Auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) sieht die Wohnungswirtschaft und die Politik in der Pflicht. "Ein Umdenken zeichnet sich immerhin punktuell ab", sagt ADFC-Sprecherin Stephanie Krone. In Berlin sei das Fahrradparken zum Beispiel Bestandteil des Mobilitätsgesetzes. Viele gesetzliche Vorgaben gelten in Deutschland allerdings nur für Neubauten. "Dicht besiedelte Altbau-Lagen sind daher fast immer ein Problem für das Fahrradparken", sagt Krone. Besonders schwierig sei die Situation für die zunehmende Zahl von Lastenrädern. "Für sie gibt es kaum extra-große Parkplätze", bedauert Krone, "in den Niederlanden oder in dänischen Großstädten sind Parkplätze für Spezialräder schon gang und gäbe." Im Vergleich zu manchen europäischen Nachbarn hinkt Deutschland noch deutlich hinterher. "In den Niederlanden gibt es in Wohnvierteln zum Beispiel auch Quartiers- und Sammelgaragen, das bräuchten wir in Deutschland auch viel häufiger", sagt Krone.
Manchmal scheitern neue Lösungen aber nicht an Politik oder Unternehmen, sondern an den Nachbarn. Das musste zum Beispiel ein Wohnungsbesitzer erfahren, der auf seinem Tiefgaragenplatz einen Ständer für zwei E-Bikes installieren wollte. Ein anderes Mitglied der Eigentümergemeinschaft klagte dagegen - und bekam recht (LG Hamburg, Az. 318 S 167/14). Zweck des Tiefgaragenstellplatzes ist laut dem umstrittenen Urteil das Abstellen von Kraftfahrzeugen, außerdem sei der Ständer eine bauliche Veränderung, der alle Eigentümer zustimmen müssten.
Auch in anderen Fällen, wenn etwa vor dem Haus ein Fahrradschuppen gebaut werden soll, kann das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) zu einem Problem werden. Bei baulichen Veränderungen oder Installationen, die als störend oder als optische Beeinträchtigung empfunden werden könnten, müssen alle Eigentümer zustimmen. "Wenn nur einer dagegen ist, dann ist die Sache vom Tisch", sagt Birgitt Faust-Füllenbach, Rechtsreferentin beim Verband Wohnen im Eigentum. Wollen Bewohner ihr Rad auf ihrem Stellplatz abstellen, ohne darauf einen Ständer zu installieren, haben sie bessere Karten. Das Amtsgericht Potsdam sah jedenfalls kein Problem darin, dass die Eigentümer auf ihrem Stellplatz statt Autos ihre Fahrräder parken (AG Potsdam, Az. 31 C 37/17). Fahrradfreundlicher könnte die Rechtsprechung durch moderne Landesbauordnungen werden. So hat Nordrhein-Westfalen zum Beispiel in die Definition von Garagen neben Kraftfahrzeugen explizit auch Fahrräder mit aufgenommen. Das könnte in Zukunft Gerichten erleichtern, zugunsten von Fahrradfahrern zu urteilen.
Besonders häufig beschäftigt die Stellplatzfrage Mieter und Vermieter. Wenn es andere Möglichkeiten gibt, darf der Vermieter in der Hausordnung verbieten, dass Fahrräder im Flur und Treppenhaus abgestellt werden. "In keinem Fall dürfen Mieter andere Hausbewohner behindern oder mit den Fahrrädern gar Fluchtwege versperren", sagt Faust-Füllenbach.
Das Rad in der Wohnung als die letzte Notlösung
Für manchen liegt es da nahe, das Fahrrad mit in die Wohnung zu nehmen oder auf den Balkon zu stellen. Abgesehen von den E-Bikes sind neue Räder oft nicht nur teuer, sondern auch vergleichsweise leicht. Kein Problem also, möchte man meinen - wäre da nicht das etwas kuriose Gebaren einer Eigentümergemeinschaft und das dazu passende Urteil des Landgerichts München. "Ein Transport in die Wohnungen ist nicht zulässig", schrieb die Eigentümergemeinschaft aus Angst vor Schmutz in Aufzug und Treppenhaus in ihre Hausordnung hinein.
Ein Miteigentümer, der sein gut 3000 Euro teures Rad mit in die Wohnung nehmen wollte, klagte gegen den Beschluss - und scheiterte vor Gericht (Az. 36 S 3100/17). Das Abstellen von Fahrrädern gehöre nicht zum Kernbereich des Eigentums, so das Landgericht. Ob auch Mietern verboten werden kann, das Rad mit in die Wohnung zu nehmen, ist umstritten. "Das ist Unfug", sagt Mieterbund-Geschäftsführer Ulrich Ropertz, "dann kann man ja auch gleich verbieten, mit dreckigen Schuhen in die Wohnung zu gehen".
Bei manchen Rennrad-Enthusiasten hängt das teure Bike zwar durchaus auch mal als Schmuckstück an der Wohnzimmerwand. Für den Normalgebrauch dürfte das Rad in der Wohnung aber eher die letzte Notlösung sein. "Generell brauchen wir bei Wohnungsunternehmen, Vermietern und Bauträgern ein neues Bewusstsein, dass eine fahrradfreundliche Wohnumgebung ein echter Standortfaktor ist", fordert Krone. Das Fahrrad sei Teil eines modernen, urbanen Lebensstils, "und dazu gehören auch gute, komfortable Fahrradparkplätze".