Flugkurse mit Drohnen:Bruchlandung in der Drohnen-Flugschule

Drohne

In Kursen können Drohnenbesitzer den richtigen Umgang mit ihren teuren und bisweilen gefährlichen Fluggeräten lernen.

(Foto: dpa)
  • Der Markt für Multicopter, umgangssprachlich Drohnen genannt, wächst rasant. Doch für die Menschen, die sie fliegen, gelten derzeit kaum Gesetze.
  • Eine Änderung soll künftig Führerscheine und eine Registrierpflicht vorschreiben.
  • Zu Besuch bei einem Kurs, in dem die Teilnehmer den Umgang mit den Fluggeräten lernen.

Von Steve Przybilla

Wer abheben will, sollte einfach mal in die Luft schauen. Da schwirren sie überall, die dicken Brummer: Insekten, die sich von der Mittagshitze über dem ostbayerischen Modellflugplatz nicht abschrecken lassen. Die menschlichen Flieger gehen da wesentlich zaghafter zur Sache. "Ihr dürft nicht so rumeiern am Boden", sagt Thomas Mottner, 33, und drückt den Hebel der Fernsteuerung nach oben. "Unten sind die Luftwirbel am stärksten. Deshalb müsst ihr schnell durchstarten."

Mottner arbeitet für die Globe Flight Academy in Barbing. Das Unternehmen bietet mehrmals im Monat Schulungen zum Umgang mit Multicoptern an - einen Drohnenführerschein also.

400 000 verkaufte Drohnen allein in diesem Jahr

Rund 400 000 dieser unbemannten Flugobjekte werden allein dieses Jahr in Deutschland gekauft, schätzt die Deutsche Flugsicherung (DFS). Genaue Erhebungen gibt es nicht, weil sich Drohnenbesitzer bisher nicht registrieren müssen. Meist nutzen sie ihre Geräte, um Fotos oder Videos aufzunehmen, was in der Regel auch klappt. Nur manchmal, wenn Multicopter Flugzeugen zu nahe kommen oder gar mit ihnen kollidieren, wenn sie über Schwimmbäder fliegen oder in Nachbars Schlafzimmer spähen, ist die Aufregung groß. Und natürlich, wenn sie abstürzen.

Das soll auf dem Modellflugplatz natürlich nicht passieren. Um auf Nummer sicher zu gehen, hat Kursleiter Mottner Propellerschützer an seinen Vorführobjekten installiert. Immerhin kostet eine Phantom IV, mit der die Flugschüler trainieren, weit über 1000 Euro. Außerdem liegt eine Kiste mit Akkus bereit, denn trotz rasant wachsenden Reichweiten geht den Minifliegern nach etwa 20 Minuten der Saft aus.

Schon die erste Übung hat es in sich, obwohl die Kursteilnehmer noch gar keine Drohne steuern. Mottner lässt seinen Flieger in den Himmel schießen; die eingebaute Kamera überträgt das Bild live aufs Tablet: Erst ist nur der Flugplatz zu sehen (15 Meter), später die ganze Wiese (50 Meter), am Ende sogar die A9 (100 Meter). "Und jetzt schaut mal nach oben", sagt Mottner. In der gleißenden Sonne ist die Drohne nur noch als Punkt erkennbar. "Wisst ihr noch, wo hinten und vorne ist? Könntet ihr den Copter jetzt noch richtig steuern?"

100 Meter ist die maximale Flughöhe

Höhen und Weiten einzuschätzen, fällt auch geübten Drohnenbesitzern nicht leicht. Einhundert Meter dürfen Hobbydrohnen maximal aufsteigen, sagt der Gesetzgeber. Und auch sonst müssten zahlreiche Vorschriften beachtet werden - von Luftverbotszonen bis hin zu speziellen Haftpflichtversicherungen. Eine weitere Auflage: Jeder Besitzer muss sein Fluggerät jederzeit im Blick behalten - was viele jedoch nicht wissen.

Derzeit gibt es weder einen verpflichtenden Drohnenführerschein in Deutschland noch ausreichend Kurse, die angeboten werden. Jedes Bundesland geht etwas anders mit dem Thema um. Manche lassen die fliegenden Augen größtenteils gewähren, andere verfolgen Verstöße streng.

Eine Schulung kostet zwischen 150 und 500 Euro

Die Deutsche Flugsicherung fordert deshalb eine Gesetzesverschärfung. "Jedes Kind macht einen Fahrradführerschein", sagt DFS-Sprecherin Kristina Kelek. "Warum sollte das nicht auch für Drohnen gelten?" Darüber hinaus plädiert die Behörde für eine Registrierpflicht, so wie sie in den USA bereits seit Ende 2015 vorgeschrieben ist. Dort hatten sich nach der Einführung des Gesetzes innerhalb von drei Monaten 400 000 Personen angemeldet. Parallel dazu informiert die amerikanische Flugbehörde FAA die Drohnenpiloten mit einer groß angelegten Kampagne ("Know Before You Fly") über ihre Rechte und Pflichten. Ganz anders in Deutschland. Hier hängt es vom Engagement des Einzelnen ab, ob man einen Kurs besucht oder nicht. Und vom Geldbeutel. Die Preise für Multicopter-Schulungen schwanken zwischen 150 bis 500 Euro.

Auf dem Flugplatz sollen die Teilnehmer mit ihrer Drohne nun einen Ring aufheben. "Fliegt an das Hindernis ran und hebt es auf wie ein Greifvogel", instruiert Mottner seine Schüler. Leichter gesagt als getan. Beim ersten Mal fliegt Branko May Trinkwald, 40, komplett vorbei; beim zweiten Mal drängt der Bodenwind den Copter zur Seite.

Gemeinnützige Arbeit und Imagefilme

Trinkwald ist aus Berlin angereist, um das Fliegen zu lernen. Der Programmierer will die Geräte nutzen, um Luftaufnahmen aus den Senegal zu machen. "Ich engagiere mich dort in einem gemeinnützigen Verein", sagt Trinkwald. "Wenn man Bilder von oben zeigt, wirft das einen ganz anderen, professionellen Blick auf unsere Arbeit." Rudolph Fischer, 45, der zweite Kursteilnehmer, kommt vom Chiemsee. "Ich mache Imagefilme", sagt Fischer, "und sehe das als zusätzliche Möglichkeit, sie aufzuwerten." Die Bedienung der Drohnen sei eigentlich ganz einfach. Er mache den Kurs vor allem deshalb, weil seine Kasko-Versicherung das von ihm verlange.

Die Greifvogel-Übung schafft aber auch Fischer zunächst nicht - und auch sonst keiner. Immer wieder verfehlen die Drohnen das Ziel. Dann ratscht es, ein Geräusch wie beim Rasenmähen, nicht gerade angenehm. Die Rotoren haben den Ring berührt, drehen sich dank der Propellerschützer aber weiter. "Macht euch nichts draus", ruft Thomas Mottner. "Das packt am Anfang niemand."

Die EU arbeitet momentan an einer Richtlinie, welche die Nutzung von Drohnen vereinheitlichen soll. Noch gelten in den Mitgliedsstaaten unterschiedliche Regeln. In Deutschland sind die Bundesländer für "unbemannte Luftfahrzeuge" (wie die zivilen Drohnen im Amtsdeutsch heißen) zuständig. Dementsprechend unterschiedlich fallen die Regeln aus: So müssen Drohnenpiloten etwa in Hamburg bei der zuständigen Behörde ihre Flugkünste demonstrieren, bevor sie eine Aufstiegsgenehmigung erhalten. In anderen Ländern genügt ein schriftlicher Antrag.

Führerschein und Registrierpflicht sind im Gespräch

Doch das könnte sich demnächst ändern. Das Bundesverkehrsministerium arbeitet derzeit an einer Gesetzesänderung, die die Drohnennutzung neu regelt. Kommerzielle Flieger - also alle, die ihre Luftaufnahmen verkaufen - sollen in Zukunft einen Drohnenführerschein machen müssen. Auch eine Registrierpflicht für alle Geräte über 500 Gramm ist im Gespräch. Im Gegenzug will das Ministerium die Vorschriften an anderer Stelle lockern: So dürfen gewerbliche Drohnen in Zukunft auch außerhalb der Sichtweite des Piloten fliegen, wenn diese ihre Geräte beherrschen. Als Nachweis dafür soll der Drohnenführerschein gelten.

Klare Richtlinien seien dringend nötig, betont Joachim Delfs, dessen Abteilung in Niedersachsen für Drohnen zuständig ist. "Die Anzahl der Beschwerden wächst rasant", so Delfs. Viele Nutzer wüssten gar nicht genau, was erlaubt sei und was nicht. Manchmal werde aber auch nur die Konkurrenz angeschwärzt. "Solange es keine Registrierpflicht gibt, können wir Verstöße oft nicht verfolgen. Da zeigt uns jemand ein Handyfoto, auf dem ein Punkt zu sehen ist - und wir sollen darauf eine Drohne identifizieren."

Dass selbst geübte Piloten noch etwas dazulernen können, zeigt sich am Ende des Drohnenkurses in Barbing. Als Thomas Mottner seinen Multicopter verstaut, fällt ihm ein Riss im Kunststoff auf. "Wer war das?", fragt er und hält das demolierte Gerät in die Runde. "Den einen Rotor hat's zerfetzt."

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