Freygeist E-Bike:Ein Rad für Einzelgänger

Das Konzept ist fast schon revolutionär. Das Freygeist sieht aus wie ein normales Fahrrad, hat aber einen Elektromotor. Sein Manko: langsam fahren kann man damit nicht.

Von Felix Reek

Es ist etwa zwei Jahre her, da verzweifelte Martin Trink wieder einmal am Wiener Verkehr. "Ich war frustriert davon, jeden Tag mit dem Auto im Stau zu stehen", sagt der Österreicher. Mobilität, das stand für ihn einmal für Freiheit. Mobilität bedeutete Vater, Mutter und Kind im VW Käfer gen Italien. Davon ist heute im urbanen Umfeld nichts übriggeblieben. Zu viele Autos, zu wenig Platz, ein ständiges Stop-and-go durch den Verkehr. Trink wollte sich damit nicht abfinden, etwas Neues musste her. Bus und Bahn kommen für ihn nicht in Frage, ebenso wenig eine Vespa, mit der man genauso im Stau steht. Die Lösung: ein Fahrrad, genauer gesagt: ein E-Bike. Der Jurist kann es sich einfach nicht erlauben, im verschwitzten Anzug bei Klienten aufzutauchen.

Der Blick auf das aktuelle Angebot machte Trink schnell klar, dass "es da nichts gab, auf das ich mich gesetzt hätte". Das Design überzeugte ihn einfach nicht. Bei den meisten E-Bikes ist der Akku noch immer ein Fremdkörper, der auf den Rahmen oder Gepäckträger aufgesetzt wird. Die Idee, etwas Eigenes zu schaffen, war geboren. Trink, der früher Mountainbikerennen gefahren war, wollte ein Fahrrad mit Elektroantrieb, dass das Beste aus beiden Welten vereint: die Freiheit des manuellen Antriebs mit den Vorteilen der Unterstützung eines Motors.

Doch alleine umsetzen konnte Trink das Rad nicht, ihm fehlte das technische Know-how. Also stieß sein Schulfreund, der Ingenieur Usama Assi, hinzu, der die Konstruktion übernahm. Für den finanziellen Part engagierten die beiden Stephan Hebenstreit. Per Crowdfunding sammelte die junge Firma auf der Plattform Companista 1,5 Millionen Euro - einen der höchsten Beträge, die in Europa jemals für ein Projekt erzielt wurden.

Klassische Teile und Handverlesenes

Um das E-Bike in die Tat umzusetzen, musste das Trio bei null anfangen. Ein vergleichbares Rad gab es zu diesem Zeitpunkt nicht auf dem Markt, außerdem sollte es so leicht wie möglich werden. Das Team probierte allerlei Komponenten aus. Trink erzählt, dass sich noch heute bei ihm zu Hause Elektromotoren stapeln. Es dauerte eine Weile, bis der passende gefunden war. Bei den anderen Teilen griffen die drei auf bewährte Komponenten zurück, etwa Shimano 105 Bremsen, einen Klassiker, der seit Jahren bei Rennrädern zum Einsatz kommt.

Das Ergebnis ist das Freygeist, das genauso heißt wie die junge Firma. Nur zwölf Kilo schwer, ein schnörkelloses, klassisches Rad. Beiger Rahmen, hellbrauner Ledersattel und -griffe, ohne viel Schnickschnack. Zehn Gang, Rennradreifen, fertig. Und natürlich der Elektromotor - der erstaunlicherweise auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist. Der Akku verbirgt sich im Unterrohr des Rahmens.

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