Fernbus gegen Mitfahrgelegenheit:Welche Bahn-Alternative sich lohnt

MeinFernbus und FlixBus fusionieren

Zwei Fahrzeuge von Flixbus auf einem Parkplatz in Berlin.

(Foto: Lukas Schulze/dpa)

Kunden von Blablacar und Flixbus sparen im Vergleich zu anderen Transportmitteln meist viel Geld. Aber wer kommt eher und bequemer an? Und wie steht es um die Sicherheit?

Von Maren Jensen, Köln

Es ruckelt stundenlang, der Körper wippt von links nach rechts, hoch und runter. Der Schweißgeruch eines fremden Nachbarn kriecht in die Nasenlöcher, und andauernd ist Stau, Stau, Stau - mit dem Fernbus oder Mitfahrgelegenheiten zu fahren ist für viele Menschen ein Horrorszenario. Doch nicht jeder kann sich eine Fahrt mit der Deutschen Bahn leisten. Vor allem Studierende und Geringverdiener setzen immer häufiger auf günstige Alternativen.

Doch wie kommen Pendler am besten voran? Mit dem Auto als Mitfahrer oder mit dem Bus? Der Vergleich.

Komfort

Egal ob von Berlin nach Kiel, von Dresden nach Hamburg oder von München nach Amsterdam: Rund 40 Millionen Menschen haben die "Flixbusse" 2018 von Deutschland aus quer durch Europa genutzt. In knallig-grünen Sitzen und mit einer Armlänge Abstand zur vorderen Sitzreihe können es sich die Mitfahrer während der mehrstündigen Reise manchmal mehr, manchmal weniger bequem machen - je nachdem, ob ein moderner Doppeldeckerbus oder ein aufgekaufter, alter Reisebus auf der Strecke eingesetzt ist.

Neuerdings gibt es in den Bussen die Möglichkeit, Sitzplätze zu reservieren. Doch keine Sorge: Wer keinen Platz bucht, muss nicht stehen, sondern gegebenenfalls seine Ecke am Fenster räumen. Denn anders als bei der Deutschen Bahn ist der Bus ausgebucht, wenn alle Plätze belegt sind.

Die größte Mitfahrzentrale in Deutschland, Blablacar, hat seit ihrer Gründung im Jahr 2006 ein exponentielles Wachstum hingelegt. 6,5 Millionen Deutsche nutzen das Portal inzwischen jährlich. Da es von Vielfahrern lebt, reicht der Komfort vom SUV bis zum alten Opel Corsa mit Omas pelzigen Sitzbezügen. Jeder kann somit selbst entscheiden, ob er auf gewisse Standards setzt oder doch lieber eine günstigere Alternative wählt. Statt einer Platzreservierung gilt hier eher das Pünktlichkeitsprinzip: Wer von den Mitfahrern zuerst da ist, kann sich den besten Platz im Auto sichern.

Pluspunkt bei Blablacar: Die Nutzer können theoretisch bequem von Haustür zu Haustür kommen, je nachdem, wie viel Umweg der Anbieter bereit ist zu fahren.

Preis

Bei Flixbus zählt das dynamische Preissystem. Je früher der Gast bucht, desto günstiger ist die Fahrt. Eine Statistik zum Durchschnittspreis gibt es nicht. Doch an Weihnachten und anderen Feiertagen sind die Fahrten meist teurer. So kostete eine Reise von Köln nach Hamburg am 15. Dezember 15,90 Euro, während die Fahrgäste einen Tag vor Heiligabend mit 29,50 Euro etwa mit dem Doppelten rechnen müssen. Von München nach Berlin sieht es ähnlich aus: Statt 19 Euro kostet eine Fahrt 39,50. Einzelne Fälle können damit Preisaufschläge von mehr als 100 Prozent haben.

Bei Blablacar bestimmt der Fahrer den Preis, hält sich dabei aber häufig an Vorschläge von Seiten des Unternehmens. 100 Kilometer kosten durchschnittlich fünf Euro pro Mitfahrer. So kostet eine Fahrt von Bremen nach Hamburg (etwa 100 Kilometer) zwischen fünf und neun Euro. Hinzu kommt ein Monatsbeitrag von 5,99 Euro oder ein Wochenbeitrag von 2,99 für den Mitfahrer. Denn wer Blablacar nutzen will, muss automatisch ein Abo abschließen. Kürzere Strecken sind mit dem Auto daher nur bei spontanen Entscheidungen günstiger. Denn wer frühzeitig bucht, kann auch mit dem Bus von Bremen nach Hamburg nur fünf Euro zahlen. Wer erst zehn Minuten vorher entscheidet, diese Verbindung zu nutzen, muss mit dem doppelten bis dreifachen Fahrpreis rechnen.

Sicherheit

Flixbus hat aktuell 350 000 tägliche Verbindungen zu mehr als 2000 Zielen in 28 europäischen Ländern und neuerdings auch in den USA. Die Anzahl von kleinen und Kleinstunfällen bewegte sich im Jahr 2018 im unteren dreistelligen Bereich. Größere Vorfälle liegen im unteren zweistelligen Bereich. Die Wahrscheinlichkeit, einen Unfall zu bauen, liegt damit unter 0,001 Prozent. Mitte Dezember verunglückte ein Bus in Zürich schwer. Bei dem Unfall kamen zwei Menschen ums Leben. Vor Kurzem gab es ein schweres Busunglück auf der A 9 bei Leipzig, bei dem eine Frau starb.

Laut ADAC gibt es aber keinen Anlass, grundsätzlich an der Sicherheit der Busse zu zweifeln. "Das Risiko, mit einem Reisebus zu verunglücken, ist im vergangenen Jahresdurchschnitt 14-mal geringer als mit dem eigenen Auto", sagt ein ADAC-Sprecher. Fernbusse seien sogar nach der Bahn das sicherste Verkehrsmittel. Die Zunahme von Unfällen in den vergangenen Jahren liege vor allem an der stark gestiegenen Zahl von Busreisen. Die Ursachen seien in der Regel keine technischen Mängel, als Hauptursache gilt menschliches Versagen. Trotz zunehmender gesetzlicher Regelungen trügen am häufigsten die Fahrer die Schuld. Durch Assistenzsysteme seien jedoch gerade moderne Busse sehr sicher, sagt der Sprecher. In unangemeldeten Kontrollen prüfe zudem der TÜV Bereifung, Karosserie oder Beleuchtung, sagt ein Sprecher von Flixbus. Durch klar geregelte Lenk- und Ruhepausen solle sichergestellt werden, dass die Fahrer jederzeit konzentriert am Steuer säßen.

Statistisch gesehen ist das Auto zwar das gefährlichste Reisemittel: Die Wahrscheinlichkeit, während einer Fahrt zu verunglücken, ist gut 125-mal höher als bei einer Bahnfahrt. Das Risiko zu sterben ist 53-mal so hoch. Allein im Jahr 2018 starben mehr als 3000 Menschen an den Folgen von Verkehrsunfällen, davon die meisten in Pkws. Sich bei einem Fremden ins Auto zu setzen, ist und bleibt damit ein Risiko, das jeder Mitfahrer für sich selbst tragen und entscheiden muss. Bei Blablacar helfen Bewertungen über den Fahrstil von vergangenen Mitreisenden. Trotzdem verzeichnete Blablacar im Gegensatz zu Flixbus im vergangenen Jahr keinen einzigen tödlichen Unfall. Das könnte nicht nur an der deutlich kleineren Community liegen, sondern auch daran, dass Fahrer statistisch gesehen vorsichtiger fahren, wenn sie mit Fremden in einem Auto sitzen.

Der Mitgliedsbeitrag bei Blablacar beinhaltet eine Versicherung, bei der Unfälle einkalkuliert sind. Bleibt das Auto liegen, verspricht das Unternehmen den Mitfahrkunden, ihnen in den meisten Fällen Ersatzfahrten zum Zielort mit der Bahn oder einem anderen Fahrer stellen zu können. Der Fahrer wird im Vergleich zum Busunternehmen jedoch nur in Ausnahmefällen explizit aufgefordert, den Führerschein nachzuweisen. "Allerdings bestätigen unsere Fahrer durch die Annahme der AGBs, dass sie einen haben", sagt die Sprecherin von Blablacar.

Fahrtzeit

Egal ob Bus oder Auto: Bei beiden Fahrmöglichkeiten kann es zu Staus oder zeitraubenden Umleitungen kommen. Da Reisebusse nur 100 Stundenkilometer fahren dürfen, dauert die Fahrt häufig länger als mit dem Auto. Zudem fährt der Flixbus auf der Strecke mehrere Städte an. Damit kommt es vor allem zu großen Zeitverlusten wegen des innerstädtischen Verkehrs. Die Pünktlichkeitsstatistik ist bei den Bussen trotz unberechenbarer Staus jedoch besser als bei der Deutschen Bahn: Etwa 85 Prozent der Busse kommen zur vorgegebenen Zeit an. Und damit die Fahrt wegen der Einhaltung von Ruhepausen nicht noch länger dauert als ohnehin, sitzen zwei Fahrer im Wagen. Blablacar schlägt Mitfahrern vor, sich in Autobahnnähe zu treffen, um den Stadtverkehr zu vermeiden. Je nachdem, ob die Mitfahrer einen Raser oder den Konsequent-auf-der-rechten-Spur-Fahrer erwischen: Die Fahrtzeit ist schwer berechenbar.

Umweltfreundlichkeit

Eine Studie des Umweltbundesamtes belegt: Je mehr Menschen Fernbusse statt ihres eigenen Autos nutzen, desto weniger Treibhausgase und Luftschadstoffe entstehen. Bahn und Bus seien deutlich ökologischer als Auto und Flugzeug und sollten sich daher bestmöglich ergänzen, anstatt in Konkurrenz zu stehen. Bei einer Fahrt mit Blablacar gibt es einen ähnlichen Effekt, nur weniger ausgeprägt: Wer eine Mitfahrgelegenheit nutzt, statt ins eigene Auto zu steigen, spart nicht nur Geld, sondern auch Platz auf den Autobahnen. Bei einer Strecke von Berlin nach Frankfurt liegt Flixbus in der Ökobilanz deutlich vorn, es kommt zu etwa 19,2 Kilogramm CO₂-Ausstoß. Beim Pkw sind es 94,2, zeigt eine Studie des Umweltverbandes VCD.

Zahlung

Flixbus führte vor Kurzem neben den herkömmlichen Online-Zahlungsmöglichkeiten das Bezahlen mit Google Pay ein. Bei Blablacar gibt es stattdessen zusätzlich zur Onlinezahlung die Möglichkeit, bar zu bezahlen. Dies bestimmt jedoch jeder Fahrer individuell. Beliebt ist hier auch das Paypal-System: Der Mitfahrer zahlt, bevor er einsteigt, der Fahrer bekommt das Geld, sobald der Mitfahrer angekommen ist. Wenn der Fahrer nicht kommt, kann sich der Mitfahrer beschweren und bekommt eine Rückerstattung. Gleiches gilt für den Fahrer: Kommt der Mitfahrer nicht, bekommt er trotzdem sein Geld.

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