Fahrbericht: Renault Grand Scénic 2.0 dCi:Rucksack-Tourist de Luxe

Renault hat den Grand Scénic leicht überarbeitet und die Diesel-Palette verstärkt. Als XXL wird er zum Fünfsitzer mit einem Stauraum wie ein Kirchenschiff. Macht der Kompakt-Van schon bald den Espace überflüssig?

Von Sebastian Viehmann

Großfamilien werden immer seltener. Die Wenigsten brauchen Platz für mehr als zwei Kinder. Der Bedarf für Vans mit mehr als fünf Sitzplätzen ist denn auch begrenzt. Renault bietet den Grand Scénic deshalb jetzt als fünfsitzigen "XXL" mit nur noch 700 Euro Aufpreis gegenüber dem normalen Scénic an. Geblieben ist der zusätzliche "Rucksack" - das um 24 Zentimeter gestreckte Heck.

Fahrbericht: Renault Grand Scénic 2.0 dCi: Der Laderaum des Grand Scénic ist laut Renault so groß wie der der zweiten Espace-Generation.

Der Laderaum des Grand Scénic ist laut Renault so groß wie der der zweiten Espace-Generation.

(Foto: Foto: press-inform)

Die dritte Sitzreihe fällt weg - dafür gibt es mehr Platz im Kofferraum und zusätzliche Staufächer. Wer will, kann die zusätzlichen Sitze für 500 Euro Aufpreis extra ordern. Damit ist der Preisunterschied zwischen 5-Sitzer Scénic und 7-Sitzer Grand Scénic (bisher 1200 Euro) gleich geblieben.

Optisch hat sich wenig getan. Renault hat die Frontschürze ein wenig verändert und größere Scheinwerfer eingebaut. Die Rückleuchten bestehen aus wartungsfreien LEDs, die schneller aufleuchten als normale Glühlampen.

Kleiner Wilderer

An der Spitze der Motorenpalette (vier Benziner und vier Diesel) steht nun der 2,0-Liter dCi mit 150 PS und neuer Sechsgang-Automatik. Das gleiche Aggregat werkelt schon im großen Bruder Espace. Dass der Grand Scénic immer stärker im Revier des Espace räubert, gibt auch Scénic-Produktmanager Sebastien Auguin zu: "Der Laderaum des Grand Scénic ist so groß wie der der zweiten Espace-Generation."

Auch im Innenraum werden sich Espace-Fahrer sofort heimisch fühlen. Sitzposition und Fahrgefühl sind fast identisch, der Grand Scénic ist nur etwas schmaler. Für Umsteiger von anderen Marken bleibt das Cockpit indes gewöhnungsbedürftig. Armaturen gibt es nicht, alle Instrumente sind auf einem großen Digital-Display in der Mitte des Armaturenbretts vereint. Dafür existiert - im Gegensatz zum Espace - noch eine richtige Mittelkonsole.

Die Bedienung selbst geht nach kurzer Eingewöhnungszeit leicht von der Hand. Gestartet wird per Knopfdruck, als Schlüssel dient eine Plastikkarte mit Chip.

Raumwunder

Unschlagbar ist die Fülle an Ablagen und Staufächern. Geschickt zusammengepackt, könnte man die Utensilien für einen Kurzurlaub verstauen, ohne auch nur den Kofferraum zu öffnen. Schubladen unter den Sitzen inklusive 12-Volt-Steckdosen, vier Staufächer im Fußraum, ein 17 Liter großes Handschuhfach und eine fast genauso große verschiebbare Mittelkonsole (gegen Aufpreis) lassen vom Reiseproviant bis zum Lego-Vorrat alles verschwinden. Der mittlere Rücksitz wird durch Umklappen zum Spiel-Tisch, die Sitze kann man auf Schienen verschieben.

Der Kofferraum fasst 430 bis maximal 1840 Liter beim Scénic und 200 bis höchstens 1960 Liter beim Grand Scénic. Mit fünf Sitzen bleiben noch stattliche 681 Liter Gepäckraum übrig - da muss sich sogar der fünfsitzige Opel Zafira mit seinen 645 Litern geschlagen geben. Das Platzangebot für die Passagiere des Grand Scénic ist großzügig, auf den Rücksitzen ist die Kopffreiheit allerdings etwas knapper als erwartet.

Sowohl Scénic als auch Grand Scénic fahren sich sehr angenehm. Die Lenkung ist leichtgängig, aber nicht schwammig. Der Fahrkomfort ist ausgezeichnet - den Kopfsteinpflaster-Test besteht der Mini-Espace mit Bravour. Auch in schnellen Kurven lässt sich der Wagen nicht aus der Ruhe bringen. ESP gehört zur Serienausstattung.

Rucksack-Tourist de Luxe

Viele Motoren

Das Lächeln auf dem Gesicht vergeht aber schnell, wenn die Straße mal enger wird oder ein Parkmanöver droht. Der Abstand von der Fahrerposition zum Haubenende ist elend lang. Und auch nach hinten ist die Übersicht äußerst bescheiden. Renault wird schon wissen, warum die Einparkhilfe für den Grand Scénic (600 Euro Aufpreis) mit neuen Sensoren jetzt auch vor vorderen Hindernissen warnt.

Das Motoren-Angebot ist breit gefächert, vier Benziner (98, 112, 135 und 163 PS) sowie vier Dieselmotoren (106, 110, 130 und 150 PS) stehen zur Wahl.

Wir haben zwei Modelle miteinander verglichen: den Grand Scénic in Privilège-Ausstattung mit dem neuen 2.0 dCi (150 PS und Sechsgang-Automatik) und den normalen Scénic in der Ausstattung Dynamique mit dem 1.6-16-V-Benziner (112 PS und Sechsgangschaltung).

Beides sind klassische Vertreter für typische Scénic-Kunden: Der wird gerne von älteren Semestern (Durchschnittsalter der Käufer: 56 Jahre) bewegt, die ein gemütliches Reisefahrzeug suchen und denen Leistung nicht so wichtig ist.

Im Vergleich

Beim Grand Scénic ist die Kundschaft deutlich jünger (im Durchschnitt 46 Jahre) - ihn bewegen oft Familien, die reichlich Platz für Kind und Kegel brauchen und bei denen es für den voll beladenen Urlaubs-Trip auch gern mal etwas mehr "Bums" unter der Haube sein darf.

Der Scénic Dynamique kostet 21.800 Euro und ist mit elektrischen Fensterhebern rundum, Lendenwirbelstütze für den Fahrer, Klimaanlage, CD-Radio, Nebelscheinwerfern, Licht- und Regensensor sowie automatischer Parkbremse komfortabel ausgestattet.

Der 1,6-Liter-Benziner bringt den nur 1,4 Tonnen schweren Kompaktvan aber etwas zäh in Bewegung und verlangt nach hohen Drehzahlen. Das maximale Drehmoment von 152 Newtonmetern liegt erst bei mehr als 4000 Umdrehungen pro Minute an. Er beschleunigt in 12,2 Sekunden auf 100, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei etwa 180 km/h. Die Sechsgangschaltung an der Mittelkonsole lässt sich flüssig bedienen.

Der 2,0-Liter Diesel ergänzt den 1.9 dCi und bringt deutlich mehr Kraft auf die Straße. Das liegt nicht nur an den 20 zusätzlichen Pferdestärken, sondern vor allem an dem kräftigen Drehmoment-Zuwachs um 90 auf maximal 340 Newtonmeter. Allerdings muss man erst ein deutliches Turboloch durchleiden, bis die Schubkraft auch zur Verfügung steht. Von Null auf 100 geht es in 9,7 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 198 km/h.

Die Sache mit der Automatik

Ausgezeichnet passt die Sechsgang-Automatik zu dem 2,0-Liter-Diesel. Sie schaltet ruckfrei und butterweich. Beim Bremsen schonenden manuellen Schalten (etwa bei längeren Bergabfahrten) liegt der Automatik-Wahlhebel etwas unbequem in der Hand. Ein Pferdefuß der Automatik ist der Mehrverbrauch von über einem Liter im Vergleich zum 2.0 dCi mit Schaltgetriebe. Sieben Liter genehmigt sich die Automatikversion im Durchschnitt.

In der Privilège-Ausstattung kostet der 2.0 dCi 28.000 Euro und ist damit das Top-Modell der Reihe. Ein Espace kostet mit dem gleichen Motor satte 36.400 Euro. Zusätzlich zur Dynamique-Version bietet der Grand Scénic Privilège Lederausstattung, Klimaautomatik, noch mehr Ablagen, einen höhenverstellbaren Beifahrersitz und weitere Komfort-Extras. Das große Panorama-Glas-Hubdach kostet bei allen Scénics 1000 Euro Aufpreis, ebenso die Bi-Xenonscheinwerfer.

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