Fahrbericht: Renault Clio 1.2 TCE 100:Temperamentsbölzchen

Hubraum ist durch nichts zu ersetzen? Von wegen. Renault macht aus einem 1.2-Liter-Motor mit Turbolader ein kleines Kraftpaket. Wir sind den Kleinhuber schon in einem Clio-Sondermodell gefahren.

Von Sebastian Viehmann

Unter Autoherstellern gibt es eine Faustregel: Wenn du willst, dass ein Auto jugendlich wirkt, dann bring es mit Trendsportarten in Verbindung. Zahllose Studien und Sondermodelle kokettieren mit Anspielungen aufs Surfen, Wellenreiten oder Paragliding. So auch das Clio-Sondermodell "Rip Curl" - bei dem stand der gleichnamige Surfbrett-Spezialist Pate.

Der Surfer-Clio hat ein paar hippe Logos und Zierleisten sowie einen farblich aufgefrischten Innenraum. Das allein wäre nichts Besonderes. Das eigentlich Interessante steckt vorne unter der Haube: Zum ersten Mal setzt Renault dort seinen neu entwickelten 1.2 TCE 100 ein. Was wie ein Schnellzug der Deutschen Bahn klingt, ist die Abkürzung für Turbo Control Efficiency. Der Turbo-geladene Benziner hat mit nur 1149 Kubikzentimeterchen Hubraum und 100 PS die Leistung eines 1,4-Liter Motors sowie das Drehmoment eines 1,6-Liter Aggregats.

"Downsizing" heißt das Zauberwort, das Renault dabei im Rahmen seiner Umweltinitiative "Eco2" ins Feld führt. Der Begriff Downsizing ist nicht neu. Geprägt wurde er in den frühen 70er Jahren, als die US-Automobilindustrie von der Ölkrise trocken erwischt wurde.

Downsizing kommt wieder in Mode

Die Blechmonster aus Detroit hatten soviel PS, dass es durchschnittlich für drei europäische Autos gereicht hätte. "Hubraum ist durch nichts zu ersetzen, außer durch mehr Hubraum" lautete damals die Parole. Doch bei der Energieausnutzung waren viele Ami-Schlitten so effizient wie eine Zentralheizung im Winter bei offenem Fenster. Spätestens seit der Ölkrise war bei den Herstellern also Downsizing angesagt: Sowohl die Größe vieler Autos als auch Hubraum und Leistung schrumpften erheblich.

Temperamentsbölzchen

Und der Turbo-Winzling 1.2 TCE macht richtig Laune. Im Leerlauf gibt er sich harmonisch und leise. Tritt man aufs Gaspedal, schnellt die Nadel des Drehzahlmessers ungestüm voran. Der Motor röhrt los wie ein Rasenmäher, wird dabei aber nicht unangenehm laut. Ein kleines Turboloch spürt man zwar - doch vor allem zwischen 2000 und 3000 Umdrehungen im zweiten Gang geht die Post ab.

Der aktuelle Trend zum Downsizing betrifft vor allem den Hubraum - ohne dass der Fahrer Leistungseinbußen hinnehmen muss. VW zeigt mit seinen bis zu 170 PS starken 1.4-Liter TSI-Motoren, wie man aus wenig Hubraum mit Turbolader und Kompressor wahre Kraftpakete zaubern kann, die trotzdem genügsam sind.

Renault hat mit dem 1.5 dCi Dieselaggregat ein Allroundtalent konstruiert, das mit einer Leistung von bis zu 106 PS Sparsamkeit mit guten Fahrleistungen verbindet. Nun ist bei den Franzosen der Benziner dran.

In 11 Sekunden ist die Tachonadel an der 100 vorbeigehuscht, wobei die gefühlte Beschleunigung noch einen Tick schneller ist. Mit 100 PS und 145 Newtonmetern Drehmoment spielt der 1.2 TCE eigentlich in der Liga deutlich hubraumstärkerer Motoren. Bis 4000 Touren ist seine Kraftentfaltung diesen Aggregaten überlegen - auch beim Verbrauch. Erst ab 4000 Umdrehungen habe ein normaler Saugmotor mit größerem Hubraum die Nase vorn, behauptet Renault.

Extrakick auf Knopfdruck

Damit dem TCE bei Überholmanövern und auf der Autobahn nicht die Puste ausgeht, gibt es eine Overboost-Funktion. Sie ermöglicht eine kurzfristige Leistungsspritze von 5 PS im zweiten, dritten und vierten Gang. Unverständlich ist, weshalb Renault dem kleinen Flitzer nicht serienmäßig ESP an Bord packt.

Temperamentsbölzchen

Den Durchschnittsverbrauch des TCE geben die Franzosen mit 5,9 Litern an, woraus sich ein durchschnittlicher CO2-Ausstoß von nur 139 Gramm pro Kilometer ergibt. Das mit den 5,9 Litern mag stimmen, wenn man dem Turbolader wenig zu tun gibt. Bei einer kurvenreichen (und zugegeben flotten) Testfahrt schossen laut Bordcomputer im Schnitt gut zehn Liter durch die Leitungen. Nutzt man die Kraft dagegen nur selten aus, ist ein Durchschnittsverbrauch um sieben Liter machbar.

Der TCE bringt nicht nur Fahrspaß, sondern vor allem ein Sicherheitspolster. Überholmanöver sind mit hubraumschwachen Kleinwagen oft eine riskante Sache, weil die Kraftreserven fehlen. Mit dem kleinen Turbo-Renault braucht man sich da wenig Sorgen zu machen. Passend zur Leistung ist das Fahrwerk des flotten Clio angenehm straff ausgelegt. Die Lenkung allerdings dürfte direkter sein.

Der TCE ist auch als Top-Motorisierung für die neue Twingo-Generation vorgesehen. Da kann man sich ausmalen, was für ein heißer Feger das aufgefrischte Franzosen-Baby wird.

Der Clio Rip Curl mit dem 1.2 TCE kostet 14.300 Euro und soll in dieser Kombination ab Sommer zu haben sein. Man kann das Sondermodell allerdings auch mit anderen Motoren kombinieren, zum Beispiel mit dem 86 PS starken 1.5 dCi plus Partikelfilter (dann steigt der Preis auf 17.450 Euro).

Dachträger für das Surfbrett nicht inklusive

Zur Serienausstattung gehören die Optik-Extras im Surfer-Design, vor allem die farbenfrohen Zierleisten im Innenraum und die rot abgesetzten Sitzpolster. Dazu gibt es unter anderem noch ein CD-Radio, elektrische Fensterheber vorne, Lenkrad und Schaltknauf in Leder, eine wasserfeste Kofferraumschale, Nebelscheinwerfer und Kurvenlicht. Einen Dachträger für das Board muss man gegen Aufpreis extra bestellen - sonst muss das Wellenbrett in der Garage bleiben.

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