Geländewagenhersteller Jeep:Straße statt Schlamm

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Lange lebte Jeep vor allem vom Verkauf kerniger Offroader, die auf Militär-Geländewagen aus dem Zweiten Weltkrieg zurückgehen. (Foto: AFP)
  • Aus Jeep, das einst nur Geländewagen für das Militär baute, ist inzwischen eine Marke geworden, die Kunden in allen Bevölkerungsschichten findet.
  • 2014 hat Jeep erstmals mehr als eine Million Autos verkauft, die Marke ist um 39 Prozent gewachsen. Jeep wächst weltweit, vor allem auch in Europa und Deutschland.
  • Bis 2018 soll Jeep seinen jährlichen Absatz auf 1,9 Millionen Autos steigern. Viel unerschlossenes Potenzial gebe es in Südamerika und China.
  • Die Prognosen sind gut, der SUV-Markt dürfte weiter überproportional wachsen. Sorgen machen Jeep jedoch die strenger werdenden CO₂-Grenzen.

Von Kathrin Werner, Detroit

Wenn es in der Weltgeschichte seit 1941 darum ging, Schlamm, Staub und Gefahren zu durchqueren, war dafür meist ein Auto zuständig: ein Jeep. Amerikanische Soldaten fuhren damit durch Kriegsgebiete. Winston Churchill beobachtete zigarrerauchend aus einem Jeep heraus die Landung in der Normandie. Queen Elizabeth fuhr 1942 per Jeep durch Nordirland. Und Franklin Roosevelt besuchte seine Truppen in Marokko im Jeep. Jeeps waren klein, kompakt und vergleichsweise leicht, sie ließen sich per Fallschirm abladen und waren gut in allerlei Gelände.

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Nach dem Zweiten Weltkrieg entschied Jeep, auch Autos für den Privatgebrauch zu bauen - das kam gut an bei den Amerikanern: Jeep war das Auto, das half, den Krieg zu gewinnen. Plötzlich tauchten die Autos in Filmen auf, in "Terminator", in "Jurassic Park", als Tornado-Jäger in "Twister" und in allerlei anderen Abenteuerfilmen, meist sind die Autos im Extremeinsatz und dreckverkrustet.

Keine klar umrissene Zielgruppe

Zum Glück für Mike Manley ist der Jeep nicht mehr auf Kunden beschränkt, die Schlamm und Staub durchqueren, dann wäre die Zielgruppe des Jeep-Chefs relativ klein. Inzwischen kaufen auch Familienväter und -mütter seine Autos, um genug Platz für die Hockeyausrüstung der Kinder zu haben. Oder ältere Menschen, für deren Rücken hohe Fahrersitze beim Ein- und Aussteigen angenehmer sind. Oder Vorstädter, die von Ausflügen in Matsch und Schlamm träumen, aber dann mit dem Jeep nur zur Arbeit fahren. "Eigentlich kauft heute fast jeder Typ Jeep", sagt Manley. "Die Zielgruppe ist nicht klar umrissen, sie hat nur eines gemeinsam: das Jeep-Lebensgefühl. Bei unserer Marke geht es um Erlebnisse, um Möglichkeiten und um Freiheit."

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Das klingt wie eine PR-Floskel, doch der Bedarf ist da: 2014 hat Jeep erstmals mehr als eine Million Autos verkauft, ein Wachstum von 39 Prozent. In den USA lief es dank niedriger Spritpreise gut. Aber Jeep wächst weltweit, dabei war das Unternehmen lange auf seinen Heimatmarkt konzentriert. "Wir sind die am schnellsten wachsende Marke in Europa", sagt Manley. Allerdings von niedrigem Niveau aus. Das gilt auch in Deutschland: Im vergangenen Jahr sind 3,04 Millionen Pkw neu zugelassen worden, davon waren 10 269 Jeeps - ein Wachstum um 48,8 Prozent, schneller als jede andere Marke.

Manleys Chef gerät ins Schwärmen

Manley, ein schmaler Engländer, der seit 1986 in der Autobranche arbeitet, ist so etwas wie ein Star in seinem Konzern. Sein Chef Sergio Marchionne lässt keine Gelegenheit aus, von ihm und von Jeep zu schwärmen, der großen Vorzeigemarke von Fiat-Chrysler. Der italienisch-kanadische Manager hat aus Fiat und dem insolventen amerikanischen Hersteller Chrysler mitsamt aller Tochtermarken einen Konzern geschmiedet und seine großen Ziele lautstark verkündet: Sieben Millionen Autos der Marken Fiat, Chrysler, Alfa Romeo, Lancia, Ram, Jeep, Maserati und Ferrari soll das FCA abgekürzte Unternehmen im Jahr 2018 verkaufen, 2013 waren es nur 4,4 Millionen. Manley soll dabei für das Wachstum sorgen - und dabei gleich noch zweistellige Margen einfahren.

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Marchionne hat ihm vorgegeben, 2018 1,9 Millionen Jeeps zu verkaufen - eine gigantische Steigerung. "2013 haben wir auch dreimal so viel verkauft wie 2009", sagt Manley. "Wir werden in den kommenden Jahren viele neue Käufer in China und Südamerika gewinnen." Jeep eröffnet mehrere neue Fabriken, darunter in diesem Jahr eine in Brasilien und eine in China.

Kein Segment der Autowelt wächst im Moment so schnell wie sportliche Geländewagen, genannt SUV. In den Vereinigten Staaten, dem zweitgrößten Automarkt nach China, ist diese Wagenklasse im vorigen Jahr um fast zwölf Prozent gewachsen. Und so soll es auch weitergehen. Daimler-Chef Dieter Zetsche hat 2015 bereits zum "Jahr des SUV" erklärt. "Die Benzinpreise sind niedrig, die Verbraucher sind zuversichtlicher, die Zinssätze sind niedrig, alle Zeichen deuten darauf hin, dass der Automarkt 2015 weiter gut wächst", sagt Jeep-Chef Manley. "Und SUV werden schneller wachsen als die gesamte Industrie." Von dem Boom profitiert am meisten der größte und älteste SUV-Spezialist Jeep.

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"Jeep hat ein klares und starkes Markenimage, es reflektiert Offroad-Touren, Härte und Patriotismus, und das seit mehr als 50 Jahren", lobt der Autoexperte Tom Libby vom Analysehaus IHS Automotive. Das gelte vor allem für Amerika. Es ist die große Herausforderung für Manley und Marchionne, das Markenimage auch in neue Absatzmärkte wie China und Brasilien zu übertragen. Jeep hat die Zielgruppe zwar bereits über Offroad-Amerikaner erweitert, muss sie aber noch weiter vergrößern, besonders für den kleineren Stadt-SUV Renegade, den es in Europa bereits gibt und der bald in Amerika auf den Markt kommt.

Die Konkurrenz wird größer

Und die Rivalen holen auf. Inzwischen wirken die robusten Jeeps mit ihren breiten Reifen zwischen den anderen Autos auf der Messe in Detroit gar nicht mehr so ungewöhnlich. Inzwischen hat fast jeder Hersteller SUVs aller Größen im Angebot, auch die Deutschen und die Japaner, in deren Heimatländern man eher an Kleinwagen gewohnt ist. "Wir dürfen da nicht naiv sein und müssen die Wettbewerber genau beobachten", sagt Manley. Der SUV-Markt ist hart umkämpft, die Preise sind niedrig. "Wir müssen nicht die Billigsten sein, wir können einen kleinen Aufschlag verlangen, aber nicht viel", so Manley.

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Neue Jeep-Modelle schlucken 7,8 Liter auf 100 Kilometern. "Seit wir den Spritverbrauch so gesenkt haben, gibt es kaum noch Gründe, keinen SUV zu fahren", tönt Manley. Für die CO₂-Bilanz gibt es Fiat. Die Autobauer müssen für den US-Markt wegen der 2012 von Präsident Barack Obama verschärften Vorschrift Corporate Average Fuel Economy (CAFE) den Flottenverbrauch senken. Bis 2025 müssen die Autos 4,3 Liter pro 100 Kilometer schaffen. Personenfahrzeuge standen 2011 für 17 Prozent des Treibhausgas-Ausstoßes der USA, mit den CAFE-Vorgaben sollen deren CO₂-Emissionen um 40 Prozent sinken.

Jeep allein würde die Vorgaben nicht einhalten. "Glücklicherweise wird der CO₂-Ausstoß ja über die Flotte des gesamten Konzerns berechnet", sagt Manley. Marchionne hat dafür die kleinen, spritsparenden Fiat 500 im Angebot - und die Elektroversion 500e. Die Preise für den Fiat 500e hat er so sehr gesenkt, dass er sogar richtig Geld damit verliert: "Jedes Mal, wenn ich einen verkaufe, verliere ich 14 000 Dollar", sagte er vor ein paar Monaten. Verkaufen muss er sie trotzdem. Allein schon, um den CO₂-Ausstoß seiner Schlamm-und-Staub-Spezialisten für Vorstädter auszugleichen.

© SZ vom 15.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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