Fahrbericht Audi A3 e-tron:Ökosiegel deluxe

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Mit dem A3 e-tron bietet Audi ab kommendem Winter seinen ersten Plug-In-Hybriden an. (Foto: Audi)

Rein elektrisch, aber bei Bedarf auch weit und schnell: Obwohl er einige Zugeständnisse erfordert, ist der A3 e-tron das ideale Auto für alle Gelegenheiten. Richtig schade ist, dass sich Audi beim Preis verrechnet hat.

Von Thomas Harloff, Wien

Bei manchen nagelt der Diesel los wie der Motor eines betagten Traktors, andere manchen starten einen dezent vor sich hin tuckernden Vierzylinder-Benziner und wieder andere - wenige - lassen einen wummernden V8 oder gar einen kreischenden V10 an. Der Motor des eigenen Autos ist ein vertrautes Geräusch. Die meisten Autofahrer können auf den Weckruf des Auspuffs, meist untermalt von einem Auswurf an Abgasen und - im Falle eines unzureichend abgasgereinigten Dieselmotors - manchmal auch von schwarzen Rußpartikeln, gerne verzichten. Manchen ist er so lästig wie der eigene Husten am Morgen. Wäre toll, wenn es leiser ginge. Und umweltfreundlicher.

Dabei geht es längst leiser. Es braucht nicht einmal ein reines Elektromobil, um die Momente der Stille im eigenen Auto auf dem täglichen Weg zur Arbeit zu genießen. Die meisten Hybridmodelle, von denen es inzwischen reichlich gibt, werfen beim Anlassen erst den Elektromotor an - und der gibt in der Regel keinen Mucks von sich.

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Von Thomas Harloff

Audis erster "Plug-In-Hybrid"

So auch der ausschließlich als Fünftürer erhältliche A3 e-tron. Der ist zwar nicht Audis erstes Modell, bei dem ein Verbrennungs- mit einem Elektromotor zusammenarbeitet, bringt aber dennoch eine Neuerung in die Angebotspalette. Erstmals seit dem wenig erfolgreichen A4 Avant Duo von 1996 bietet ein Auto des Ingolstädter Herstellers die Möglichkeit, die Batterie, die den Elektromotor mit Strom versorgt, extern aufzuladen, wenn das Auto parkt. Dafür müssen nur die vier Ringe des Markenlogos im Kühlergrill beiseite geschoben und der dahinter versteckte Stromanschluss per Ladekabel mit einer Haushalts- oder Industriesteckdose verbunden werden.

"Plug-In-Hybrid" nennt sich die Technologie im Fachjargon, und sie vermag theoretisch, aus einem elektrisch angetriebenen Auto ein Fortbewegungsmittel für jede Gelegenheit zu machen. Anders als bei einem Stromer vom Schlage eines BMW i3 oder VW E-Golf schließt die Möglichkeit, rein elektrisch und in emissionsfreier Fahrt durch die Innenstadt oder zum Arbeitsplatz zu gelangen, beim A3 e-tron einen mehrere hundert Kilometer langen Trip nicht aus. Im Gegenteil, die Kraft der zwei Herzen soll gar für eine größere Reichweite sorgen. Im Fall des Audis liegt die Gesamtreichweite bei 940 Kilometern. 50 Kilometer und ein maximales Tempo von 130 km/h sollen ausschließlich mit elektischer Kraft möglich sein, so der Hersteller.

Der Stromanschluss liegt hinter dem Markenlogo im Kühlergrill, das beim Laden einfach zur Seite geschoben wird. (Foto: Audi)

Elektrisch und lautlos durch Wien

Das tägliche Mobilitätsbedürfnis möglichst sparsam und damit kostengünstig bewältigen, dabei die Umwelt schonen (wenn der Strom möglichst aus erneuerbaren Energien kommt) und dennoch für alle Eventualitäten gerüstet sein: Es liest sich eigentlich zu schön, um wahr zu sein, funktioniert in der Praxis aber gut - jedenfalls bei dem von Audi vorgegebenen Testfahrt-Szenario. Die Tour startet mit ein paar rein elektrisch gefahrenen Kilometern durch Wien, geht dann über in eine in den verschiedenen Hybridmodi zurückzulegende Landstraßen-Schleife westlich der Stadt, bis sie schließlich mit den im Akku verbliebenen Kilowattstunden zurück zum Ausgangspunkt führt.

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Etwas Stadt, viel Landstraße, keine Autobahn: Man sollte annehmen, dass sich der Audi A3 e-tron auf dieser Tour nicht allzu weit von den nach offizieller ECE-Norm ermittelten Verbrauchs- und CO₂-Werten von 1,5 Litern und 35 g/km entfernt. Doch nach exakt 106,9 Kilometern berichtet der Bordcomputer von einem Durchschnittsverbrauch von 4,2 Litern, was einem CO₂-Ausstoß von 99,5 g/km entspricht. Das ist nicht schlecht angesichts einiger zügiger Überlandpassagen, zeigt aber einmal mehr die Realitätsferne des Normverbrauchs an - gerade bei Hybrid- und Elektroautos.

Zurückhaltung im Trinkverhalten soll aber nicht die einzige Qualität des Kompaktklasse-Hybriden sein. Laut Audi dürfen die Kunden ruhig höhere Ansprüche an den e-tron stellen, und neben Spar- auch Fahrspaß erwarten. Die Voraussetzungen dafür sind, wenn der E- und der Verbrennungsmotor zusammenarbeiten, angesichts der Systemleistung von 204 PS und einem maximalen Drehmoment von 350 Newtonmetern vorhanden.

Tatsächlich zieht der A3 im Hybridmodus beim Tritt aufs Gaspedal kräftig an, wenn auch untermalt vom brummigen, fast schon mürrisch anmutenden Klang des 1,4-Liter-Vierzylinder-Turbobenziners. Wer möchte, kann in 7,6 Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigen und mit einer Höchstgeschwindigkeit von 222 km/h über die Autobahn fliegen. Dass der Begriff "Hybridauto" dann nicht mehr als Ökosiegel taugt, weil sich der Audi ähnlich trinkfest präsentiert wie seine ausschließlich mit Verbennungsmotoren angetriebenen Modellgeschwister, versteht sich von selbst.

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Zudem hat die Sache mit dem Fahrspaß ihre Grenzen. Und zwar dann, wenn der A3 e-tron seine Masse durch Kurven bewegen muss. Er wiegt mindestens 1540 Kilogramm - drei Zentner mehr als ein A3 2.0 TDI mit Dieselmotor. Allein 125 Kilogramm entfallen auf die aus 96 Zellen bestehende und unter der Rücksitzbank verstaute Batterie. Auch der Elektromotor und die komplexe Elektronik des Antriebs, verbunden mit vielen zusätzlichen Kabelsträngen, bringen viel Gewicht ins Auto.

Der e-tron erfordert Zugeständnisse

Das zwingt den Hybrid-A3 bei dynamischer Gangart früher ins Untersteuern als Modelle mit konventionellen Antrieben. Zusätzlich mindern die Leichtlaufreifen die Traktion des Fronttrieblers, was besonders bei feuchter Fahrbahn auffällt. Geschmackssache ist die allzu leichtgängig und gefühllos geratene Lenkung. Was in der Stadt den Komfort erhöht, entkoppelt den Fahrer auf der Landstraße zu sehr vom Geschehen und dämpft den Kurvenspaß merklich. Darüber hinaus fallen das überaus straff abgestimmte Fahrwerk und der im Vergleich zum normalen A3 von 380 auf 280 Liter Fassungsvermögen geschrumpfte Kofferraum negativ auf.

Ansonsten ist der e-tron ein typischer Audi. Er ist kein modischer, aber ein selbstbewusster Typ, der den Strellson-Anzug abgelegt hat und mit seinem Chromgrill, den 17-Zoll-Felgen ein paar Anbauteilen aus dem hauseigenen Zubehörprogramm in einen Anzug von Hugo Boss geschlüpft ist. Hinzu kommt das gewohnt technokratisch-durchdachte, wenn auch unspektakulär gestaltete Interieur und das exzellente Infotainmentsystem mit seiner wunderbar intuitiven Bedienlogik. Dieses Auto ruht in sich. Wenn man sich darin geräuschlos fortbewegt, setzt unweigerlich eine Phase der Entspannung ein. Wenn da nicht diese enorme Bürde wäre, die Audi dem A3 e-tron aufgeladen hat und die auch die meisten Käufer dieses Autos umtreiben dürfte.

Powermeter statt Drehzahlmesser: Dieses Instrument verrät, wann welcher Motor aktiv ist. Der Rest des Innenraums gleicht weitgehend den anderen A3-Varianten. (Foto: Audi)

8000 Euro Preisnachteil

Damit sind nicht die Ladezeiten gemeint. Drei Stunden und 45 Minuten an der Haushaltssteckdose, zwei Stunden mit Industriestecker - andere Plug-In-Hybride tanken ihren Strom in ähnlichen Zeitspannen. Und wenn die Zeit fehlt, tankt man eben einfach Benzin. Nein, der große Nachteil des e-tron ist sein Preis. Bei 37 900 Euro geht er los. Das ist sehr viel Geld, wenn man bedenkt, dass der in fast allen Daten gleichwertige und gewiss nicht billige A3 2.0 TDI lediglich 29 750 Euro kostet. Der ist zwar etwas schlechter ausgestattet, aber auf die in Hybriden serienmäßigen Merkmale wie das S-Tronic-Doppelkupplungsgetriebe, LED-Licht und 17-Zoll-Felgen verzichten viele Interessenten zugunsten eines günstigeren Preises gerne.

Und so ist es beim Audi A3 e-tron genau wie bei allen anderen Autos mit Elektromotor, die hierzulande angeboten werden: Damit er die Umwelt wirklich schonen kann, muss sich das Fahrprofil seines Piloten in sehr engen Grenzen bewegen. Und wer nachrechnet, und das tun die Flottenmanager der Industriefuhrparks noch intensiver als so mancher Privatkunde, wird den Diesel auch für Vielfahrer als das günstigere Auto identifizieren. Allein das wird hohe Verkaufszahlen verhindern.

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Letztlich ist der A3 e-tron ein Auto für eine ebenso zahlungskräftige wie technikbegeisterte Klientel, die mehr will als nur Freude am Fahren und Sparen. Der Fahrer sollte Spaß daran haben, die vielen verschiedenen Hybridmodi, deren Aufzählung und Funktion hier den Rahmen sprengen würde, auszuprobieren und die effizienteste Möglichkeit zu entdecken, durch Rekuperation Bremsenergie zurückzugewinnen. Otto-Normal-Von-A-Nach-B-Fahrer werden auch weiterhin zu einem Auto mit Benzin- oder Dieseltriebwerk greifen - und den Klang des Verbrennungsmotors einfach in Kauf nehmen.

Die Reisekosten zur Präsentation des Audi A3 e-tron in Wien wurden teilweise vom Hersteller übernommen.

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