Fahrbericht: BMW M3:Donner und Doria

Auf trockener Rennpiste verneigen sich selbst eingefleischte Techniker von Audi, Porsche oder Mercedes vor dem M3. Die Verbeugung dürfte beim neuen Münchner Boliden noch tiefer ausfallen.

Stefan Grundhoff

Rückblende: das blaue 3er Coupé kascht sich am Ende von Start und Ziel einen silbernen 500er SEC und gleich noch einen Honda Civic. In der Runde danach, an gleicher Stelle, einen flotten 190er Mercedes und einen anderen 3er. Eine Szene aus den Morgenstunden des 24-Stunden-Rennens am Nürburgring vor ein paar Wochen. Der blaue 3er ist ein M3, Baureihe E36. Beliebt bei Motorsportfans weil gut, günstig und insbesondere schnell. Privater und semiprofessioneller Motorsport ohne BMW M3 - nahezu undenkbar.

BMW M3

Viele fahren ihn zum Posen, einige zum Rasen und einige lieben die nahezu perfekte Symbiose aus Alltagsnutzen und Rennpotenzial.

(Foto: Foto: Pressinform)

Erster M3 mit V8-Power

In den Münchner BMW-Büros wurde lange diskutiert, ob man das 66.650 Euro teuren Teil wirklich derart scharf zeichnen dürfte. Stattdessen hätte man lieber die schlechte Serienausstattung auf Vordermann bringen sollen.

Überraschend klar und deutlich kraftvoller setzt er sich von seinen alles andere als unsportlichen Coupé-Brüdern ab. Buckel auf der Motorhaube, vier Endrohre und neu kreierte M3-Spiegel: Wer den bösen M-Blick im Rückspiegel sieht, weiß, was ihm die Stunde geschlagen hat.

Und: Erstmals gibt es einen M3 mit V8-Power. Der Druck aus Ingolstadt und Stuttgart war dabei ebenso groß wie der aus dem eigenen Haus. Schließlich ist der aktuelle 335er schon mit über 300 PS unterwegs.

Nach ein paar schnellen Kurven weiß man schnell, wo der Hase rennt. Der Leistungssportler ist scharf, aber angenehm neutral geraten. Er hat Biss und eine coole Sportlichkeit, fühlt sich auf Rennstrecken und Landstraßen zu Hause wie kaum ein anderer. Zumindest auf trockener Rennstrecke ist er kaum zu bremsen - im Regen hat die allradgetriebene Audi-Armada nach wie vor Vorteile. Die ideale Gewichtsverteilung von 50:50 wird man bei der etablierten Konkurrenz mit einem weinenden Auge sehen. Der M3 verhält sich auch im Grenzbereich lammfromm, mag Gaspedalstöße jeglicher Art und kann sogar damit umgehen, wenn in schnellen Kurven verzögert wird. Während BMW auch bei den großen Brüdern M5 oder M6 die große Motorsportlichkeit proklamiert, ist der M3 der einzige Bayer, der real nicht nur im Straßenverkehr bewegt wird.

Donner und Doria

Ein Ausflug auf die internationalen Rennstrecken von Nürburg, Monza oder Homestead zeigt, wie motorsportbegeistert viele M3-Piloten sind. Viele fahren ihn nur zum Posen, einige zum Rasen und einige lieben einfach diese nahezu perfekte Symbiose aus Alltagsnutzen und Rennpotenzial.

Überdimensional ist der Unterschied zu seinem potenten Vorgänger E46 nicht. Der war mit seinem ebenfalls hoch drehenden Sechszylinder und 343 PS alles andere als eine müde Nummer. Erwartungsgemäß kann der neue M3 alles ein bisschen besser, doch nur Profis können die echten Unterschiede herausfahren. Er sieht zwar schärfer aus und fährt sich aber bei allem Tatendrang schwiegermuttertauglicher denn je. Er ist stramm, sogar sehr stramm gefedert. Doch keine Spur von einem harten Prügel. Dazu tragen insbesondere die nicht allzu breiten 245er bzw. 265er Reifen auf 18-Zoll-Felgen bei. Sie garantieren den nötigen Restkomfort auf ruppiger Piste.

Ärgerlich bei einer Sportskanone: Bei Tempo 250 ist Schluss

Die grandiose Lenkung, die bissige Bremse, die phantastische Handschaltung und die exzellenten Sitze - kennt man alles schon vom Vorgänger. Durch die Verwendung zahlreicher Leichtbauelemente spart der bullige Hecktriebler mächtig an Gewicht, bringt aber immer noch knapp 1,7 Tonnen auf die Waage. Wunder können auch Aluminium-Lenker, CFK-Dach und Kohlefaserkomponenten nicht vollbringen, sorgen jedoch für ein spielerisches Fahrverhalten.

Ärgerlich und bei einer solchen Sportskanone unpassend: auch der neue M3 muss sich bei 250 km/h einbremsen lassen, obwohl er locker über 300 km/h laufen würde. Das Tachoende ist erst bei 330 km/h erreicht. Zumindest bei der Beschleunigung lassen die Bayern ihrem Vorzeigerenner freien Lauf: Die Sause von 0 auf 100 km/h in 4,8 Sekunden wird von einem solchen Brüllen begleitet, dass man es gleich noch einmal versuchen möchte. Acht Zylinder, vier Liter Hubraum, 309 kW/420 PS und 400 Nm maximales Drehmoment bei 3900 Touren klingen nicht mehr so beeindruckend wie vor ein paar Jahren, fahren sich unanständig schnell und absolut unspektakulär. Bei einem solchen Straßenrenner sind Sparrekorde zwar nicht zu erwarten, aber 12,4 Liter SuperPlus auf 100 Kilometer klingen einigermaßen vernünftig (CO: 295 g/km).

Es wird nicht der einzige M3 bleiben. Zu einem späteren Zeitpunkt kommt ein teilautomatisiertes Getriebe und das wenig sinnvolle Cabriolet, das selbst ambitionierte Motorsportfans nicht wirklich erklären können. Aber die Sonnenanbeter-Märkte in den USA, dem mittleren Osten und - man höre und staune - Großbritannien lieben gerade die offenen Versionen. Ähnlich wie bei den Vorgängern müssen flotte Familienväter dagegen auf einen M3 Touring verzichten. Hier bleibt nur ein Ausflug zum M5 oder nach Ingolstadt.

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