Folgen des Abgasskandals:ADAC-Mitglieder sollen Autokonzerne unter Druck setzen

BMW 5er auf dem Rollenprüfstand beim ADAC-Ecotest.

Abgasprüfung eines BMW 530d auf einem ADAC-Prüfstand.

(Foto: Jens Küsters; ADAC)
  • Käufer von Diesel-Autos sollen sich "verbindlich zusichern" lassen, dass Fahrzeuge die künftigen Schadstoffgrenzwerte einhalten.
  • Dies empfiehlt der ADAC seinen knapp 20 Millionen Mitgliedern in einem Positionspapier.
  • Damit will der Autofahrerclub Druck auf die Hersteller ausüben, endlich Autos mit dauerhaft wirksamer Abgasreinigung zu entwickeln.

Von Thomas Fromm und Klaus Ott

Der Preis natürlich, bequeme Sitze, technische Spielereien, PS für schnelle Touren, Sicherheit, Verbrauch, Platz im Kofferraum für den Familienurlaub: Es gibt vieles, worauf Autokäufer achten. Und wer sicher gehen will, nichts zu übersehen, hält sich an die Ratschläge der Automobilclubs. Die helfen ihren Mitgliedern sogar sehr konkret, etwa mit der entscheidenden Frage: "Welcher Autotyp passt zu mir?"

Nun kommt ein weiteres - entscheidendes - Detail hinzu, und es könnte etliche Händler und Hersteller ziemlich in Bedrängnis bringen. Käufer von Diesel-Autos sollen sich "verbindlich zusichern" lassen, dass Fahrzeuge die künftigen Schadstoffgrenzwerte einhalten. Dies empfiehlt der ADAC seinen knapp 20 Millionen Mitgliedern in einem Positionspapier, das vom April datiert und das Deutschlands größter Automobilclub nun veröffentlichen will.

Autokäufer sollen sich die Abgaswerte garantieren lassen

Im Internet können sich die Mitglieder dann informieren, was sie tun sollen: zu den Händlern gehen und Garantien fordern. Das ist eine der Folgen der VW-Affäre, die große Teile der Branche erfasst hat. Viele Konzerne überschreiten mit ihren Modellen die Grenzwerte für gesundheitsschädliche Stickoxide teils enorm. Auch ohne eine verbotene Software wie bei Volkswagen, mit der die Abgasreinigung bei Tests der Behörden im Labor ein- und auf der Straße ausgeschaltet wurde.

Der ADAC schreibt in seinem Positionspapier, selbst bei neuen Diesel-Pkw mit der Schadstoffnorm Euro-6 sei "in wenigen Jahren mit Fahrverboten in Innenstädten" zu rechnen.

Manches Modell verkäme wohl zum Ladenhüter

Wie schmutzig die angeblich so sauberen Euro-6-Fahrzeuge oftmals sind, haben schon früher ADAC-Tests und zuletzt auch Untersuchungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) ergeben. Die staatlichen Prüfer ermittelten bei Straßentests Fahrzeuge von Mercedes und Renault, von Opel und anderen Herstellern, die weit über den eigentlich erlaubten 80 Milligramm Stickoxid pro Kilometer lagen. Selbst über jenen 168 Milligramm, die den Konzernen bei Euro-6 von der Europäischen Union sehr großzügig für ein paar Jahre zugestanden werden.

Angesichts der vom KBA gemessenen und von Verkehrsminister Alexander Dobrindt veröffentlichten Schadstoffwerte wären die betroffenen Modelle, nimmt man die ADAC-Forderung ernst, schlichtweg unverkäuflich. Der Ford C-Max (1,5 und 2,0 Liter), der i20 (1,1 Liter) von Hyundai, der Jaguar XE (2,0 Liter); diese und andere Modelle verkämen wohl zu Ladenhütern. Das wollen die Hersteller vermeiden.

Die sauberen Technologien existieren bereits

Der ADAC hat ohnehin eine andere Stoßrichtung und greift zu einem möglicherweise sehr wirksamen Hebel: Die Konzerne sollen mehr Geld in die Schadstoffreinigung investieren. Mit verschiedenen Technologien, so der Automobilclub, ließen sich 90 bis 95 Prozent der Stickoxide aus den Abgasen herausfiltern. So wäre es problemlos möglich, den eigentlichen Grenzwert von 80 Milligramm einzuhalten. "Die hierfür erforderlichen Techniken sind bereits heute serienmäßig verfügbar", sagt der ADAC.

Doch bei den KBA-Straßentests haben nur die wenigsten Fahrzeuge diese Norm eingehalten. Schuld an dem Malheur ist nach Ansicht des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) auch die Bundesregierung. Die wisse seit langem, dass Euro-6-Pkw sechs Mal mehr Stickoxide ausstießen als erlaubt. Trotzdem habe die Regierung Diesel-Autos mit Steuer-Nachlässen gefördert, ohne die Folgen für Mensch und Natur zu bedenken.

Opel muss zum Rapport im Verkehrsministerium

Erst jetzt, nach der VW-Affäre, nimmt die Regierung die Autokonzerne mehr und mehr in die Pflicht. Wegen der KBA-Testergebnisse müssen Audi, Porsche, Mercedes, Volkswagen und Opel 630 000 Fahrzeuge nachrüsten, um den Schadstoffausstoß zu senken. Und für kommende Woche hat das Verkehrsministerium Vertreter von Opel einbestellt. Zwei Opel-Modelle sollen nach Angaben von Deutscher Umwelthilfe und Spiegel mit einer verbotenen Software ausgestattet sein. Die Abgasreinigung werde während der Fahrt oftmals ausgeschaltet. Opel weist die Vorwürfe zurück, soll aber dem Ministerium trotzdem Rede und Antwort stehen.

Die Autokonzerne wollen es erst gar nicht darauf ankommen lassen, dass ihre Diesel-Pkw nicht mehr gekauft werden. Renault erklärt, "unsere Modelle werden selbstverständlich die künftige Gesetzgebung einhalten". Daimler äußert, der neue Dieselmotor OM 654 erfülle schon heute die künftigen Vorgaben. "Wir werden diesen Motor sukzessive auf die gesamte Produktpalette ausrollen." BMW teilt mit, man liefere "grundsätzlich nur Fahrzeuge aus, die den gesetzlichen Vorgaben entsprechen". Opel beteuert, man werde ab Juni die Stickstoffwerte verbessern. Und was sagt der VW-Konzern, der den ganzen Wirbel ausgelöst hat? Man werde die künftigen Grenzwerte "natürlich" einhalten.

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