Fahrbericht:Porsche 911 im Präsidenten-Check

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Erwin Pfeiffer ist der Präsident des Porsche Clubs Isartal-München und sitzt auch im Bundesvorstand. Für uns testete er den neuen 911er. (Foto: Felix Reek)

Für Puristen ist ein Turbo im neuen 911 so, als würden AC/DC Schlager spielen. Also haben wir den Sportwagen von jemandem testen lassen, der sich auskennt: dem Präsidenten eines Porsche-Clubs.

Von Felix Reek

"Ah, Keramikbremsen, Sportauspuff!", sagt Erwin Pfeiffer, als er am neuen Porsche 911 entlang schlendert. Die knallgelbe Lackierung stört ihn nicht: "Ein Porsche muss eine Farbe haben!" Schwarz, Silber, das ist nichts für ihn. Pfeiffer öffnet die Tür, zwängt sich in den engen Sportsitz und atmet erleichtert auf: "Da fühle ich mich gleich zu Hause."

Der 56-Jährige ist ein hochgewachsener Mann, drahtig und - der Präsident des "Porsche Club Isartal-München". Er soll für uns den neuen 911 Carrera S testen. In dessen Heck arbeitet zum ersten Mal in der mehr als 50-jährigen Geschichte der Baureihe - von den speziellen Turbo- oder GT2-Versionen einmal abgesehen, ein aufgeladenes Triebwerk statt eines Saugmotors. Für Puristen ist das in etwa so, als würden AC/DC Schlager spielen.

Pfeiffer startet den Motor und steuert den neuen 911 Carrera S mit Dreiliter-Turbo-Boxer zügig aus München heraus, "auf kleinere Straßen, wo es nicht so zugeht". Richtung Bad Aibling, südöstlich der bayrischen Landeshauptstadt. Da wohnt die Schwiegermutter, auf der Strecke kennt er "jeden Kanaldeckel", sagt er. Und nimmt die erste Kurve so sportlich, dass jedes Gramm Körperfett vibriert.

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"Ich habe ein neues Auto"

Schuld an der Leidenschaft für den 911er ist Pfeiffers Frau. In den 80er-Jahren lernten sie sich im Golf GTI Club kennen, der Abteilungsleiter des Touristikbereiches beim ADAC hatte schon immer ein Faible für schnelle Autos. Nachdem sie sich einige Zeit aus den Augen verloren hatten, rief sie eines Tages an und sagte: "Ich habe ein neues Auto." Der Beginn der Liebe zu seiner heutigen Ehefrau - und zu Porsche.

Seinen ersten 911er kaufte der 56-Jährige vor 20 Jahren direkt im Werk, ein grünes Cabrio. Das steht bei Pfeiffer noch immer in der Garage, es ist das Auto, an dem sein Herz hängt. Seine Frau, die aus dem Bankwesen kommt, sage zwar immer: "Schau doch mal, für was die gehandelt werden, ein Schweinegeld!", doch er weigert sich, an "die Rendite" zu denken. "Den verkaufe ich erst, wenn ich kein Geld mehr habe, um den Kühlschrank zu füllen." 60 000 Euro ist der Sportwagen heute wert, noch fast genauso viel wie am ersten Tag. Welches Auto kann das schon von sich behaupten, erklärt er stolz.

Der Verkehr unterbricht seine Erzählung, vier Autos schleichen hinter einem Lkw her. "Das mit dem Sportregler ist mal eine schicke Geschichte, das finde ich cool", sagt Pfeiffer und schaltet in den Sportmodus, der für ein direkteres Handling sorgt und dafür, dass sich die Finger seines Beifahrers in die Tür krallen. Er schießt an der Schlange vorbei. "Das klingt so, wie man es sich vorstellt!", sagt der 56-Jährige zufrieden. "Mit dem kann man Spaß haben!"

Die Standardeinstellung, die auf Spritsparen ausgelegt ist, ist ihm "zu sehr Automatik", also zu träge. "Da merkt man richtig: 'Hallo, Fax an Motor! Wir fahren jetzt!'", kommentiert er. "Super Sport", in dem der 911er an sein Limit gebracht wird und deutlich ruppiger zur Sache geht, ist ihm zu viel des Guten: "Das ist mir zu nervig. Da fährst du plötzlich mit 4000 Umdrehungen in den Ortseingang."

Und verärgerte Passanten will heutzutage keiner mehr riskieren. Porsche zu fahren, ist angesichts drängender Klimaveränderungen und immer schärferer CO2-Vorgaben ein Vergnügen mit schlechtem Gewissen. Auf Ablehnung stößt Erwin Pfeiffer als Fahrer eines spritfressenden Sportwagens aber selten. Das war in den 90ern schlimmer, sagt er. "Da war ein Auto schon verdächtig, wenn es mehr als 150 fahren konnte."

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Mythos Porsche

Was ihm mehr Sorgen bereitet, ist der Mythos Porsche. Früher habe es im Prinzip nur den 911er gegeben, andere Modelle konnten sich nie in der breiten Masse durchgesetzen. Heute ist Porsche ein Volumenanbieter, der sein Geld mit "viertürigen Geländewagen" verdient. Die Bezeichnung SUV vermeidet er tunlichst, doch es ist zu merken, wie wenig er sich mit den "viertürigen Geländewagen" anfreunden kann. "Wir müssen das tolerieren, weil Porsche auf dem Markt sonst wahrscheinlich keine Zukunft hat", sagt er. "Der Mythos wird aber nicht von einem Cayenne, einem Macan oder einem Panamera definiert", erklärt er. "Sondern von dem hier ..." - und klopft auf die Armatur des 911er.

Auf die Frage, ob er sich denn nun für den neuen Porsche mit Turbo oder seinen alten Sauger entscheiden würde, zögert er lange und zieht hörbar die Luft ein. "Das ist eine Gewissensfrage", sagt er. Entscheiden kann er sich nicht. Dienstlich fährt er einen Audi A5 Sportback Diesel mit 190 PS. "Das ist ein komfortables Auto, das ist ein schönes Auto, das ist mit der Motorisierung wunderbar sparsam", führt er aus. "Aber der Spaßfaktor findet halt hier statt", sagt er, schaltet noch einmal in den Sportmodus und grinst über beide Backen, als der Turbomotor sich grollend zu Wort meldet.

Technische Daten Porsche 911 Carrera S PDK mit Sport-Chrono-Paket:

B6-Benzinmotor mit 3,0 Litern Hubraum und Turboaufladung; Leistung 309 kW (420 PS); max. Drehmoment: 500 Nm bei 1700 - 5000/min; Leergewicht: 1535 kg; Kofferraum: 145 l; 0 - 100 km/h: 3,9 s; Vmax: 306 km/h; Testverbrauch: 12,4 l / 100 km (lt. Werk: 7,7; CO2-Ausstoß: 174 g/km); Euro 6; Grundpreis: 116 359 Euro

Das Testfahrzeug wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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