Süddeutsche Zeitung

Ford Ka:Zwerg und Zwilling

Der Ka ist der kleinste Ford und in der Neuauflage eng verwandt mit dem Retrorenner Fiat 500.

Oskar Weber

Die Farben des neuen Ford Ka sollen Programm sein: Café, Disco-Schwarz, Dive-Blau, Lago-Grau, Funky-Magenta. Dazu ein Neongrün namens Jump, dessen Strahlkraft den Clubgänger nach durchtanzter Nacht auf natürliche Art wachleuchten könnte - vorausgesetzt, die szenigen Wunschmustermänner und -mädels aus den kühnen Marketingträumen wollen tatsächlich im Ford nach Hause fahren.

Der Neue bettet sich auf den Lorbeeren des Alten

Aber es ist ja auch eine Krux: Nie war der Automarkt enger, nie waren Nischen kleiner, nie der Vermarktungsjob schwieriger. Und so ziehen auch die Markenverantwortlichen in Köln bei der Positionierung neuer Modelle ins Wolkenkuckucksheim. Dabei kann es in Sachen Ka eigentlich kein Vertun geben. Man muss nur rasch die Positivliste des kleinsten Autos im Ford-Programm abarbeiten, ein paar wenige Kritikpunkte in den Gesamtzusammenhang stellen, und fertig ist das Empfehlungsschreiben.

Der Neue bettet sich zunächst einmal auf den Lorbeeren des Alten - jener Kleinwagenkugel der Ka-Generation eins, deren Donald-Duck-Design ebenso überraschte wie ihr Markterfolg überzeugte. Knapp 1,5 Millionen Exemplare purzelten in zwölf Jahren Bauzeit vom Fließband, rund 400.000 davon fanden in Deutschland Familienanschluss. Der Ka ist also längst eine feste Größe im Kleinwagenmarkt, und auch der Ford-Zwerg der zweiten Generation wird die Herzen basisorientierter Autofahrer erwärmen.

Mit 3,62 Meter Länge und 1,66 Meter Breite praktisch unverändert, bietet der Neue erstaunlich viel Platz auf den Vordersitzen und ausreichende Reserven für Hinterbänkler. Längere Reisen möchte man Fondpassagieren aber nicht zumuten, denn die hart geschäumte und tief platzierte Rückbank zwingt zu Klappmesser-Haltung und gepeinigter Figur. Ausreichend komfortabel sitzt man vorn, zu bemängeln sind allenfalls die kurzen Sitzflächen der ebenfalls hart, aber nicht zu hart gepolsterten Stühle.

Gute Arbeit leistet auch das Fahrwerk, das eine vertrauenserweckende straffe Abstimmung mit ordentlichem Federungskomfort verbindet. Schade deshalb, dass die elektrische Servolenkung - der Einsatz hydraulisch betriebener Lenkhilfen scheitert in Kleinwagen an den Kosten - ihren schlechten Ruf auch im Ford Ka bestätigt. Leichtgängig ist sie, immerhin. Aber damit ist das Talentreservoir auch schon erschöpft. Nervös, teigig, um die Mittellage indifferent - wer sportlich fahren will, darf sich nicht in den Ka verlieben.

Wirkliches Konfliktpotential verbirgt sich hier aber nicht, denn der Ka verkörpert die klassische Kleinwagenphilosophie "Ordentlicher Transport zu bezahlbaren Konditionen" in zeitgemäßer Weise. Die beiden alternativ angebotenen Motoren unterstützen diese Aufgabe brauchbar, beide Aggregate werden vom Kooperationspartner Fiat zugeliefert und im Übrigen auch im Zwillingsmodell Fiat 500 eingesetzt. Während aber der 1,3-Liter-Diesel mit 55 kW (75 PS) bei zurückhaltender Geräuschentwicklung ordentlich durchzieht, erweist sich der 1,2-Liter-Benziner mit 51 kW (69 PS) nicht nur als lauter, sondern auch als lahmer Krieger.

Das Fiat-Vierzylinderchen braucht Drehzahlen, Drehzahlen und nochmals Drehzahlen, um den knapp eine Tonne schweren Ka und seinen Fahrer bei Laune zu halten; dummerweise ist es aber ausgerechnet mit der Drehfreudigkeit der simplen Zweiventil-Konstruktion nicht zum Besten bestellt.

Vorteil Benziner: Er ist 1000 Euro billiger als der Selbstzünder und ähnlich sparsam. 4,2 Liter für 100 Kilometer im EU-Mix gibt Ford für den Diesel an, 5,2 Liter für den Benziner; die CO2-Emissionen liegen bei 112 beziehungsweise 119 Gramm pro Kilometer. Kein Wunder also, dass Ford-Deutschland-Chef Bernhard Mattes mit 90 Prozent Marktanteil für den kleinen Otto rechnet, zudem der Diesel unter dem Generalverdacht einer ungeklärten Besteuerungszukunft steht.

Um keine Zweifel aufkommen zu lassen: Der Ford ist mit den 69-Benziner-PS ausreichend motorisiert, der Ka ist ein Kleinwagen. Eine Zuordnung, die für die Gesamtbeurteilung einerseits ebenso gilt wie andererseits das Genre neuen Maßstäben folgt: Moderne, frisch konzipierte Kleinwagen wie der Ford Ka sind in Sachen Technik, Design und Ausstattung längst vollwertige Automobile für nahezu jeden Einsatzzweck. Die Zwerge mutieren zu kleinen Riesen. Beim Ka treffen erwachsenes Design und eine wirklich umfangreiche Ausstattung auf eine Materialanmutung und Verarbeitungsqualität, die letztlich der Kalkulation geschuldet ist. Einfache Kunststoffe, scharfe Grate, nichts wirklich Dramatisches. Das Lenkrad ist in der Höhe verstellbar, die Bedienung einfach, die Rücksitzlehne geteilt umklappbar.

Was den Ka vom Zwillingsmodell Fiat 500 unterscheidet, sind das Design und die Preisliste. Den Basis-Fiat gibt es für 10.500 Euro, den Ford schon für 9750 Euro. ESP kostet 360 Euro Aufpreis, die Klimaanlage im Paket namens Titanium mit weiteren Ausstattungszutaten 1000 Euro. Und weil gerade Kleinwagenkäufer Summen in dieser Größenordnung nur selten auf ihrem Konto geparkt haben, will Ford-Chef Mattes den Ka vom Start weg mit einer Flatrate ins Rennen schicken: Finanzierung ohne Anzahlung, vier Jahre Garantie inklusive Wartung, 1,99 Prozent Zins, Monatsrate ab 142 Euro.

Offizielle Marktpremiere für den neuen Ka ist der 14. Februar 2009, die ersten Vorführwagen werden aber schon Anfang November bei den Händlern zu Probefahrten bereitstehen.

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Quelle:
SZ vom 31.10.2008/gf
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