Flugzeugtechnik:Knick am Flügel

Was bei Boeing Winglets heißt, nennt sich bei Airbus Sharklets - in jedem Fall sparen die gebogenen Flügelenden bei Passagierjets viel Treibstoff.

Andreas Spaeth

Früher wurde die Boeing 737, das meistverkaufte Verkehrsflugzeug der Welt, von den Piloten wegen ihres gedrungenen Aussehens scherzhaft "Schweinchen" genannt. Das sagt heute niemand mehr. Zum einen ist die 737 in ihren neuen Versionen immer länger geworden, zum anderen zieren seit 2001 hochgebogene Flügelspitzen die Tragflächenenden.

Sharklets

Weniger Verbrauch, mehr Leistung: Sharklets am Airbus A320.

(Foto: Foto: aspa)

Inzwischen sind weltweit rund 2500 Boeing 737 mit zumeist nachgerüsteten Winglets unterwegs. Die 2,40 Meter hoch aufragenden Flügelspitzen sparen zwischen drei und sieben Prozent Treibstoff. Die Winglets reduzieren den Widerstand, der durch Luftwirbel an den Flügelenden entsteht, gleichzeitig steigern sie den Auftrieb. Außerdem wirken Jets mit Winglets schnittiger als ohne. "Die Winglets sehen am Flugzeug einfach sexy aus, obwohl natürlich die Reduzierung der CO2-Emissionen wichtiger ist", sagt Dave Morgan, Chefpilot bei Air New Zealand.

Die neuseeländische Fluggesellschaft gilt als die aggressivste weltweit, wenn es um die Verbesserung der Umweltfreundlichkeit des Fliegens geht. Jetzt machen die Neuseeländer wieder Schlagzeilen: Sie werden ab Ende 2012 als erste Airline 14 Flugzeuge des weit verbreiteten Typs Airbus A320 mit gebogenen Flügelenden bekommen. Die hat Airbus entwickelt und nennt sie wegen ihres Aussehens, das einer Haiflosse ähnelt, Sharklets. Bisher verfügen die kleineren Airbus-Typen ebenso wie der A380 nur über kleine Flügelendscheiben, sogenannte Wingtip Fences.

"Die Sharklets sind ein ganz neues Design, das wir aus den für den Großraumjet A350 geplanten Flügelenden abgeleitet haben", erklärt Airbus-Verkaufschef John Leahy. Auf Flügen über 2800 Kilometer Länge soll mit den pro Satz rund 600.000 Euro teuren Sharklets der Treibstoffverbrauch um 3,5 Prozent sinken. Sie steigern wahlweise die Reichweite um rund 280 Kilometer oder erlauben eine um 500 Kilogramm höhere Zuladung. Gleichzeitig verbessern sie auch die Leistung beim Start und im Steigflug.

Hohe Spritpreise machen erfinderisch

Die Sharklets und die dafür nötigen strukturellen Verstärkungen am Flügel wiegen 200 Kilogramm, doch ihr Einbau soll gewichtsneutral erfolgen, weil Airbus gleichzeitig anderswo am Rumpf Gewicht einspart durch leichtere Materialien. All dies gehört zu den Anstrengungen, die bereits 1988 gestartete A320-Familie, für die Airbus noch mehr als 2300 unerledigte Bestellungen vorliegen, durch Modernisierungen im Markt zu halten, obwohl Kunden wie Air France schon länger ein effizienteres Nachfolgemodell fordern. "Wir investieren jedes Jahr 100 Millionen Euro in Verbesserungen der A320-Familie und glauben, damit noch viele Jahre die Wünsche unserer Kunden erfüllen zu können", blockt dagegen Airbus-Chef Tom Enders ab.

Vor der Einführung der Sharklets hatte Airbus jahrelang verschiedene neue Flügelspitzen-Entwürfe erprobt, ohne ein Ergebnis zu präsentieren. Nun behaupten die Europäer, dass ihre künftig mit Sharklets ausgerüsteten A320 gegenüber der mit Winglets fliegenden Boeing 737-800 einen um neun Prozent geringeren relativen Spritverbrauch aufweise. "Wir werden die letzten Dynamik-Tests am Computer 2010 machen, die Herstellung 2011 beginnen und die Flugtests 2012, die Einführung ist für Ende 2012 geplant", so John Leahy. Ein halbes Jahr später sollen auch alle neu produzierten größeren A321 Sharklets erhalten, vermutlich ab 2014 dann auch die A319.

Unter Boeing-Betreibern ist jüngst fast eine Art Wettlauf entbrannt, auch ältere und große Jets mit Winglets nachzurüsten. Erst 2009 wurden jeweils 3,45 Meter hohe Flügelspitzen für die Boeing 767 zertifiziert. Auch hier war Air New Zealand erster Betreiber, Austrian Airlines und die deutsche Condor lassen derzeit ihre 767 umrüsten. Condor verspricht sich trotz des zusätzlichen Gewichts von 1,5 Tonnen einen um fünf Prozent geringeren Spritverbrauch, was sich pro Jahr und Flugzeug auf 1300 Tonnen summieren würde. Hohe Spritpreise und drohende Emissionsabgaben machen die Branche also erfinderisch.

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