäußert.

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Jaguar I-Pace

Jaguar I-Pace

Quelle: AFP

Bezahlbar sollte das erste Elektroauto von Jaguar sein. So stand es zumindest in früheren Verlautbarungen des britischen Herstellers zum neuen I-Pace. "Bezahlbar" ist natürlich ein schwammiger Begriff, doch ein Einstiegspreis von 77 850 Euro dürfte für die meisten Autokäufer nicht in diese Kategorie gehören. Der Jaguar I-Pace tritt aber nicht nur in puncto Kosten in Konkurrenz zu Tesla. Auch den Daten zufolge kann er mit den amerikanischen Oberklasse-E-Autos mithalten. Zwei Elektromotoren sollen den I-Pace in 4,8 Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigen, die 90-Kilowattstunden-Batterie soll Energie für maximal 480 Kilometer liefern. Und zwar ermittelt nach dem neuen WLTP-Testzyklus, der etwas praxisnäher als das bekannte NEFZ-Verfahren ist.

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Microlino

Microlino

Quelle: AP

Das andere Ende des Stromauto-Spektrums stellt der Microlino dar. Er leistet nur 20 PS, fährt maximal 90 km/h schnell und kommt mit der Acht-Kilowattstunden-Standardbatterie höchstens 120 Kilometer weit. Das Schweizer Elektroauto soll dafür auch nur 12 000 Euro kosten und lediglich vier Stunden an der Haushaltssteckdose verharren müssen, bis der Akku wieder voll ist. Das Retro-Design, das an die legendäre Isetta aus den Fünfzigerjahren erinnert und einen 300-Liter-Kofferraum beherbergt, gibt es kostenlos. Und wem der Aktionsradius des 2,44 Meter kurzen Microlinos zu gering erscheint, der bekommt gegen Aufpreis eine Batterie mit 14,4 Kilowattstunden Kapazität. Dann steigt die Reichweite laut Hersteller auf 215 Kilometer.

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Rinspeed Snap

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Quelle: Dingo Photos; Rinspeed

Mit so simplen Dingen wie von A nach B fahrenden Autos hält sich der Schweizer Visionär Frank Rinderknecht gar nicht mehr auf. Das zeigt er mit seiner Firma Rinspeed seit 1992 auf dem Genfer Autosalon, wo er Jahr für Jahr eine neue Konzeptstudie vorstellt. Diesmal ist es der Snap, den Rinspeed als "Mobilitäts-Ökosystem" bezeichnet. Die Idee: Die Fahrgastzelle ("Pod") und die Fahrplattform ("Skateboard") sind voneinander getrennt, wodurch erstere nicht nur abgestellt und zurückgelassen, sondern das ganze System einfach modernisiert werden kann. Denn nur das Skateboard enthält die alterungsanfälligen Dinge wie IT und Antrieb, sodass es nach Ende seines kürzeren Lebenszyklus' ausrangiert und recycelt wird, während der Pod mit einem aktualisierten Skateboard weiterexistiert. Dass der Rinspeed Snap voll vernetzt und elektrisch fährt, versteht sich von selbst. Übrigens wurde seit 2008 jede Rinspeed-Studie von einem oder mehreren Elektromotoren angetrieben. Mit Diesel hat Rinderknecht nur ein Mal experimentiert: Beim Presto von 2002, der einen Diesel-Erdgas-Motor besaß.

© SZ.de/harl/mike
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