Sicherheit:Frühlings-Check fürs Fahrrad

Sicherheit: Sobald die Sonne rauskommt, sind auch wieder mehr Radfahrer unterwegs.

Sobald die Sonne rauskommt, sind auch wieder mehr Radfahrer unterwegs.

(Foto: Soren Svendsen/Getty Images/Image Source)

Raus aus dem Keller und ab ins Freie: Zu Beginn der Saison sollte man dem Rad etwas Pflege gönnen. Was dabei zu beachten ist.

Von Jochen Donner

Nach der Winterruhe braucht jedes Fahrrad etwas Service: Quietschende Bremsen, verdreckte Ketten oder platte Reifen? Vieles kann man selbst beheben - am besten auf einem stabilen Fahrradhalter. Der Drahtesel auf Brusthöhe schont den Rücken und lässt die Räder frei drehen. Ein wenig warmes Wasser sowie Spülmittel oder Fahrradreiniger können auch nicht schaden. Hochdruckreiniger sind verpönt, weil der Wasserdruck dichtendes Fett aus den Lagern spült und Feuchtigkeit eindringen lässt. Das kann zu Korrosion führen - und die Kette braucht sowieso eine Sonderbehandlung. Was im Detail zu tun ist: Hier die besten Tipps.

Reifen aufpumpen und prüfen

Zu viel oder zu wenig Luft? Eine Standpumpe mit Manometer hilft bei der richtigen Antwort. Angaben zu Mindest- und Maximaldruck sind in der Regel auf den Reifenflanken aufgedruckt; steht dort nichts, hilft meist ein Blick auf die Internetseite des Herstellers. "Wer regelmäßig nachpumpt, fährt nicht nur schneller, sondern schützt den Reifen auch gegen scharfkantigen Split und sogar Glasscherben", sagt Stefan Franken vom Reifenhersteller Schwalbe.

Nach dem Aufpumpen sollte man Laufflächen und Reifenflanken auf Risse und Schäden, sowie die Laufräder auf leichtgängigen Rundlauf checken. "Steinchen oder Glassplitter pult man mit einem Schraubendreher aus dem Profil, bevor sie sich vollends zum Schlauch vorarbeiten und einen Platten verursachen können", rät Franken. Beide Laufräder müssen frei drehbar sein und dürfen weder irgendwo streifen noch eiern. Eine Acht im Laufrad muss auszentriert werden - das ist ein Fall für die Profi-Werkstatt.

Lose Schraubverbindungen dreht man mit passendem Werkzeug nach. Wer kein Werkzeug hat: Viele Kommunen stellen mittlerweile öffentlich zugängliche Fahrradservice-Stationen mit Luftpumpe und Werkzeug entlang von Radweg-Magistralen oder an Tankstellen auf, zum Beispiel die Stadt München in Moosach und im Lehel. Wichtig: Für Schrauben an sicherheitsrelevanten Bauteilen wie Sattelstütze, Lenker und Vorbau geben die Hersteller oft maximale Drehmomente, die man aus Sicherheitsgründen unbedingt einhalten sollte. Da ist ein Drehmomentschlüssel Pflicht.

Den Antrieb checken

Beim Antrieb ist die Kette das Bauteil, das die größte Aufmerksamkeit erfordert. "Sie ist im Betrieb hohen Kräften ausgesetzt", sagt Dirk Zedler vom Institut für Fahrradtechnik und -Sicherheit in Ludwigsburg. Die permanente Reibung im Inneren mache jede Kette im Lauf der Zeit länger. "Besonders bei Kettenschaltungen ist sie durch den zusätzlichen Schräglauf stark verschleißgefährdet", so Zedler. Dies gelte erst recht für E-Bikes mit Mittelmotor, da hier zusätzlich hohe Drehmomente auf den Gliederstrang wirken.

Bei einer Kettenschaltung sollte die Kette ab einer Laufleistung von etwa 1500 Kilometern geprüft werden, bei einer Nabenschaltung ist die Messung mit einer Kettenlehre ab etwa 3000 Kilometern vor jeder Pflege sinnvoll. Eine verschlissene Kette muss getauscht werden, bevor sie die teuren Zahnräder angreift. Bei der Pflege gilt: "Vor dem Ölen muss der Schmutz von der Kette. Sonst zieht die Schmierung Partikel ins Ketteninnere und verschärft so den Verschleiß", warnt Zedler. "Das wirkt wie Schmirgelpaste." Bei schwacher Verschmutzung reicht es, die Kette durch einen leicht öligen, fusselfreien Lappen zu ziehen. Dazu sollte man so lange immer wieder eine neue Stelle verwenden, bis der Lappen gerade noch sauber bleibt.

Die Kette pflegen

Ist der Schmutzbelag hartnäckiger, hilft nur aufgesprühter, biologisch abbaubarer Kettenreiniger. Den lässt man einwirken und arbeitet mit einer alten Zahnbürste nach, um ihn dann mit viel Wasser abzuspülen und die Kette trocken zu reiben. Erst jetzt sollte man zu speziellem Fahrrad-Kettenöl greifen. Am besten ist es, das Öl im unteren Kettenbereich innen sparsam aufzuträufeln - so dringt es optimal in die Spalten. Die Kette danach mehrfach durchkurbeln und dabei alle Gänge durchschalten - dann verteilt sich das Öl gleichmäßig. Anschließend lässt man Kette und Schaltung, am besten über Nacht, ruhen, damit die Schmierung vollends einziehen kann. Danach reibt man nochmals mit einem sauberen Lappen überschüssiges Öl ab, sodass die Kette außen möglichst trocken ist. Zum Abschluss kann man eine Schicht Sprühwachs auftragen. So hält die Schmierung länger.

Den Riemen säubern

Riemenantriebe verschleißen deutlich langsamer als solche mit einer Kette, benötigen jedoch ebenfalls ein Minimum an Pflege: Mit einem Holzstäbchen befreit man die innere, umlaufende Riemennut von festen Ablagerungen. Dann säubert man die Zähne von Riemen und Scheiben mit einer alten Zahnbürste, Wasser und etwas Spülmittel, spült mit sauberem Wasser nach und trocknet ab. Dabei sollte man Riemen und Zähne auf Risse, Verformung und Abtrag prüfen. Der Abschluss jeder Wartung ist eine Probefahrt, bei der man alle Gänge durchschaltet. Hakelige Schaltvorgänge kann man durch Verändern der Zugspannung an Schaltwerk und -hebeln vorsichtig nachjustieren. Wer sich das nicht zutraut oder keinen Erfolg erzielt, rät Zedler, sollte seine Schaltung unbedingt in einer Werkstatt sauber einstellen lassen. Ein Werkstatt-Termin ist auch Pflicht bei schwergängigen, aufgesplissenen oder rostigen Bowdenzügen und Schaltzughüllen.

Die Bremsen ziehen

Vor einer ersten Ausfahrt sind unbedingt auch die Bremsen zu checken, sagt Florian Carda von Radsport Carda in Seefeld im Münchner Westen. "Die Bremshebel dürfen sich nicht bis zum Lenker durchziehen lassen: Dafür ist die korrekte Justage der Bremszüge oder die korrekte Entlüftung der Hydraulikleitungen entscheidend." Im Zweifelsfall ist das ebenfalls eine Sache für die Profi-Werkstatt. Denn Bremsen sind sicherheitsrelevante Bauteile und müssen perfekt funktionieren. "Auch den Verschleiß bei Bremsbelägen, -flanken und -scheiben sollte man sich vor der Saison genau ansehen", rät Carda.

Bei Felgenbremsen haben die Beläge oft Vertiefungen, die anzeigen, wann sie verschlissen sind. Alternativ dazu gibt es oft auch eine umlaufende Nut auf der Bremsflanke, die zeigt, ob ein Teiletausch nötig ist. Scheibenbremsbeläge dagegen muss man ausbauen, um sie zuverlässig beurteilen zu können. Auch für Bremsscheiben gelten Verschleißgrenzen: Die Mindestdicke ist meist auf der Scheibe aufgedruckt oder auf der Hersteller-Website zu finden. "Bei Felgenbremsen ist eine saubere, fettfreie Bremsflanke am Laufrad wichtig. Doch auch Bremsscheiben sollten regelmäßig entfettet werden. Mit Isopropylalkohol oder Spiritus und einem sauberen Tuch lassen sich diese Flächen gut reinigen", sagt Werkstatt-Profi Carda.

Den Akku laden

Wer ein E-Bike fährt, muss den Akku nach der langen Winterpause ans Ladegerät hängen und am besten einmal voll durchladen, um ihn aus dem Winterschlaf zu wecken. Wichtig: Die Kontaktstellen für Akku und Display sollten blank und nicht angelaufen sein. Wer mit einem Wattestäbchen etwas Kontaktspray auftupft, sorgt dafür, dass eindringende Feuchtigkeit abgewehrt wird und der Strom besser fließt. Selbst wenn ein paar Regentropfen fallen, steht dann dem Genuss der ersten Frühlings-Ausfahrt nichts mehr im Wege.

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