Fahrbericht Renault Mégane Coupé GT:Hier gibt es nichts zu sehen

Der Renault Mégane Coupé GT im Fahrbericht

Schnittig sieht das Renault Mégane Coupé GT schon aus - das geht aber auf Kosten der Rundumsicht.

(Foto: Renault)

Das Renault Mégane Coupé GT will alles: sportlich sein und dabei komfortabel. Das gelingt eigentlich nur auf der Landstraße. In die Stadt sollte man sich mit dem Franzosen lieber nicht wagen.

Von Felix Reek

"Fahrspaß", das ist die Eigenschaft, die heute jedes Auto für sich in Anspruch nimmt. Egal ob VW Golf, Fiat Panda oder Porsche 911. Es ist eine Floskel, die sich über die Jahre in die Hirne der Autokäufer gebrannt hat. 2013 befragte das Telekommunikationsunternehmen Cisco 1500 Autofahrer in zehn Ländern zum Thema Datensicherheit im Fahrzeug und wie wichtig sie im Vergleich zu anderen Vorzügen ist. Ob diese geschützt sind, interessierte kaum jemand. 65 Prozent gaben aber an, dass sie ihre persönlichen Daten zu Fahrverhalten und Vorlieben weitergeben würden, wenn sie im Gegenzug mehr Fahrspaß erhalten.

Das ist umso erstaunlicher, da es diesen Begriff eigentlich gar nicht gibt. Er ist eine Erfindung der Werbung und jeder definiert ihn für sich anders. Die Autoindustrie reagiert darauf, indem Fahrzeuge immer mehr sportliche Elemente aufweisen. Denn sportlich, das muss doch auch Fahrspaß heißen. Selbst Familienkombis haben heute vor allem betont markante Linien, verschiedene Fahrmodi und Chromverzierungen. Die Krönung dieser sportlichen Alltagsautos ist der "Gran Turismo", kurz "GT". Ursprünglich für relativ komfortable Sportwagen gedacht, benutzen heute alle Hersteller den Begriff nach Gutdünken. So auch Renault, das die sportliche Ausstattung seiner Modelle schlicht "GT" nennt.

"Sportdesign für alle"

Das gerade aufgefrischte Renault Mégane Coupé GT ist eines dieser Autos. Passend dazu steht auf der Webseite des Herstellers der Spruch "Sportdesign für alle". Design und Technik stammen vom Haustuner Renault Sport, dem französischen Äquvivalent zu Mercedes-AMG und BMW M. Im Vergleich zu den Standardmodellen ist das Fahrwerk zwölf Millimeter tiefer, es gibt Sportsitze, Front- und Heckschürze, Leichtmetallräder sowie Details im Inneren, auf denen "GT" prangt. Verbaut ist bei unserem Testmodell der größte Dieselmotor, der dCi 165, der es mit seinen knapp zwei Litern Hubraum auf 165 PS bringt. Der treibt den Mégane flott nach vorn und ist sehr leise. Das ist natürlich nicht besonders sportlich, aber zumindest in Sachen Komfort erfreulich.

Doch viel mehr Grund zur Freude gibt das neue Coupé nicht. Es ist ein Auto der Gegensätze. Für jede positive Eigenschaft gibt es eine schlechte. Die Formen des Renaults sind fließend, fallen nach hinten leicht ab und schmeicheln dem Auge. Dafür muss man auf den Rücksitzen ab 1,75 Meter Körpergröße den Kopf einziehen. Im Testmodell sind weiß-schwarze Ledersitze verbaut, Chromleisten verweisen überall auf die Sportlergene. Die Armaturen sind hingegen vollkommen aus Plastik gefertigt. Das unterscheidet den Mégane nicht von anderen Autos dieser Klasse, allerdings ist das Navi hier so lieblos verbaut, dass es so aussieht, als hätte man es mit einer billigen Blende nachgerüstet.

Es lässt sich mit Stick und per Touchscreen bedienen, doch das Display ist so weit entfernt, dass es mit der Hand nur mit Mühe zu erreichen ist. Zumindest bereitet es seinen Fahrer auf die kommende Abgabe für Autofahrer vor: "Bleiben Sie links und fahren Sie auf die gebührenpflichtige Autobahn", fordert es immer wieder.

Ab Tempo 170 passiert nicht mehr viel

Fahrbericht Renault Mégane Coupé GT: Der Blick nach hinten im Renault Mégane Coupé GT. Viel zu sehen gibt es da nicht.

Der Blick nach hinten im Renault Mégane Coupé GT. Viel zu sehen gibt es da nicht.

Auf der Landstraße macht das Auto durchaus Spaß - die Schaltung ist exakt und präzise, das Fahrwerk straff aber nicht unbequem. Gelangt man hingegen auf die Autobahn, ist die Lenkung zu empfindlich. Und auch wenn der Tacho bis 270 km/h skaliert ist, spätestens bei Tempo 170 geht dem Mégane die Luft aus und es passiert nicht mehr viel. Ein Fahrprogramm für einen schärferen Sportmodus, wie es ihn in vielen Modellen dieser Art gibt, sucht man vergebens. Das heißt, wer sportlich fahren will, muss dies auf ganz gewöhnliche Art und Weise tun: Gaspedal durchtreten. Zumindest bis Tempo 170.

Das größte Ärgernis ist aber die Rundumsicht. Der Blick gen Heckscheibe gleicht dem durch das Periskop eines U-Boots. Rechts und links daneben ist es noch schlimmer. Der aus der Fahrschule bekannte Schulterblick erübrigt sich im Mégane Coupé. Die Fenster auf der Rückbank sind winzig und bieten kaum Sicht nach draußen, die breite C-Säule verdeckt den Rest. Wer in diesem Auto in der Stadt unterwegs ist, sollte sich nur ganz behutsam Fahrradwegen nähern - der tote Winkel ist enorm.

Es bleibt also die Frage, wer sich ein solches Auto zulegt. Der Fahrspaß ist da, ohne Frage. Aber was nützt der, wenn man dafür essenzielle Abstriche im Komfort einkalkulieren muss? Dass es Renault auch besser kann, zeigen die anderen Modelle der Linie. Die viertürige Version des Mégane Coupés ist mit gleicher Motorisierung in der Basisversion 50 Euro billiger (26 650 statt 26 700 Euro), bietet dafür aber mehr Platz und Kopffreiheit. Und wer es wirklich sportlich will, greift zur RS-Variante. Die kostet etwa 1300 Euro mehr (27 950 statt 26 700 Euro) und bringt es auf 265 PS. Da ist Fahrspaß garantiert. Wie immer der auch definiert wird.

Technische Daten Renault Mégane Coupé dCi 165 GT Line:

R4-Dieselmotor mit 2,0 Litern Hubraum und Turboaufladung; Leistung 120 kW (165 PS); max. Drehmoment: 380 Nm bei 2000/min; Leergewicht: 1456 kg; Kofferraum: 377 - 1024 l; 0 - 100 km/h: 8,5 s; Vmax: 220 km/h; Testverbrauch: 7,1 l / 100 km (lt. Werk: 5,6; CO2-Ausstoß: 145 g/km); Euro 5; Grundpreis: 26 700 Euro

Das Testfahrzeug wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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