Extreme Temperaturen sind extreme Belastungen für die Fahrbahn - besonders auf Hochgeschwindigkeitspisten wie der Autobahn. Als sich auf der A 93 bei Abensberg die Fahrbahn am Mittwoch plötzlich wölbte und brach, konnte ein Motorradfahrer nicht mehr bremsen. Der 59-Jährige prallte gegen die halbmeterhohe Aufwölbung, stürzte gegen die Leitplanke und verstarb noch am Unfallort. Solche Brüche drohen immer dann, wenn der Straßenbelag von extremen Temperaturen verformt wird. Die tückischen Spannungen sind auch von Experten so gut wie nicht vorherzusehen.
Beton nicht so elastisch wie Asphalt
Zwei Drittel der deutschen Straßen bestehen aus Asphalt; ein Drittel ist aus Beton. Bei extremen Wetterereignissen sind besonders die Straßen aus Beton gefährdet, da die Platten plötzlich brechen können. Asphaltstraßen hingegen sind elastischer und bauen Spannungen in sich selbst ab. "Betonstraßen durchleben das ganze Jahr über eine Verformung. Gefährlich wird es bei plötzlicher Kälte oder Hitze", sagt Professor Ulf Zander vom Institut für Straßenwesen an der Universität Siegen. Beim sogenannten Blow-up, der durch starke Hitze entsteht, bricht der Beton plötzlich auf. "Das liegt daran, dass die obere Fläche der Straße durch die Wärme ausgedehnt wird und die Fläche darunter noch kühler ist und sich nicht ausdehnt", sagt Zander. Durch diese Ungleichheit entstehen extreme Spannungen im Beton, die er nur bis zu einem gewissen Punkt aushalten kann. Wenn nun Autos über die Betonstraße rollen, wird die Spannung in den Platten immer größer, da die Last der Fahrzeuge auf die Verformung drückt.
Plötzlicher Bruch
Wölbt sich die Platte zu sehr in die Höhe, bricht sie plötzlich auseinander. "Da kann man zuschauen", sagt Zander. Im Regelfall ist die Bruchstelle dann zwischen 27 und 30 Zentimeter groß. "Je nach Fahrtrichtung ist es gewissermaßen eine Sprungschanze oder eine Betonwand, die sich vor dem Fahrer auftürmt."
Aufschüsselung bei spontaner Kälte
Im Gegensatz zur Aufwölbung gibt es bei Beton auch den umgekehrten Effekt: die sogenannte Aufschüsselung. "Das passiert, wenn die Straßenoberfläche plötzlich durch Regen oder Kälte abkühlt", erklärt Zander. Die Oberfläche der Fahrbahn zieht sich binnen kürzester Zeit zusammen, während die untere Schicht noch immer ausgedehnt ist. Es bilden sich Kuhlen und Dellen im Belag.
Bei Asphalt ist das anders: Er fließt in sich und kann Spannung abbauen. Ein plötzlicher Bruch kann laut Zander auf Asphaltstraßen daher nicht passieren. Bei starker Hitze verformt er sich allerdings stark. "Innerhalb kürzester Zeit können tiefe Spurrinnen entstehen. Dann kann eine Straße schon mal stark beschädigt werden. Ein Schaden, der sonst mehrere Jahre dauern würde", sagt Zander.
Vorbeugende Maßnahmen
Die Straßen in Deutschland werden alle vier Jahre auf ihren Zustand überprüft. Die Experten achten auf Risse und Unebenheiten. "Diese Überprüfung behält den Zustand der Straßen eher langfristig im Auge. Akute Verformungen kann nur die Straßenmeisterei feststellen - und die Fahrer selbst. Die Situation könnte sich verbessern, wenn die Kontroll- und Wartungsintervalle verkürzt würden," sagt Siegfried Damm vom Verband deutscher Straßenwärter. Doch die Bruchstellen können demnach sehr plötzlich auftreten. "Auch wenn die Fahrbahn gewissenhaft kontrolliert wurde, ist es dennoch möglich, dass fünf Minuten nach der Inspektion die Strecke aufplatzt," sagt Jürgen Berlitz, Fachmann für Straßenverkehrsplanung beim ADAC.
Gefahr von Folgeschäden nach Reparatur
Wenn eine Bruchstelle repariert wird, kann das zu Folgeschäden an den angrenzenden Betonplatten führen. Meist wird eine Platte komplett mit einer neuen ersetzt oder die Stelle wird mit Asphalt geschlossen. "Das kann aber nur eine kurzfristige Lösung sein, da sich der Asphalt ausdehnt und damit auf die benachbarte Betonplatte drückt", sagt Zander.
Langsam und aufmerksam fahren
Helfen kann nur eine deutlich reduzierte Geschwindigkeit. Denn Laien können die betroffenen Abschnitte nur schwer als riskant identifizieren. Bei extremen Temperaturen sollte der Fahrer zudem mit erhöhter Aufmerksamkeit den Fahrbahnbelag beobachten, sagt ADAC-Mann Berlitz. Doch bei allen Bemühungen bleibt immer ein Restrisiko: "Man muss die Verkehrseilnehmer darauf hinweisen, dass die Fahrbahn nicht immer sicher sein kann," sagt Siegfried Damm.