Fliegen: CO2-Ausstoß:Was hinten rauskommt

Mit dem Atmosfair Airline Index liegt erstmals eine Liste vor, die den CO2-Ausstoß der Airlines pro Passagier transparent macht. Kritiker bemängeln aber das Fehlen der Billigflieger.

Andreas Spaeth

Ob bei neuen Automobilen oder auch bei Kühlschränken - längst steht den Kunden eine Vielzahl von Informationen zur Verfügung, mit der sich die Umweltverträglichkeit einschätzen lässt. Anders bei Fluggesellschaften - hier hatten Fluggäste bislang keine Möglichkeit, die Klimaeffizienz der Airlines zu vergleichen.

Debatte um Flughafen München

Heiße Luft: Was so malerisch aussieht und Fernweh weckt, belastet tagtäglich weltweit die Umwelt.

(Foto: dpa)

Zur Internationalen Tourismus-Börse (ITB), die am kommenden Mittwoch in Berlin eröffnet wird, erscheint nun erstmals eine Rangliste, die deutlich macht, welche Airlines wie viel CO2 pro Passagier im Jahr 2009 ausgestoßen haben. Die Besten der Auswertung: die britische Chartergesellschaft Monarch Airlines und der deutsche Ferienflieger Condor.

Errechnet wurde der Atmosfair Airline Index (AAI) von der Klimaschutz-Organisation Atmosfair. Sie wirbt seit längerem unter Flugreisenden dafür, durch eine freiwillige Ausgleichszahlung den durch den individuellen Transport ausgelösten CO2-Ausstoß zu kompensieren; dieses Geld wird dann zum Beispiel in Aufforstungen in der Dritten Welt investiert.

Um dieses Ranking zu realisieren, war eine Menge Vorarbeit notwendig. Denn es reichte nicht, einfach einzelne Flugzeugtypen zu vergleichen - zu unterschiedlich sind die Bedingungen, unter denen sie zum Einsatz kommen.

Denn die Klimaeffizienz richtet sich auch nach durchschnittlicher Streckenlänge, Triebwerkstyp, Passagier- und Frachtauslastung oder nach der Frage, ob ein Flugzeug nach oben gebogene Flügelspitzen (Winglets) hat oder nicht.

Zwei Jahre arbeiteten fünf Mitarbeiter, darunter Ingenieure und Physiker, an der Liste und orientierten sich dabei an den Berechnungsmethoden der Welt-Zivilluftfahrtorganisation der Vereinten Nationen ICAO.

Sieben Faktoren fließen in die Berechnung ein

So wurden 107 Flugzeugtypen berücksichtigt, was 95 Prozent der kommerziellen Flotten weltweit entspricht, dazu 308 Triebwerkvarianten. Insgesamt sieben objektiv messbare Faktoren wurden zu Grunde gelegt, um für jede Fluggesellschaft den CO2-Ausstoß pro Nutzlastkilometer, der sowohl Passagiere als auch Fracht umfasst, zu berechnen.

Wichtigste Größe dieses Rechenmodells ist die Passagierauslastung, die mit 48 Prozent gewichtet wird. Die weiteren Größen sind Flugzeugtyp (31 Prozent), Bestuhlung (acht Prozent), Frachtkapazität und -auslastung (je vier Prozent), Triebwerkstyp (drei Prozent) und Winglets (zwei Prozent).

Die vorliegenden Zahlen und Daten der Airlines wurden aufgrund dieses Rechenmodells in Relation gesetzt; die Gesellschaften erhielten in den drei Entfernungsbereichen Kurz-, Mittel- und Langstrecke jeweils Effizienzpunkte.

Möglich wären maximal hundert Punkte gewesen, "aber kaum einer hat mehr als 80 bekommen, die Branche bleibt hinter ihren Möglichkeiten zurück", kritisiert Atmosfair-Geschäftsführer Dietrich Brockhagen.

In der Kategorie Kurzstrecke siegte die spanische Air Europa vor der indischen Kingfisher Airlines, bei Mittelstrecken (und in der Gesamtwertung) die britische Monarch vor Condor, bei Langstrecken die kanadische Air Transat vor Avianca aus Kolumbien.

Die großen Gesellschaften dagegen schneiden eher enttäuschend ab. Die Lufthansa etwa, die ihre Bemühungen im Bereich Umwelt stets aktiv herausstreicht, landet im Gesamtranking auf Platz 52.

Ryanair, easyjet und Air Berlin wurden nicht berücksichtigt

"Lufthansa hatte 2009 im Vergleich zum Wettbewerb eine unterdurchschnittliche Auslastung", erklärt Dietrich Brockhagen. Zudem seien auf Kurzstrecken häufig die älteren Typen Boeing 737-300 und -500 eingesetzt worden, die mehr Treibstoff brauchen als die neueren Airbus-Jets; dasselbe gelte für ein Drittel der Langstrecken, die mit der älteren 747-400 geflogen werden.

Unter Klimaaspekten betreiben nach Ansicht von Atmosfair nur etwa zehn Prozent der Gesellschaften die für das Streckennetz passende Flotte, und bei der Bestuhlung verlieren viele Airlines Punkte.

Während zum Beispiel Condor 269 Passagiere mit der Boeing 767-300ER befördert, sind es bei British Airways (BA) im gleichen Typ 181 bis 252 Passagiere, je nach Ausstattung. Klar, dass da pro Passagier mehr CO2 anfällt und BA nur Rang 62 erreicht.

Nach der Ideal-Formel für Klimaeffizienz - hohe Auslastung, enge Bestuhlung und moderne Flugzeuge - hätten eigentlich die klassischen Billigflieger ganz oben im Ranking auftauchen müssen. Aber nicht bei Atmosfair. "Das ist ein wunder Punkt", gibt Brockhagen zu, "die hätten wir gern mit hineingenommen, konnten es aber nicht".

Vor allem Ryanair profitiere von Subventionen, generiere Flugverkehr ohne echte Nachfrage und erzeuge durch abgelegene Landeplätze zusätzliche CO2-Emissionen durch weite Anfahrten - das hätte die ansonsten "perfekten Zahlen" unpräzise gemacht, so Brockhagen.

Warum aber auch Air Berlin oder easyJet nicht auftauchen, bleibt unklar. "Das ist eine ideologische Ausblendung von Atmosfair, keine wissenschaftliche", kritisiert Axel Friedrich, ehemals Abteilungsleiter Umwelt und Verkehr im Umwelt-Bundesamt, "aber dennoch ist das Ranking sinnvoll, um in Politik und Öffentlichkeit die Diskussion anzustoßen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: