Genfer Autosalon:Viel Strom um nichts

Statt auf der Messe stellen die Hersteller jetzt ihre Neuheiten online vor, darunter viele Elektroautos. Zumindest scheinbar. Wer genauer hinsieht, bemerkt: So viel hat sich gar nicht geändert.

Von Felix Reek und Christina Kunkel

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(Foto: dpa)

Das Coronavirus macht auch vor dem Genfer Autosalon nicht halt. Eigentlich sollte er in diesem Jahr zum 90. Mal stattfinden, doch wegen der steigenden Zahl der Erkrankungen hat die Schweiz vorerst alle Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern abgesagt. Darunter auch die Automesse, die eigentlich am 5. März starten sollte. Die Hersteller zeigen ihre Neuheiten deswegen online im Stream. Der Trend ist klar: In Zukunft sollen mehr Elektroautos und Hybrid-Fahrzeuge über die Straßen rollen - zumindest auf den ersten Blick. Wer genauer hinsieht erkennt, dass sich gar nicht so viel geändert hat: Ein SUV reiht sich an das nächste und PS-starke Spitzenmodelle buhlen darum, wer am meisten Leistung besitzt.

BMW i4 Concept

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(Foto: Jens Koch)

"Dynamisch", "klar", "elegant", so bezeichnet Adrian von Hooydonk, Designchef von BMW den neuen i4. Es ließe sich auch sagen: BMW schließt zu Tesla auf. Zumindest theoretisch. Denn der BMW i4 ist bisher nur eine seriennahe Studie, die 2021 auf den Markt kommen soll. Sonst erinnert aber vieles an das Model S, mit dem Tesla bereits 2012 die etablierten Hersteller verschreckte. Wie weit das Konzept am Ende von der Serienversion entfernt ist, muss sich noch zeigen. Preise für den i4 nannte BMW noch nicht, dafür einige technische Daten. 600 Kilometer Reichweite sollen möglich sein, dazu eine Beschleunigung von null auf hundert in vier Sekunden. Die Ladeleistung beträgt 150 kW, so dass in 35 Minuten 80 Prozent der Akkus wieder zur Verfügung stehen. Im Innenraum folgt BMW dem Trend zu weniger Knöpfen und mehr Display. Zuvor kommt in diesem Jahr ein anderes reines Batterieauto der Münchner auf den Markt: Der iX3, ein elektrisches SUV.

Audi A3

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(Foto: TOM BAUER; Audi)

Die wichtigste Neuheit für Audi ist die Premiere des neuen A3, die nun in Ingolstadt stattfand. In der vierten Generation gibt es nur noch Fünftürer, die Variante mit drei Türen entfällt. Auch ein Cabrio des A3 baut Audi in Zukunft nicht mehr. Stattdessen wird es ein Sportcoupé geben, das gegen BMW 2er Gran Coupé und Mercedes CLA antreten soll. Optisch orientiert sich der A3 am A1 und wird etwas markanter. Die Größe des Kompaktwagens ändert sich kaum, durch den Wechsel zur A-plus-Plattform bekommt er aber einen längeren Radstand und dadurch mehr Platz im Fond. Im Innenraum erinnert der A3 an den Q3 und übernimmt dessen Aufteilung der Bedienung über zwei Displays. Es soll den A3 auch als Plug-in-Hybrid geben, sogar in zwei unterschiedlichen Leistungsstufen, dazu werden die neuen Diesel (136 bis 204 PS) per 48-Volt-Bordnetz elektrifiziert. Die Benziner leisten bis zu 408 PS. Der Vorverkauf für den neuen Audi A3 Sportback beginnt in vielen europäischen Ländern im März 2020, die ersten Auslieferungen folgen Anfang Mai. Einstiegspreis für den 150-PS-Benziner: 28 900 Euro.

Renault Twingo Z.E.

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(Foto: dpa-tmn)

Der Twingo wird elektrisch: Ende 2020 will Renault eine Stromer-Version seines Kleinwagens auf den Markt bringen. Die Reichweite liegt bei 180 Kilometern laut WLTP, im Stadtmodus sollen durch die größere Rekuperation 70 Kilometer mehr möglich sein. Dort dürfte das Haupteinsatzgebiet des elektrischen Twingo liegen - die Höchstgeschwindigkeit ist bei 135 km/h abgeriegelt. An einer 22-kW-Ladesäule soll der Akku in einer Stunde auf 80 Prozent aufgeladen sein, an einer normalen Steckdose dauert es 13 Stunden, bis 100 Prozent erreicht sind.

Dacia Elektro-Studie Spring Electric

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(Foto: Dacia)

Dacia bietet seit Jahren Autos zum Kampfpreis an. Das Konzept ist einfach: Die Renault-Tochter baut Neuwagen mit bewährter Technik aus dem Konzernfundus und bietet sie zum Preis von Gebrauchtwagen an. Nur ein Hybrid oder ein Elektroauto war bisher nicht dabei. Das soll sich 2021 ändern. Dacia präsentiert jetzt die Studie Spring Electric, die sich an den in China verkauften K-ZE anlehnt. Dieser wird dort mit einer Reichweite von 270 Kilometer zu einem Preis von 7900 bis 9100 Euro verkauft. Der Spring Electric soll in der Serienversion 200 Kilometer schaffen. Ganz so günstig wie die China-Variante wird der Dacia nicht werden. Realistisch ist eine etwas hochwertigere Version des K-ZE für 15 000 Euro. Das wäre nach 6000 Euro Abzug durch den Umweltbonus aber immer noch konkurrenzlos günstig.

Cupra Formentor

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(Foto: dpa-tmn)

Die große Anzahl geplanter Stromer kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Automobilbranche plante, in Genf eine ganze Reihe Modelle vorzustellen, die auf maximale Leistung setzen. Und damit sind nicht einmal Exoten wie Ferrari Roma, Bugatti Chiron Noire und McLaren Elva gemeint. Der Hang zu mehr PS ist bei allen Marken und Modellen zu erkennen. Honda zeigt den Civic Type R, Mercedes-AMG den GLA 45, VW den Touareg R, Audi den RS5, Porsche den 911 Turbo S. Seat präsentiert mit dem Formentor das erste SUV seiner neuen eigenständigen Sportmarke Cupra. Das SUV könnte den Plug-in-Hybrid aus dem ebenfall neuen Seat Cupra Leon übernehmen und somit 245 PS leisten. Die reine elektrische Reichweite soll bei bis zu 60 Kilometern liegen. Weitere Benzin-Motoren dürften das Angebot erweitern.

Mercedes AMG GLE 63 Coupé

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(Foto: dpa-tmn)

Gegen das Mercedes AMG GLE 63 Coupé wirkt der Cupra ziemlich zahm. Das SUV ist das Topmodell der Reihe und sein V8-Motor leistet mindestens 571 PS, mit dem Kürzel "S" sogar 612 PS. Dazu passt das wenig subtile Äußere mit Chrom, großen Lufteinlässen und Doppel-Endrohr. Die Spitzengeschwindigkeit dieser rasenden Schrankwand liegt bei 280 km/h in der "S"-Version. Den Normverbrauch gibt Mercedes mit 11,5 Litern an. Das dürfte aber eher Wunschdenken sein.

VW Golf GTI und GTE

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(Foto: dpa-tmn)

Der Klassiker unter den sportlichen Alltagsautos sollte auch in Genf Premiere feiern - stattdessen zeigte Volkswagen den Golf GTI im Live-Stream. Die optischen Unterschiede zum Serienmodell sind wie gewohnt behutsam. Der GTI liegt tiefer, es gibt einen Spoiler am Heck, 19-Zoll-Felgen und eine zweiflutige Auspuffanlage, dazu leuchten die Nebelscheinwerfer durch die wabenförmigen Gitter in der Frontschürze. Die Sportsitze im Inneren sind mit dem traditionellen Karomuster bezogen. Neben der DSG-Automatik zum Marktstart soll es später weiterhin eine Version mit Handschalter geben. Die Leistung des 2.0-Vierzylinders liegt bei 245 PS, der Basispreis dürfte sich bei etwa 38 000 Euro einpendeln. Neben dem Standard-GTI wird es auch eine Diesel-(GTD) und eine Plug-in-Hybrid-Version (GTE) geben. Der Teilzeitstromer hat die gleichen Leistungswerte wie der GTI, kann aber mit seiner 13-kWh-Batterie rund 60 Kilometer rein elektrisch fahren. Der sportliche VW-Kunde habe jetzt also die Wahl, so VW-Vorstand Ralf Brandstätter. Er selbst hat sich dann aber schon entschieden: "Dieses Jahr Wörthersee mit diesem GTI!" Gemeint ist das traditionelle Treffen der VW-Tuning-Szene. So viel zur Elektromobilität.

Mercedes CLA 250 e und GLA 250 e

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(Foto: Daimler AG)

Während Elektroautos sich im Vergleich zum Gesamtvolumen des Automarktes noch immer schlecht verkaufen, sind vor allem Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge auf dem Vormarsch. Das zeigen auch die Neuheiten in Genf - es gibt kaum noch ein Segment, in dem Elektro- und Benzinmotor nicht kombiniert werden. Ziel ist dabei, Sprit zu sparen und den Flottenverbrauch zu senken. Das zeigt sich auch bei Mercedes und BMW, die zwar immer von einer Elektro-Offensive sprechen, bei den Premieren des abgesagten Autosalons in Genf aber vor allem auf bewährte Modelle mit einer Prise Elektromobilität setzen. So gibt es Mercedes CLA 250 e und GLA 250 e nun auch mit Plug-in-Hybrid. Kombiniert leistet das Aggregat 282 PS. Die rein elektrische Reichweite soll bei 65 bis 77 Kilometer liegen.

BMW 330e Touring

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(Foto: WILFRIED WULFF; BMW)

Das ist auch in etwa der Bereich, in dem sich der BMW 3er Touring bewegt, der das Angebot von Plug-in-Hybriden bei den Münchnern erweitert. 55 bis 68 Kilometer soll der 292 PS starke Kombi, der ab Sommer in den Handel kommt, rein elektrisch schaffen. Die Höchstgeschwindigkeit in diesem Modus liegt bei 140 km/h, die die Reichweite aber schnell dezimieren dürfte.

VW ID.4

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(Foto: VW)

Nach dem Abgasskandal hat sich VW ganz der Elektromobilität verschrieben. Zumindest will der Konzern den Anschein erwecken. Der ID.4, ein Mittelklasse-SUV mit E-Motor und einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern, wird allerdings erst Ende des Jahres erscheinen. In der digitalen Pressekonferenz aus Wolfsburg gab VW zumindest einen kleinen Ausblick auf das SUV. Die Serienversion soll noch in diesem Jahr präsentiert werden.

VW Touareg R Plug-in-Hybrid

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(Foto: dpa-tmn)

Fertig ist schon der VW Touareg R, der seinen Elektromotor eher zur Leistungssteigerung nutzt. Er ist das neue Topmodell der Reihe und kombiniert die 340 PS des Benzinmotors mit weiteren 136 elektrischen PS. Die beschleunigen den 2,5 Tonnen schweren Brocken auf bis zu 250 km/h. Ein echtes Arbeitstier soll er sein, der Touareg: Bis zu 3,5 Tonnen Anhängelast kann man damit ziehen. Die elektrische Reichweite des Plug-in-Hybriden ist eher überschaubar: Sie dürfte bei rund 50 Kilometer liegen. Das sollte allerdings reichen, damit der Touareg als Dienstwagen nur mit 0,5 statt einem Prozent versteuert werden muss. In den Handel kommen soll das Modell in der zweiten Jahreshälfte 2020.

Kia Sorento

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(Foto: dpa-tmn)

Ebenfalls mit Plug-in-Hybrid wird es den neuen Kia Sorento geben, der für die zweite Jahreshälfte angekündigt ist und sich preislich im Rahmen des Vorgängers um die 40 000 Euro bewegen dürfte. Auffällig ist, dass das SUV auf edel getrimmt wurde und mit viel Chrom in Richtung Oberklasse schielt. Das zeigt sich auch im Innenraum, der mit seinen Hochglanzflächen an Land Rover erinnert. Neben dem Plug-in-Hybrid wird es auch einen klassischen Hybrid, einen 1,6-Liter-Benziner und einen 2,2-Liter-Diesel geben.

Hyundai i20

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(Foto: ULI_SONNTAG; Hyundai)

Wesentlich sparsamer dürfte der Hyundai i20 ausfallen. Der Nachteil: Er besitzt nur ein Mild-Hybrid-System, kann also weder geladen noch rein elektrisch gefahren werden. Und: Diese Option wird nur in den stärksten Motorisierungen angeboten, also mit 100 oder 120 PS-Motor. Neu im i20 sind auch eine Reihe Assistenzsysteme, wie ein Notbremsassistent, der Fußgänger und Radfahrer erkennt oder eine intelligente Geschwindigkeitsregelung, die die Daten des Navigationsgeräts benutzt, um die optimale Geschwindigkeit zu finden. Preis und Markteinführung des Hyundai i20 ist noch nicht bekannt.

Mercedes E-Klasse

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(Foto: dpa-tmn)

Mercedes überarbeitet nach rund vier Jahren die E-Klasse und rollt das Ergebnis ab Sommer zu den Händlern. 1,2 Millionen haben die Stuttgarter alleine von der aktuellen Modellreihe verkauft, etwa die Hälfte davon an Geschäftskunden. Und die wollen - so Mercedes - auch weiterhin möglichst viel Technologie, Qualität und Komfort. Deshalb hat das Facelift eine neue Version des Mercedes-Infotainment-Systems MBUX an Bord, dazu verbesserte Fahrerassistenzsysteme. Die Antriebspalette umfasst weiterhin Diesel, Benziner und insgesamt sieben Plug-in-Hybride. Eine rein elektrische Variante ist aber noch nicht in Sicht.

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