Fisker Karma:Dänen lügen nicht

Der ehemalige BMW-Designer Henrik Fisker baut in Kalifornien einen aufregenden Beitrag zur Zukunft alternativer Antriebe. Eine Probefahrt.

Georg Kacher

Hier wird deutsch gesprochen: Der Däne Henrik Fisker hat sich als Designer bei BMW einen Namen gemacht, wo er seinen Kompagnon Bernhard Köhler kennen und schätzen lernte. Die beiden sind heute Geschäftsführer von Fisker Automotive mit Sitz im kalifornischen Anaheim.

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Vier-Gefühl: Der Fisker Karma fährt mit vier Sitzen und vier Türen temperamentvoll in die Zukunft. Die Sportlimousine wird von einem Plug-in-Hybrid angetrieben und soll bis zu 80 Kilometer elektrisch fahren können.

(Foto: Fisker)

Einige der 500 Angestellten haben zuvor bei Audi, BMW, Mercedes oder Porsche gearbeitet - so auch Technikchef Thomas Fritz, Projektleiter Markus Scholten und Designer Alexander Klatt.

Der Karma ist also in der Tat eine internationale Koproduktion. Seine Väter stammen aus Europa, der Hauptinvestor sitzt in Qatar, der größte Kreditgeber ist Washington, die Produktion des Karma läuft gerade bei Valmet in Finnland an.

Der nächste Schritt ist der Umbau eines ehemaligen GM-Werks in Wilmington, Delaware, wo von 2013 an ein zweites Modell vom Band laufen soll - in der Größenordnung von 100.000 Stück pro Jahr. Mit rund einer Milliarde Dollar Startkapital will Fisker zwei Baureihen und sechs Karosserievarianten finanzieren.

Wir fahren den Karma nicht im Stop-and-Go-Smog von LA, sondern auf der Rennstrecke von Fontana. Warum? "Weil schon nach ein paar Runden deutlich wird, dass sich Fahrspaß und Umweltbewusstsein wunderbar ergänzen können," sagt Henrik Fisker.

Trotzdem geht der luxuriöse Viersitzer nicht so gut, wie man das von den versprochenen 403 PS erwarten könnte. "Stimmt," gibt Bernhard Köhler zu. "In den Prototypen stehen nur 320 PS zur Verfügung, und auch das Gewicht ist noch etwas zu hoch."

Nachladen mit dem rechten Zeigefinger

Was der Wagen wiegt, bleibt bis zur Typprüfung ein Betriebsgeheimnis, das im Bereich von 2300 Kilo liegen dürfte. Vollzählig vorhanden sind dagegen jene 1300 Newtonmeter Drehmoment, die aus dem Stand die maßgefertigten 22 Zoll großen Goodyear-Reifen skalpieren könnten, wenn nicht die ESP-Elektronik rettend dazwischenfunken würde.

Trotzdem lassen die Chips durchaus leichte Heckschwenks zu, die in Verbindung mit dem Sportprogramm zu einem Fahrstil animieren, der eher zu den knallrot hinterlegten Instrumenten passt, als zum grün eingefärbten Gewissen des Besitzers.

Weil das Getriebe nur zwei Gänge kennt (vorwärts und rückwärts), erhielten die Schaltpaddel am Lenkrad neue Aufgaben. Links wird zwischen Öko- und Sportmodus gewechselt, rechts wird der Grad der Rekuperation bestimmt, die entweder nur ganz leicht oder ausgesprochen nachhaltig verzögert.

Auf der Rennstrecke kommen die Brembos ganz schön ins Schwitzen, doch im Alltag darf der rechte Zeigefinger die Batterie mit schöner Regelmäßigkeit nachladen.

Mit vollem Energiespeicher beschleunigt der Karma in rund sechs Sekunden von 0 auf 100 km/h und ist 201 km/h schnell. Eine Overboost-Taste erhöht das Tempo zu Lasten der Reichweite für 90 Sekunden auf 229 km/h. Im Öko-Programm ist die Höchstgeschwindigkeit auf 153 km/h beschränkt, und die Beschleunigungsübung dauert zwei Sekunden länger. Dafür sinkt der Verbrauch von 3,5 auf 2,4 Liter/100 km.

Doch Achtung: In diesem Zyklus ist die zum Aufladen der Batterie benötigte Energie nicht Teil der Berechnungsgrundlage. Wer den Gasfuß im Zaum hält, kann rein elektrisch rund 80 km weit fahren. Die Gesamtreichweite beträgt 480 km.

Als Range Extender fungiert ein aufgeladener 2,0 Liter-Vierzylinder von GM mit 260 PS, der möglichst dicht am verbrauchsoptimierten Bestpunkt arbeitet. Das wenig laufruhige Brummwerk treibt nicht direkt die Räder an, sondern den 238 PS starken Generator, der wiederum die beiden E-Motoren bedient. Sie leisten jeweils 201,5 PS.

Regelmäßige Technik-Updates statt optischem Facelift

Wann immer es sinnvoll ist, bewegt sich der Wagen rein elektrisch. Der dafür zuständige Batteriepack hat einen Energieinhalt von 20 kWh. Im Normalfall reicht es, die Akkus über Nacht aufzuladen. Nur auf längeren Strecken wird je nach Bedarf der Benziner aktiviert, dem ein 36 Liter-Tank als Nahrungsspender dient.

"Weil die meisten Kunden zwischen Ladestationen unterwegs sind, muss der Karma im Schnitt nur zwei- bis dreimal im Jahr an die Zapfsäule," verspricht Henrik Fisker. Das große Geld verdienen somit die Stromanbieter und der Händler, der 85.500 Euro für ein voll ausgestattetes Auto in Rechnung stellt, das in Verbindung mit einer Drei-Jahre-Sorglos-Garantie ausgeliefert wird.

Im Öko-Programm ist der Karma so leise, dass zwei Lautsprecher in den Endrohren ein künstliches Fahrgeräusch erzeugen. Ausgeblendet wird dies erst jenseits der 50 km/h. Obwohl verhaltenes Gleiten eher in der Natur eines Hybridautos liegt, macht der Fisker fast noch mehr Spaß, wenn sich der Benziner zuschaltet.

Das liegt weniger an der verfügbaren Leistung als an den sportlichen Fahreigenschaften. Die Lenkung ist mit 2,7 Umdrehungen sehr direkt, die Bremsen haben enorme Reserven, das Fahrwerk trifft auf Anhieb den goldenen Mittelweg zwischen Federungskomfort und Straßenlage, das inspirierte Handling lässt das Gewichtshandikap beinahe vergessen.

Außerdem ist die Bedienung ein Kinderspiel, und das Wechselspiel zwischen Verzögern, Regenerieren und ABS-Eingriff könnte nahtloser kaum sein. Schwächen? Der Verbrenner schaltet ziemlich ruppig zu, die Rekuperation ist nur zweistufig, der 200 Liter kleine Kofferraum zollt der sirrenden E-Technik Tribut.

Der Fisker Karma will nicht nur wenig verbrauchen, sondern auch die Umwelt schonen. Als Mittel dazu dient zum Beispiel das serienmäßige Solardach, das über ein Jahr hinweg der Sonne genug Strom für 500 km Reichweite abringt. Die Furniere werden aus Treibholz oder den Überresten von Waldbränden gefertigt, die Teppiche bestehen aus Recycling-Material, die Sitze sind mit Biofasern gepolstert, der Metalliclack enthält einen Altglasanteil von bis zu 55 Prozent.

Im September, rund drei Monate nach Verkaufsbeginn, will Fisker auf der IAA eine zweite Karma-Variante vorstellen, vermutlich einen Shooting Brake. 2012 folgt ein Coupé, 2013 debütiert ein einfacher gehaltenes Öko-Auto in der Preisklasse um 50.000 Euro. Im Gegensatz zu den Konkurrenten plant Henrik Fisker statt optischen Veränderungen regelmäßige Technik-Updates.

"Sobald bessere, leichtere oder kleinere Bauteile verfügbar sind, werden sie in die Serie einfliessen."

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