Fahrbericht Porsche Macan:Eine Bestnote nach der anderen

Der Porsche Macan kommt im 2. Quartal 2014 als kleiner Bruder des Cayenne auf den Markt.

Sein Geld verdient Porsche schon lange nicht mehr mit Sportwagen: Mehr als die Hälfte aller verkauften Autos aus Zuffenhausen sind SUVs. Da lag es nahe, mit dem kompakten Macan eine weitere Baureihe ins Rennen zu schicken.

(Foto: Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG)

Die Basis von Porsche Macan und Audi Q5 ist die gleiche, doch das Ergebnis könnte nicht unterschiedlicher sein: Die stets präsenten Sportwagen-Gene machen den SUV aus Zuffenhausen zu einer Ausnahmeerscheinung.

Von Georg Kacher

Wo Porsche draufsteht, ist für den VW-Konzern eine fette Rendite drin, und auf die will man in Wolfsburg ebenso wenig verzichten wie auf die noch beeindruckenderen Audi-Gewinne. Gemeinsam verdienen die beiden Premiummarken jenes Geld, ohne das die Kernmarke längst genauso darben würde wie die meisten Volumenhersteller, abgesehen von Toyota.

Mit Sportwagen haben sich die Schwaben einen Namen gemacht, doch die Nachfrage nach schnellen Zweisitzern stagniert - selbst teure Prestigeprojekte wie der 918 Spyder oder der geplante 960 mit Achtzylinder-Boxermotor dürften eher in die Marke einzahlen als in die Firmenkasse. Das große Geschäft macht Porsche längst mit Viertürern wie Cayenne und Panamera. Da lag es nahe, statt des angedachten kleinen Mittelmotor-Roadsters als fünfte Baureihe einen kompakten Crossover ins Rennen zu schicken.

Der Macan nimmt zwar konstruktive Anleihen beim Audi Q5, präsentiert sich aber als völlig eigenständiges Auto, das zum Anlauf mit drei V6-Aggregaten so kräftig motorisiert ist, wie man das von einem Porsche erwarten darf. Anders als der etwas pummelige Cayenne mit dem anonym gestylten Heck wirkt der Macan aus allen Perspektiven jünger, moderner, dynamischer, attraktiver. Nur bei der Gestaltung des Innenraums hat die Designer der Mut verlassen. Hier dominiert konservativ applizierte wenn auch topverarbeitete Langeweile mit einem veritablen Armaturenbrett, einer Drucktastenflut im Schogetten-Look und einer Endlosschleife an Aufpreis-Extras.

Zum gleichen Preis von 57 930 Euro kann der Kunde zwischen dem 258 PS starken Diesel und dem 3,0-Liter-Benziner mit 340 PS wählen. Der Turbo, dessen 3,6-Liter-V6 400 PS mobilisiert, steht mit 79 826 Euro in der Liste. Zum Vergleich: Den 313 PS starken Audi SQ5 bekommt man für 59 300 Euro, den 360 PS starken GLA AMG verkauft Mercedes ab 55 870 Euro, der Cayenne S V8 kostet 3200 Euro weniger als der ebenfalls 400 PS starke Macan Turbo. Dessen ärgster Feind könnte womöglich der Cayenne S V8 Diesel sein, der für 1000 Euro weniger 350 Nm mehr Drehmoment liefert.

Viel Geld für einen kleinen Crossover

Jeder Macan besitzt serienmäßig Klimaautomatik, automatische Heckklappe, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, CD-Radio mit MP3-Spieler, Multifunktionslenkrad mit Schaltwippen, teilelektrische Sitze, LED-Rückleuchten, beheizte und anklappbare Spiegel, 18-Zoll-Räder sowie Rekuperation, Start-Stopp und die Freilauf-Segelfunktion, mit der man bis zu einen Liter Sprit sparen kann. Der Turbo bietet zusätzlich Navigation, Bi-Xenonlicht, Adaptivfahrwerk, 19-Zoll-Bereifung und belederte Sportsitze.

Gesondert zur Kasse gebeten wird man in jedem Fall für Luftfederung, Sport-Chrono-Paket, Torque Vectoring, Panoramadach, Einparkhilfe mit Rückfahrkamera, Telefon, ein noch besseres Soundsystem, Karbon-Keramikbremse, belüftete Adaptivsitze sowie für die diversen Assistenzsysteme. Ein voll ausgestatteter Macan Turbo kostet weit mehr als 100 000 Euro - viel Geld für einen feinen aber relativ kleinen Crossover.

Der Macan S ist die beste Wahl

Diesel oder Benziner, S oder Turbo? Das Topmodell ist eigentlich zu teuer. Außerdem muss man in einem Fahrzeug dieser Art nicht unbedingt 266 km/h schnell fahren oder in 4,8 Sekunden von null auf 100 km/h brennen, zumal der angegebene Mixverbrauch von minimal 8,9 Liter (mit der schmalsten Bereifung) auf 100 km unter Bleifuß-Bedingungen nicht einmal für die Hälfte der Wegstrecke ausreichen dürfte.

Der S verliert beim Spurt auf den Turbo nur 0,6 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit von 254 km/h genügt vollkommen, und die Frequenz der Tankstopps ist ohnehin vornehmlich eine Frage des Fahrstils. Der 230 km/h schnelle Diesel absolviert die Beschleunigungsübung in 6,3 Sekunden und begnügt sich im Schnitt mit 6,1 Liter Sprit. Das ist absolut gesehen in Ordnung, bringt den Porsche aber im Vergleich zum Q5 V6 TDI, GLK350 CDI oder X3 35d nicht wirklich weiter. Unter dem Strich ist der Macan S wohl die beste Wahl - es sei denn, man ist bereit, auf die deutlich günstigeren Vierzylinder mit 204 PS (Diesel) und 232 PS (Benziner) zu warten, die 2015 nachgeschoben werden sollen.

Masse und Gewicht mit spielerischer Leichtigkeit relativiert

Der zwischen 1940 und 2000 Kilo schwere Macan legt eine Agilität an den Tag, die sogar den als sportlich bekannten Cayenne im direkten Vergleich als ausgesprochen tiefenentspannt erscheinen lässt. Für das ultimative Fahrerlebnis muss der Kunde freilich tief in die Tasche greifen, denn erst mit Luftfederung, Dämpferverstellung, Torque Vectoring, 19-Zoll-Gummis und Sport-Chrono-Paket sind alle Dynamik-Joker an Bord. In Summe schaffen es diese Bausteine, Masse und Gewicht mit fast spielerischer Leichtigkeit zu relativieren, sogar mit Winterreifen erstaunlich viel Grip aufzubauen und selbst durch knifflige Kurvenkombinationen enorm viel Tempo mitzunehmen.

Einerseits sind bei lange gedrückter PSM-Taste auf niedrigen Reibwerten sogar Querfahrten nach Art des Hauses möglich, andererseits herrscht am Ende eines langen Fahrtages eine gewisse Ratlosigkeit: Schon wieder ein Auto, das alles noch besser kann als der Mensch am Steuer. Die Eingriffe sind zwar subtil, doch wenn die Chips an der Lenkung zupfen, über kurze Bremsimpulse die Richtung korrigieren, ungefragt Zwischengas geben und per Hinterachs-Differenzial den Drehmomentfluss verwalten, stellt sich ein gewisses Gefühl der Fernsteuerung ein.

Wenn man das Bewegungsdiagramm in seine Einzelkomponenten auflöst, holt sich der Macan eine Bestnote nach der anderen. Das Fahrwerk: Klettverschluss-Straßenlage kombiniert mit ausreichend Geschmeidigkeit. Bremse: Zuverlässiger Gegenschub. Lenkung: Die kongeniale Verschmelzung von Zaumzeug und Joystick. Antrieb: Nicht so sehr die Motoren faszinieren, sondern das Zusammenspiel aus PDK und Allradtechnik.

Der Rest ist Beiwerk - Ergonomie, Infotainment, Variabilität, Ausstattungsluxus. Das wirklich Besondere am Macan, das sind die stets präsenten Sportwagen-Gene. So neutralisiert der Crossover klassische Schwächen des Genres wie zu hohes Gewicht, zu hoher Schwerpunkt, zu viel Trägheit um die Hoch- und Längsachse. Und es hebt die Fahrdynamik auf ein neues Erlebnisniveau, das bis auf Weiteres dem Macan ganz allein gehört.

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