Gebrauchtwagenkauf:Eine Mail gilt wie ein Handschlag

Mehr als die Hälfte der Bundesbürger geht online auf die Suche nach Gebrauchtwagen, doch die Spielregeln sind manchem nicht richtig klar.

Was ist der Unterschied zwischen einer Auktion und einem Internet-Kauf?

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Auf unzähligen Internetportalen werden Gebrauchtwagen zum Kauf angeboten.

(Foto: Foto: sueddeutsche.de)

Werden Wagen über spezialisierte Portale oder Online-Zeitungen angeboten, so verläuft das Geschäft im Prinzip ähnlich wie bei dem Angebot per Kleinanzeige: Verkäufer und Käufer nehmen Kontakt auf, verhandeln über Konditionen und Preis, schließen einen Vertrag.

Anders bei der Auktion, auch "Kauf gegen Höchstgebot" genannt: Maßgeblich für den späteren Vertrag sind die Angaben im Angebot.

Hinzu können die Vorschriften nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Auktionshauses kommen sowie eventuell die AGB des Verkäufers. Individuelle Vereinbarungen gibt es in der Regel nicht.

Sind Probefahrten möglich?

Ja, und Kaufinteressenten sollten davon möglichst Gebrauch machen.

Beim schlichten Internet-Verkauf kann das per Mail oder Telefonanruf mit dem Verkäufer besprochen werden. Bei Auktionen bieten die Verkäufer oft von sich aus eine Probefahrt an. Wie die Haftung bei Probefahrten geregelt ist, beschreibt der Kasten.

Ist das Online-Angebot bereits gültig?

Das hängt wieder davon ab, ob es sich um ein schlichtes Verkaufsangebot im Internet handelt oder um eine Auktion.

Wie bei einer Kleinanzeige kann der Verkäufer beim schlichten Verkaufsangebot durchaus noch einen höheren Preis fordern als angegeben. Erst wenn ein individueller Vertrag geschlossen wurde, steht er in der Pflicht.

Bei der Auto-Auktion übers Internet indes ist der Verkäufer grundsätzlich sofort daran gebunden, was er als Offerte veröffentlicht hat, es handelt sich um eine wirksame Willenserklärung (Urteil des Bundesgerichtshofes vom 07.11.2001, VIII ZR 13/01).

Ergibt sich durch die Gebote kein höherer Preis als der genannte Mindestpreis, muss der Verkäufer dafür verkaufen. Dieser Mindestpreis wird oft sehr niedrig angesetzt, da davon die Gebühren für das Auktionshaus abhängen.

Eine Mail gilt wie ein Handschlag

Wann kommt der Vertrag zustande?

Wie sonst auch: Es müssen zwei übereinstimmende Willenserklärungen vorliegen, und zwar Angebot und Annahme.

Die Online-Kleinanzeige ist noch kein wirksames Angebot, es muss zunächst einer bestimmten Person gegenüber konkretisiert werden, etwa per Mail. Dann aber reicht ebenfalls eine Mail, um den Vertrag perfekt zu machen. Ein schriftlicher Vertrag ist keineswegs notwendig.

Manche Leute glauben irrtümlich, sie könnten es sich noch bis zur Abholung des Autos anders überlegen. "Die Mail kann als eine Art elektronischer Handschlag gesehen werden", sagt der Kölner Rechtsanwalt Eckhart L. W. Baum. Sogar eine Auftragsbestätigung per automatischer Antwortfunktion (Auto-Reply) kann eine vollwertige Willenserklärung sein, entschied das Landgericht Köln (Az: 9 S 289/02).

Bei der Online-Auktion ist für den Vertrag nur noch eine Willenserklärung notwendig, die Annahme. Das geschieht durch Abgabe des Höchstgebotes. Mit Auktionsende kommt der Vertrag zustande, dann gibt es kein Zurück mehr.

Was ist, wenn das Auto Macken hat?

Für den Internetkauf gelten die gleichen Vorschriften wie beim herkömmlichen Kauf eines Autos: Für neue wie gebrauchte Autos besteht grundsätzlich Anspruch auf Gewährleistung - der Verkäufer haftet also dafür, dass das Auto bei der Übergabe die "vereinbarte Beschaffenheit" hat.

Das Gesetz sieht eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren vor. Bei Gebrauchtwagen kann sie vertraglich verkürzt werden. Der gewerbliche Autoverkäufer muss aber mindestens ein Jahr Gewährleistung bieten (§ 475 Abs. 2 BGB), bei Verkauf von "Privat zu Privat" darf hingegen die Gewährleistung vollständig ausgeschlossen werden.

Aber: Auch der Privatverkäufer darf Mängel nicht arglistig verschweigen (§ 444 BGB). "Wenn der Verkäufer weiß, dass der Motor Öl verliert, muss er darauf hinweisen - sonst haftet er trotz Ausschluss der Gewährleistung", sagt Rechtsanwalt Baum. zum Geschäftssitz.

Eine Mail gilt wie ein Handschlag

Welche Beschaffenheit gilt als vereinbart?

Sehr wichtig bei dieser Frage ist die Angebotsbeschreibung im Internet. Entspricht das Auto dieser nicht, kann das ein Fall für Gewährleistungsansprüche sein.

Deshalb ist es für einen Käufer vorteilhaft, wenn möglichst viel über den Zustand geschrieben wurde. Darauf kann er sich später berufen.

Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Internet-Auktionshauses Ebay ist jeder Verkäufer verpflichtet, sein Angebot richtig und vollständig zu beschreiben und alle für die Kaufentscheidung wichtigen Merkmale anzugeben. Dazu gehört auch die Anzahl der Vorbesitzer (AG Kehl, Urteil vom 16.09.2003, Az: 4 C 290/03).

Was ist bei Tippfehlern?

Das kann am Computer schnell passieren: Der Auto-Interessent vertippt sich und bietet statt 2000 versehentlich 20.000 Euro für den hoch betagten Golf.

Dieses Gebot ist zunächst bindend, der Bieter kann jedoch seine Willenserklärung anfechten - wegen Irrtums. Das Gleiche gilt, wenn die Mail mit der Annahmeerklärung versehentlich abgeschickt wurde.

Bei der Anfechtung ist aber zu beachten: Sie muss unverzüglich erfolgen (ohne schuldhafte Verzögerung), außerdem kann der Verkäufer unter Umständen Schadensersatz beanspruchen.

Dieses Recht zur Anfechtung steht übrigens auch dem Verkäufer zu, der zum Beispiel versehentlich für einen Euro ein Auto zum Sofort-Kauf anbietet (AG Kassel, Az: 410 C 5110/01).

Wer haftet bei falschen Bietern?

Hackern gelingt es immer wieder, fremde Auktionhaus-Konten zu knacken und unter falschen Namen Dinge zu ersteigern. Den wahren Konto-Inhaber trifft dann der Schlag, wenn er die Rechnung bekommt.

Allerdings ist der Dumme der Verkäufer, denn der muss im Zweifel beweisen, wer tatsächlich das Gebot abgegeben hat (OLG Köln, Az: 19 U16/02). So gelang es einem Lehrer, das von seinem Computer aus ersteigerte Cabrio loszuwerden - er behauptete, sein 11-jähriger Sohn habe das Gebot abgeschickt. Obwohl der Auktionszugang nur mit Passwort möglich war, gebe es keine Vermutung, dass der Vater geboten habe, urteilte das Landgericht Bonn (Az: 2 O 472/03).

Eine Mail gilt wie ein Handschlag

Gibt es ein Widerrufsrecht?

Verbraucher, die online etwas von gewerblichen Anbietern kaufen, können generell innerhalb von 14 Tagen ihre Willenserklärung widerrufen.

Auch die typischen Internet-Auktionen oder -Versteigerungen entsprechen einem Kauf, entschied der Bundesgerichtshof in seinem wichtigen "Ebay-Urteil" vom 3. November 2004 (VIII ZR 375/03).

Begründung: Auch wenn es Auktion genannt wird, kommt der Vertrag doch wie beim Kauf durch Angebot und Annahme (per Höchstgebot) zustande - nicht durch den bei Versteigerungen üblichen Zuschlag, was ein Widerrufsrecht ausschließen würde.

Welche Tricks drohen?

Der Privatmann-Trick: Da Widerrufsrecht und Gewährleistungsanspruch nur bestehen, wenn ein Verbraucher von einem Unternehmer kauft, tarnen sich manche gewerblichen Anbieter im Internet als Privatleute. Das ist schwer zu durchschauen. Eine Suchabfrage bei Google und Co. kann helfen, dem Unternehmer auf die Spur zu kommen.

Der Vermittler-Trick: Manche Anbieter sind in Wirklichkeit nur Vermittler, Vertragspartner könnte etwa ein ausländischer Händler sein. Für den Käufer würde das bedeuten, dass er das Auto nach ausländischem Kaufrecht erwirbt.

Der Beschreibungs-Trick: Manche Angebote erwecken der Eindruck, als würde ein Auto verkauft - tatsächlich aber bietet der Käufer nur eine Bedienungsanleitung oder gar nur einen Testbericht für dieses Auto an. Deshalb: Ganz genau lesen, was verkauft werden soll.

Wie lassen sich seriöse Anbieter erkennen?

Wenn ein Anbieter viel über seine Ware schreibt, sich als Unternehmer zu erkennen gibt, ausdrücklich ein Widerrufsrecht erwähnt, so sind das Indizien für einen seriösen Anbieter. Außerdem wichtig: Klare Angaben zur Postanschrift und zum Geschäftssitz.

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