Fahrbericht Mercedes GLA 45 AMG:Im Superheldenanzug

Mercedes GLA 45 AMG Edition 1

Der Mercedes GLA 45 AMG mit dem überaus auffälligen "Edition 1"-Paket.

(Foto: Daimler AG)

Der Mercedes GLA ist ein Auto wie Bruce Wayne und Batman: Der urgemütliche Geselle wird im AMG-Dress zum Vollgastier. Ein Fahrbericht des Sport-SUVs, das ein Grenzgänger zwischen Rennstrecke und Vorstadtsiedlung ist.

Von Thomas Harloff

Manch einer muss sich erst verkleiden, um seine dunkle Seite ausleben zu können. Superhelden machen das andauernd. Milliardär Bruce Wayne braucht dafür ein Fledermauskostüm, Peter Parker streift sich den rot-blauen Spiderman-Anzug über und Dr. Bruce Banner läuft grün an, um zum unglaublichen Hulk zu werden und seine Kleidung aus allen Nähten platzen zu lassen.

Wie diese Superhelden zu ihren im Normalfall unscheinbaren Alter Egos verhält sich die AMG-Version zum Standard-GLA, dem neuen Kompakt-SUV von Mercedes. Die Designer holten auffällige Dekorstreifen, Frontspoiler und Dachflügel aus dem Kleiderschrank, um einen braven Daimler in den GLA 45 AMG "Edition 1" zu verwandeln.

Doch es geht auch etwas unauffälliger. Trägt der Schwabe sein Superhelden-Gewand nicht, fällt er unter seinen schwächer motorisierten Brüdern kaum auf. Ein AMG-Schriftzug hier, ein "Turbo"-Emblem dort, ergänzt durch mindestens 19 Zoll große Räder und zwei eckige Auspuff-Endrohre, fertig ist der Modellathlet im Understatement-Dress. Ein automobiler Rächer einer fahrspaßorientierten Klientel, vor dem keine Kurve sicher ist, ist der GLA 45 so oder so.

Rekordverdächtiger Motor

Der Motor des Mercedes GLA 45 AMG.

Der Zweiliter-Vierzylinder-Turbo des Mercedes GLA leistet 360 PS.

(Foto: Daimler AG)

Ein automobiler Superheld muss schnell unterwegs sein. Da hilft ein starker Motor - im Fall dieses schnellen Schwaben ist es jener Vierzylinder-Benziner mit zwei Litern Hubraum und Turboaufladung, der bereits den A und den CLA 45 AMG in kompakte Leistungssportler verwandelt. 360 PS und ein Drehmoment-Maximum von 450 Nm liefert der laut Mercedes stärkste Vierzylinder der Welt. Rekordverdächtig ist zudem die Literleistung von 181 PS. Zur Einordnung: Ein aktueller Porsche 911 Turbo S leistet 147 PS pro Liter Hubraum.

Wie dieser Motor zu Werke geht, verdient höchste Anerkennung. Ansatzlos setzt der Motor Gaspedalbefehle in Vortrieb um, die sonst für Turbomotoren typische verzögerte Gasannahme haben die Ingenieure dem werksintern "M 133" genannten Reihenvierzylinder erfolgreich ausgetrieben. Die Hightech-Komponenten im Motor und in dessen Peripherie arbeiten äußerst harmonisch zusammen und entwickeln gemeinsam Kräfte wie Hulk, wenn nur noch Kleiderfetzen an seinem Körper hängen. Denn nicht nur das Ansprechverhalten, auch die Drehfreude und das völlige Fehlen eines Turbolochs begeistern.

Getriebe mit automatischer Zwischengasfunktion

Der Preis des Spaßes: Wer dem Motor alles abverlangt, kann locker einen Durchschnittsverbrauch von 20 Litern erreichen. Bei normaler Gangart sind Werte um die neun Liter realistisch. Nur die von Mercedes versprochenen 7,5 Liter dürften im Alltag kaum zu schaffen sein. Dass der GLA 45 in 4,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt und maximal 250 km/h schnell ist, wird ein Fahrer, der den offiziellen Verbrauchswert erreicht, nie in der Realität erleben - und könnte somit getrost zum Basismodell greifen

Auch das Doppelkupplungsgetriebe macht im Vergleich zum normalen GLA einen Sprung nach vorn. Im Sportmodus legt die Automatik, die dank zweier Kupplungen ohne Zugkraftunterbrechung schalten kann, die Fahrstufen sehr schnell ein. Beim Herunterschalten gibt sie zudem automatisch Zwischengas, damit die Anschlüsse bei den Drehzahlen besser passen, und lässt Bevormundungen sein, wenn der Fahrer im manuellen Modus unterwegs ist. Wer es etwas gemütlicher angehen lassen will, wählt den "C"-Modus. "C" steht für "Controlled Efficiency", in dem das Getriebe früher hochschaltet und damit die Drehzahlen senkt, was sowohl Spritverbrauch als auch Lautstärke senkt.

Mercedes GLA 45 AMG

Auch im unauffälligen Dress bleibt der Mercedes GLA 45 AMG ein agiler Kurvenjäger.

(Foto: Daimler AG)

Guter, aber nicht perfekter Allradantrieb

Im Getriebe befindet sich auch das System, das die Kraftverteilung zwischen den Rädern regelt. Bei normalen Bedingungen und nicht allzu hoher Leistungsabfrage ist der GLA 45 AMG als Fronttriebler unterwegs. Zudem sitzt am Hinterachs-Differenzial eine Lamellenkupplung. Erkennen die Systeme, dass die Vorderräder die Kraft nicht auf die Straße übertragen können, leiten sie die überschüssige Power nach hinten. Dies geschieht vollvariabel bis zu einem Verhältnis von 50 zu 50 Prozent.

In der Praxis funktioniert das sehr gut, wenn auch nicht perfekt. Meist haben die Räder am Kurvenausgang genug Traktion, um den GLA 45 AMG souverän zu beschleunigen. Vereinzelt merkt der Fahrer, dass ein Vorderrad zu viel Schlupf hat und der Allradantrieb einen Tick zu lang damit beschäftigt ist, die perfekte Drehmomentverteilung zu finden - gerade in engen Kurven. Zudem könnte es nicht schaden, hin und wieder etwas mehr als 50 Prozent der Leistung an der Hinterachse anliegen zu haben. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau, denn insgesamt bietet der Mercedes extrem viel Kurvenspaß.

Feinschliff an Lenkung und Fahrwerk

Das liegt auch an seiner Lenkung. Anders als die meisten elektromechanischen Servolenkungen, die aufgrund ihrer Leichtgängigkeit kaum Feedback von der Straße geben, ist die des GLA 45 recht schwergängig ausgelegt. Auch deshalb leitet sie viele Informationen von der Fahrbahn an die Fahrerhände weiter. Darüber hinaus macht sich der Feinschliff am Fahrwerk positiv bemerkbar. Viele Komponenten sind im AMG steifer und straffer ausgelegt als beim normalen GLA, was dem Auto in Sachen Fahrpräzision und -stabilität hilft.

Der Innenraum des Mercedes GLA 45 AMG.

Die Sportsitze des Mercedes GLA 45 AMG sind eine Sensation. Auch sonst der Rest der Inneneinrichtung passt.

(Foto: Daimler AG)

Zackig und flink folgt der Schwabe den Lenkbefehlen und klebt dann auf der Ideallinie. Dabei hilft ein kleiner Heckimpuls, der sich beim scharfen Einlenken zeigt und das Kompakt-SUV noch leichter in die Kurve drückt. Dieser "Kurvendynamik-Assistent" ist Bestandteil des ESP und funktioniert auch dann, wenn die Stabilitätskontrolle aktiviert ist. Diese bietet trotzdem einen "Sport Handling Mode", der noch später eingreift als ohnehin schon. Wer tatsächlich in die Verlegenheit kommt, auf eine Rennstrecke zu fahren, kann das System auch komplett ausschalten.

Genauso bequem, etwas weniger Platz für Gepäck

Trotz hervorragender dynamischer Anlagen behält der Mercedes GLA 45 AMG den sehr guten Fahrkomfort seiner langsameren Brüder zu weiten Teilen bei. Überhaupt ist diese typische Mercedes-Behaglichkeit, die auch den GLA auszeichnet, ebenfalls in der AMG-Version spürbar. Die Sportsitze sind überaus bequem, die Platzverhältnisse vorne und - mit kleinen Abstrichen - auch hinten stimmen. Lediglich beim Kofferraum gerät die Sportvariante ins Hintertreffen. Mit maximal 836 Litern Volumen bei umgeklappten Rücksitzlehnen ist das Gepäckabteil rund 400 Liter kleiner als bei den biederen Brüdern.

Letztlich steht fest: Der Mercedes GLA 45 AMG ist im Vergleich zu den schwächeren Varianten ein komplett anderes Auto, das seine sportlichen Talente zeigt, ohne die Qualitäten der Basisversion zu vernachlässigen. Allerdings lässt sich Mercedes das AMG-Prädikat teuer bezahlen. Mit einem Basispreis von 55.871 Euro kostet er knapp 1.300 Euro mehr als der direkte Konkurrent Audi RS Q3, liegt aber auch nur etwa 2.000 Euro unter dem neuen Porsche Macan S. Der ist gewiss kein Preisbrecher, aber immerhin eine Klasse höher angesiedelt.

Noch teurer wird das GLA-Topmodell, will man es ins Batman-Kostüm schlüpfen lassen. Für das "Edition 1"-Sondermodell werden noch einmal etwa 7.500 Euro Aufpreis fällig. Die kann man sich jedoch getrost sparen, denn der Mercedes GLA 45 AMG braucht keine Verkleidung, um der Superheld unter den sportlichen Kompakt-SUVs zu sein.

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