Fahrbericht Mercedes CLA:Nur ein bisschen unvernünftig

Seine Optik ist modern und elegant, seine Fahreigenschaften dynamisch und sportlich: Der Mercedes CLA bricht auf den ersten Blick mit dem seriösen Markenimage. Doch trotz aller modernen Elemente kann das viertürige Coupé seine Herkunft nicht verleugnen. Eine Ausfahrt.

Von Sascha Gorhau, Marseille

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Seine Optik ist modern und elegant, seine Fahreigenschaften dynamisch und sportlich: Der Mercedes CLA bricht auf den ersten Blick mit dem seriösen Markenimage. Doch trotz aller moderner Elemente kann das viertürige Coupé seine Herkunft nicht verleugnen. Eine Ausfahrt.

Man könnte sagen, der CLA ist die erste Limousine von Mercedes mit Frontantrieb. Ist er aber nicht. Der CLA ist ein Coupé mit vier Türen, der kleine Bruder des CLS. Von ihm hat er die gelungene Optik geerbt: flache Silhouette, rahmenlose Türen, kräftige Linienführung. Allerdings baut der CLA auf der Plattform der kompakten A-Klasse auf. Daher rührt auch ihr Frontantrieb.

Der etwas andere Mercedes

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Der Antrieb durch die Vorderräder ist auch das technische Hauptunterscheidungsmerkmal zum Konkurrenten aus dem eigenen Haus, der C-Klasse von Mercedes. Doch während die C-Klasse mit klassischer Limousinen-Form und gediegenem Charakter die typische Mercedes-Klientel anspricht, appelliert der CLA deutlich mehr an die emotionalen Argumente beim Autokauf: frische Optik, individueller Auftritt und zeitgemäße Multimedia-Features. Das alles richtet sich an eine Käufergruppe, die deutlich jünger ist als der typische, eher reife Daimler-Kunde.

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Auch das Innenleben wirkt entsprechend frisch und modern, erinnert an den Plattformgeber, die A-Klasse. Kein Wunder, knapp 70 Prozent der Teile beider Fahrzeuge sind gleich. Der CLA setzt sich lediglich durch optische Details wie Chromapplikationen oder einem mehrfarbigen Zentraldisplay von der A-Klasse ab.

Der etwas andere Mercedes

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Der freistehende Bildschirm soll an moderne Tablet-Computer erinnern, sieht aber dabei aus, als sei ein solches einfach an das Cockpit geklebt worden. Doch ansonsten hinterlässt der Innenraum einen wertigen Eindruck.

iPhone mit Navigations-App

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Ausgefuchste Multimedia-Lösungen hingegen waren bisher nicht das Steckenpferd der Schwaben. Diesmal gibt sich Mercedes moderner, erfindet das Rad allerdings nicht neu. Der CLA bietet beispielsweise die Option, anstelle der teuren Multimedia-Zentrale Command (3154 Euro Aufpreis) für vergleichsweise günstige 690 Euro das Drive-Kit-Plus zu erwerben. Damit werden Funktionen wie Navigation oder Internetanwendungen wie Facebook oder Twitter mittels einer App auf das Smartphone ausgelagert. Das Zentraldisplay dient lediglich der Darstellung. Das allerdings ist nicht neu: Opel hat das pfiffige Konzept beispielsweise längst im Adam etabliert. Außerdem ist die Technik bisher nur für ein einziges Smartphone verfügbar, die vierte Generation von Apples iPhone (im Bild).

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Die großzügigen Sitzverhältnisse im Vorderraum bereiten da mehr Freude. Angesichts der geduckten Coupé-Silhouette ist das nicht unbedingt erwartbar. Die Sitze bieten durchaus Langstreckenqualität. Der Komfort der zweiten Sitzreihe indes ist der flachen Fahrzeuglinie zum Opfer gefallen: Die Kopffreiheit ist gering, das Platzgefühl insgesamt beengt.

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Da bietet der große Bruder CLS deutlich mehr Raum auf den hinteren Sitzbänken. Das überrascht allerdings nicht. Vielmehr verblüfft das ausgewogene und reife Fahrverhalten des kompakten CLA. Mercedes hat dem kleinen Coupé einen sehr gut funktionierenden Frontantrieb mit auf den Weg gegeben. Lenkkräfte sind im Volant praktisch nicht spürbar. Passend zum sportiven Anspruch lenkt sich der CLA sehr direkt, ohne übertrieben nervös zu reagieren.

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Jedoch reagiert die Lenkung nicht nur, sie agiert auch selbst: Die sogenannte Direktlenkung ist serienmäßig an Bord. Das bedeutet, dass das ESP selbständige Eingriffe in die Steuerung vornimmt, beispielsweise Richtungsänderungen beim starken Bremsen oder ein Gegenlenken beim Übersteuern. Die Maßnahmen sind zuerst gewöhnungsbedürftig, sind sie doch ein weiterer Schritt zur Entmündigung des Fahrers. Wer sich allerdings erst einmal damit angefreundet hat, muss einräumen, dass sie ihren Dienst tadellos erfüllen und im Zweifelsfall ein Plus an Sicherheit bedeuten.

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Dennoch kommt beim frontgetriebenen Mercedes der Fahrspaß nicht zu kurz. Das liegt einerseits am bereits erwähnten Fahrwerk. Serienmäßig ist das sogenannte Komfort-Fahrwerk an Bord, das einen gelungen Alltagskompromiss darstellt und für die meisten Käufer ausreichen sollte. Das Sportfahrwerk steht dem Wagen in leistungsstärkeren Versionen besser zu Gesicht. Dann lohnt sich auch der Gedanke an die Allradversion, um die Kraft souveräner auf die Straße zu bekommen. Die im Herbst erscheinende Topversion, der CLA 45 AMG mit 360 PS, wird serienmäßig von allen Rädern angetrieben.

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Die Motorenpalette bietet ausschließlich aufgeladene Vierzylinder. Die Benziner sind allesamt drehfreudig und entwickeln bei hohen Drehzahlen eine bissige Geräuschkulisse. Den Einstieg bildet der CLA 180. Aus 1,6 Litern generiert er 122 PS. Der CLA 200 leistet mit demselben Hubraum 155 PS.

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Vorläufiges Spitzenmodell ist der CLA 250 mit zwei Litern Hubraum und 211 PS. Vor allem der große Benziner konnte auf der Testfahrt mit guten Fahrleistungen und moderatem Verbrauch überzeugen. Knappe siebeneinhalb Liter verbrannte er durchschnittlich auf 100 flott gefahrenen Kilometern. Die beiden schwächeren Versionen lagen noch fast einen halben Liter darunter. Beide sind außerdem nur mit einem ziemlich knochigen Sechsganggetriebe lieferbar. Das Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Schaltstufen beim 211-PS-Benziner hinterlässt hingegen einen tadellosen Eindruck.

Mercedes plant weitere Varianten des CLA

Quelle: dpa-tmn

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Wesentlich unharmonischer präsentiert sich der momentan einzige zur Verfügung stehende Diesel, der CLA 220 CDI (im Bild). So mechanisch rau der Selbstzünder läuft, so laut schallt er in den Innenraum hinein. Paradox: Das ist gleichzeitig ein Lob für die Aerodynamiker der CLA-Entwicklungsabteilung. Der Wagen verfügt über einen sehr niedrigen Luftwiderstandswert. Das mindert den Verbrauch und auch die Geräusche im Innenraum. Dadurch ist der Motor umso präsenter in der Fahrgastzelle. Das ist ungewohnt und passt nicht zum Fahrgefühl eines Mercedes - auch nicht, wenn der modern und sportlich sein soll wie des CLA. Nicht in die Zeit passt zudem der relativ hohe Verbrauch des Selbstzünders, fast sieben Liter waren es durchschnittlich während der Testrunde.

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Vielleicht macht der CLA 200 CDI mit 136 PS seine Sache besser. Er soll im Sommer erscheinen. Sein Preis steht noch nicht fest. Der Einstiegspreis in die CLA-Welt indes schon: Mindestens 28.976,50 Euro kostet das viertürige Coupé in der Grundversion CLA 180. Der bisher einzig erhältliche Diesel CLA 220 CDI kostet mindestens 37.990,75 Euro. Knapp darüber mit 38.675 Euro rangiert das aktuelle Topmodell CLA 250. Das alles sind allerdings Grundpreise. Die üppige Sonderausstattungsliste jedoch wird den Durchschnitts-CLA deutlich verteuern. Da kann sich der Wagen so modern und unkonventionell geben: Im Kern ist er eben doch ein echter Mercedes - sicher, solide und ausgewogen.

Die Reisekosten zur Präsentation des Mercedes CLA wurden teilweise vom Hersteller übernommen.

© süddeutsche.de/Imago/Mercedes-Benz/pauk/rus
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