Fiat Ulysse:Die Italo-gallische Koproduktion

Der Van mit bis zu acht Sitzplätzen kommt im Herbst zu uns - mit Preisen ab 40 000 Mark

(SZ vom 20.07.1994) Kürzlich stellte Fiat seine erste Großraumlimousine - neudeutsch Van - mit dem Namen Ulysse vor. Der Ulysse (italienisch für Odysseus) ist das Gegenteil von dem, womit Fiat bei uns berühmt geworden ist. Das waren nach dem Krieg Kleinwagen wie der knubbelige Fiat 500 (Cinquecento), mit dem in den fünfziger Jahren ganze Familien nach Torremolinos und Catolica zuckelten. Jetzt sollen sie die Reise mit dem Ulysse tun. Ebenfalls eine Familienkutsche, wenn auch den Ansprüchen und Maßstäben unserer Zeit angemessen.

Design und Konstruktion sind Gemeinschaftsarbeit. Motoren und Getriebe kommen aus dem PSA-Baukasten (Citroën/ Renault), Radaufhängungen aus den Regalen von Fiat. So entsteht in einem neuen, gemeinsamen Werk in Nordfrankreich ein Sechs-, Sieben- oder Achtsitzer. Mit 4,55 Metern ist er so lang wie eine Mittelklasse-Limousine. In der Breite erreicht die italo-gallische Koproduktion stattliche 1,82 Meter, das schafft innen Platz. Über die Kopffreiheit unter dem 1,71 Meter hohen Dach kann sich kaum jemand beschweren.

Am bequemsten haben es wieder einmal die beiden vorn. Ihre Sitze sind beinahe sportlich konturiert. Sie können bei einem Stop zum gemütlichen Plausch mit den Mitreisenden nach hinten gedreht werden. Die Sitzreihen können näher zusammen oder weiter auseinander gestellt, die Sitze einzeln oder in Reihen ausgebaut werden. Diese Ideen stammen natürlich aus dem Vater aller Europäischen Vans, dem Renault Espace. Anders als dieser hat der Ulysse jedoch eine herkömmliche, selbsttragende Stahlkarosserie. Sie ist gut anzuschauen und liegt offenbar gut im Wind. Selbst bei Höchstgeschwindigkeit werden die Windgeräusche nicht lästig. Innen fällt vor allem die geschickte Gliederung der großen Armaturentafel auf. Die Entfernung zur stark geneigten Windschutzscheibe erscheint viel kleiner als im Espace. Etwas besonderes ist auch der kurze Schalthebel, der in einer Ausbuchtung der Instrumententafel neben dem Lenkrad steckt, wie der Rasierpinsel in der Seifenschale. Bequem sind auch die zwei seitlichen Schiebetüren.

Zum serienmäßigen Seitenaufprallschutz in den Türen kommen ABS, Fahrerairbag, aktive Gurtstraffer an den Vordersitzen sowie Höhenverstellung der oberen Gurtumlenkpunkte bereits im Einstiegsmodell. Es heißt Ulysse 2.0 i.e. S und hat fünf Sitze. Weitere Stühle beziehungsweise eine Sitzbank für die dritte Reihe kosten extra. Den 2.0 i.e. S treibt ein Vierzylinder-Benzinmotor mit zwei Litern Hubraum aus der Peugeot-Motorenschmiede. Er leistet 89 kW (121 PS), soll den 1,5-Tonner in 13,1 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigen und ihm eine Höchstgeschwindigkeit von 177 km/h ermöglichen. Für den Verbrauch im Drittelmix werden 9,5 Liter bleifreies Superbenzin auf 100 Kilometer angegeben. Der Motor hinterließ auf den ersten Probefahrten einen ausreichend kräftigen Eindruck. Wider Erwarten liefert er aus mittleren Drehzahlen ausreichend Drehmoment und dröhnt bei höheren Touren nicht.

Im Spitzenmodell 2.0 i.e. EL kommen Sitzhöhenverstellung, elektrisch beweg- und beheizbare Außenspiegel, Drehsitze vorn, Dachreling, Kopfstützen für die hinteren Sitze und eine Laderaumabdeckung hinzu. Den deutlichsten Unterschied macht jedoch der Motor. Ein Abgasturbolader bläst dem 2,0-Liter-Vierzylinder 108 kW (147 PS) Leistung ein. Die soll reichen, um den Turbo-Ulysse in 10,1 Sekunden auf 100 km/h zu beschleunigen. Als Höchstgeschwindigkeit werden 195 km/h angegeben. Der Drittelmixverbrauch beträgt 10,1 Liter Eurosuper auf 100 Kilometer. Das Drehmoment von 235 Nm bei 2500/min ist besonders im Betrieb mit schweren Anhängern (1300 Kilogramm sind erlaubt) und bei voller Besetzung willkommen. Noch nicht im Programm ist ein für diese Art Auto (besonders auf dem italienischen Markt) erforderlicher Turbo-Diesel. Er kommt im Herbst, ebenfalls von PSA. Zu der Zeit werden auch die deutschen Händler den Ulysse im Laden haben. Preise werden jetzt noch nicht angegeben. Doch wie man hört, würde der deutsche Fiat-Chef, Dietmar Fütterer, gern unter 40 000 Mark anfangen.

Von Peter Behse

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