Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer kann sich freuen: Die EU-Kommission hat Zustimmung zu Seehofers umstrittenen Plänen zu einer Pkw-Maut für Autos aus dem Ausland signalisiert. Die Gebühr für ausländische Autobahnnutzer war eines der Hauptthemen, mit denen die CSU in den Wahlkampf gezogen war. Keine Koalition mit der CSU ohne die Umsetzung einer Pkw-Maut, so das Mantra von Seehofer.
Ein Hauptargument der Christsozialen: Im europäischen Ausland müssen die Deutschen für die Nutzung der Autobahnen zahlen. "Diesen unfairen Zustand wollen wir ändern", schreibt die Partei in ihrem Regierungsprogramm. Doch in 14 europäischen Ländern zahlen die Autofahrer nicht, darunter auch in Deutschland. Vier Länder erheben eine Maut nur für bestimmte Abschnitte des Fernstraßennetzes, elf Länder verlangen eine Gebühr pro gefahrene 100 Kilometer und zehn Staaten verkaufen Vignetten mit Gültigkeit für einen bestimmten Zeitraum. In keinem einzigen Land werden ausschließlich Ausländer zur Kasse gebeten.
Die CSU will nun genau das für Pkw umsetzen. Ausländer sollen zahlen, Deutsche nicht belastet werden. Doch viel bringen würde das nicht, von 100 ausländischen Fahrzeugen sind nur elf tatsächlich Autos, der Rest sind Lkw. Diese Laster entrichten schon seit 2005 eine Nutzungsgebühr, die Lkw-Maut. Mit dieser deckt der Bund knapp 66 Prozent der Kosten für die Wartung und Instandhaltung von Autobahnen, das sind 3,3 Milliarden Euro von insgesamt 4,5 Milliarden. Und da 37 Prozent der Lkw auf deutschen Fernstraßen aus dem Ausland stammen, steuern Ausländer also schon jetzt etwa ein Viertel der Baukosten für deutsche Autobahnen bei.
Bodewig-Kommission spricht sich für Ausbau der Lkw-Maut aus
Eine Expertenkommission unter Führung des früheren Verkehrsministers Kurt Bodewig (SPD) sprach sich erst im September dieses Jahres dafür aus, das Potenzial der Lkw-Maut besser zu nutzen. Sie empfahl, die Gebühr auf sämtliche Straßen in Deutschland auszuweiten. Die Einnahmen seien höher als im Falle der Einführung einer Pkw-Maut und der Aufwand gleichzeitig geringer, weil lediglich das bereits bestehende System modifiziert werden müsse.
Berechnungen gehen davon aus, dass die Pkw-Maut für Ausländer zwischen 260 und 700 Millionen Euro jährlich einbringen könnte, Verkehrsminister Peter Ramsauer erhofft sich sogar 800 Millionen Euro Mehreinnahmen. Otto Saalmann vom ADAC sagte allerdings im Gespräch mit der Deutschen Welle, dass die Einführung der Maut unter Umständen mehr kosten als einbringen würde.
Dabei ist fraglich, ob die Kosten für ausländische Autofahrer auch deren Anteil an der Abnutzung der Straßen widerspiegeln. "Lkw sind in wesentlich höherem Maße an der Zerstörung von Straßen und Bauwerken beteiligt als die Pkw", sagte Ralf Resch vom ADAC im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk. Ein 30-Tonnen-Lkw belastet beispielsweise den Asphalt genauso wie 100.000 Kleinwagen.
"Es sind einfach zu viele Fragen offen"
Der ADAC argumentiert zudem, dass die Erhebung einer Maut nicht gerecht sei. Denn die Gebühr müsse für alle Autofahrer, auch die deutschen, gelten. Weil die aber keine Mehrbelastung haben sollen, schwebt der CSU eine Konstruktion vor. Darin sollen auch deutsche Fahrer eine kostenpflichtige Vignette auf ihren Wagen kleben, dafür aber bei der Kfz-Steuer entlastet werden.
Wie genau die Maut erhoben werden soll, kann die Partei allerdings noch nicht sagen. "Das muss im Zusammenhang mit den Koalitionsverhandlungen in Berlin besprochen werden", antwortet ein Parteisprecher auf Nachfrage. "Die Maut würde zu einer erheblichen finanziellen Mehrbelastung vor allem der deutschen Autofahrer führen. Es sind einfach zu viele Fragen offen", sagt ADAC-Sprecher Andreas Hölzel.
Dennoch hält die CSU eisern an ihrer Forderung nach einer Pkw-Maut fest. "Ohne Pkw-Maut für Ausländer werden wir einem Koalitionsvertrag nicht zustimmen", sagt CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt auf SZ-Nachfrage. Die SPD lässt sich davon bisher nicht unter Druck setzen. "Wir haben die Sorge, dass eine solche Maut für Ausländer nur der erste Schritt wäre, um sie dann später auszuweiten und bei allen abzukassieren", sagte der bayerische SPD-Chef Florian Pronold Spiegel Online. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel warnte er zudem vor negativen Auswirkungen in Hinblick auf das Ziel, Deutschland als Leitmarkt für Elektromobilität zu etablieren. Man verringere damit zudem den Anreiz zum Kauf schadstoffarmer Autos.