Mercedes E 250 CDI T-Modell:Fast ein Außerirdischer

Einmal quer durch die Republik mit dem neuen T-Modell der E-Klasse: ein Wagen, der uns fast außerirdisch vorkommt. Ein Erlebnisbericht.

Lars Langenau

Es gibt Tage mit dermaßen steifen Nacken, dass nur Massage hilft. Manche Arbeitgeber bieten das ja an: Massagen während des Jobs. Eine tolle Sache. Sich durchkneten lassen um dann wieder geradeaus schauen zu können. Aber Dauermassage ist auch da nicht möglich.

Aber wenn man "Rücken" hat wie Horst Schlämmer, muss man sich Massagen verschreiben lassen. Oder auf Urlaub warten. Und da sind wir inzwischen Profi, Massage-Profi. So sind wir etwa durch den gesamten Nahen Osten gereist auf der Suche nach dem besten Hamams. Von Istanbul bis Kairo.

Und wir können Euch sagen: Die besten Massagen gibt es in den Bädern von Bursa. Aber türkische Schlachterhände sind was für ganz taffe. Für die nicht ganz so starken Menschen ist eine Ayurveda-Massage beispielsweise auf Sri Lanka empfehlenswert. Die ist sehr viel sanfter - und wird bevorzugt von kleinen asiatischen Fingern durchgeführt. Ach, wir geraten ins Schwärmen.

Nun gut, sowas gibt es in Good Old Germany nicht, oder zumindest nur mit starker Einbildungskraft. Aber es gibt neuerdings diese rätselhaften Massagestühle auf den Flughäfen und immer öfter auch in Kaufhäusern. Das Ambiente jedoch ist eher abschreckend.

Eine Alternative - oder zumindest etwas, das nahe drankommt an die Rückenbehandlung aller möglichen Arten - bietet die neue E-Klasse von Mercedes-Benz. Das hört sich jetzt etwas schräg an nach der Einführung, ist es aber gar nicht. Wir durften die Kombiausführung für unseren Automann bei Sueddeutsche.de testen - und der versprach uns nicht zu viel: einen tollen Wagen. Wir bekamen eine E-Klasse, das T-Modell. ET - der Außerirdische. Toll, haben wir uns da gedacht.

Also machen wir uns auf den Weg: Der Vater mit seinen zweieinhalb und sechs Jahre alten Töchtern. Von München nach Hamburg und zurück. Mehr als 600 Kilometer. One Way. Ok, ein Außergalaktischer ist noch weitere Entfernungen gewöhnt.

Für uns ist das schon irgendwie ein Brocken, zumal mit manchmal auch quengeligen Kindern auf dem Rücksitz des Raumschiffs. Aus der Not machten wir eine Tugend: eben mit dem Kombi, den die Stuttgarter Autobauer konsequent T-Modell nennen.

In einer Wohnung zur Oma

Die Kinder staunten vor allem beim Preis des Wagens, der da nun vor der Haustür stand: 43.048,25 Euro. In der Grundausstattung wohlgemerkt. Dafür könnte man wohl auch in München eine kleine Wohnung, ok, sehr kleine Wohnung, kaufen. Die Kinder sind vollkommen aus dem Häuschen: in einer Wohnung zu Oma fahren.

Gewöhnt sind sie einen 27 Jahre alten Volvo, der vor zehn Jahren 500 Euro gekostet hat und dessen Himmel mit Reißzwecken befestigt ist, damit der Deckenbezug beim Fahren nicht auf den Köpfen liegt. Kürzlich riss ihm auch noch der Tankdeckel ab, weil wir ihn nach einem halben Jahr für fünf Euro durch die Waschanlage getrieben haben.

Der Wagen wird von der gesamten Familie zärtlich "Olof" genannt - wegen Olof Palme, dem alten Schweden. Er hat fast 300.000 Kilometer auf dem Buckel - und ist nur schwer vergleichbar mit der neuen T-Klasse. Wir wissen das.

Nennen wir das T-Modell umgangsformhalber einfach ET-Klasse. Weil: Ein wenig Außerirdisch kam uns das Gefährt ja dann doch vor. Wie gesagt, die Kinder sind angetan von dem neuen, "unseren" Fahrzeug: "Papa, muss man da eigentlich noch was selbst tun?" fragen sie gleich nach den ersten Kilometern. Und wir können es nicht abstreiten, wir haben wirklich kaum noch etwas selbst zu tun.

Wir sitzen in einem Fahrzeug mit äußerst edler Ausstattung, mit Automatik-Getriebe, haben es geschafft, das Navigationsgerät einzustellen, den Fünffach-CD-Wechsler zunächst mit Radiohead und Kinderliedern und später mit dem Hörbuch des Kleinen Hobbits zu füttern - und entdecken auf der Autobahn die Vorzüge des Tempomats.

Der Tempomat wird uns auf der Reise immer wichtiger und verspricht einigermaßen Abenteuer, die uns helfen, nicht in den Sekundenschlaf zu fallen. Denn mit dieser Innovation wird in der neuen E-Klasse auch selbst gebremst, wenn irgendein Idiot auf unsere, jawohl unsere, linke Spur wechselt.

Das Auto sieht toll aus, es ist schnell und spritzig. Es ist nicht aus Porzellan (!), außerordentlich geräumig auf dem Fahrersitz und für kleine Kinder auf der Rückbank - und hat unglaublich viel Stauraum. Und es verfügt über so viel Technik im Inneren, dass wir, obwohl der Kauf dieses Wagens bei unserem Gehalt ohnehin völlig ausgeschlossen ist, schon zu Beginn Angst vor der Reparatur hätten.

Waschbär-Rücken

Beschränken wir unsere Bewertung also auf den schon ausgiebig gelobten Tempomaten und die Massagefunktion des "Multikontursitzes". Die ist so gut, diese Massagefunktion im Lendenwirbelbereich, dass wir auch nach mehreren hundert Kilometern bei einer Pinkelpause ein Erlebnis jugendlicher Frische haben und fast auf die sonst so gewöhnte Kurzgymnastik in der Haltebucht verzichten können.

Ein Luftkammerpaket wandert da die gesamte Fahrt von oben nach unten und dann von oben nach unten. Herrlich! Dynamisches Sitzen nennen das Orthopäden - und die Orthopäden von Mercedes-Benz haben das toll umgesetzt. Großes Lob. Auch von den Kindern die das bei einer Pause natürlich selbst mal ausprobieren wollen und die die Bedienung selbst mit noch nicht einmal drei Jahren schnell beherrschen.

Nun ja, der Vergleich mit den Hamams und der Ayurveda erscheint vielleicht doch ein wenig weit hergeholt, aber tatsächlich führt diese Massage-Funktion zu einem wohltrainierten Sitzfleisch.

Wir fühlen uns ein wenig wie bei diesen Dauerwerbesendungen im Spätprogramm der Privaten, in denen uns Bodybuilder und unnatürlich geschminkte Aerobic-Tussen glauben lassen wollen, dass wir uns nur so ein Rüttelteil umbinden müssen und schwupps ist aus unserem Waschbär-Bauch ein Waschbrettbauch geworden.

Nun haben wir nach mehr als 1200 Kilometern Fahrt mit ET einen Waschbrettbauch auf dem Rücken. Aber das sieht ja wieder keiner.

Summa Summarum: ein tolles Gefährt. Dumm nur, dass so ein Teil zum Schnellfahren verführt - und wir an der Autobahn bei Walsrode 26 km/h zu schnell gefahren sind: 3 Punkte in Flensburg und 80 Euro Strafe. Aber irgendwie haben die sich auch gelohnt. Und, fürs Protokoll: Unser Durchschnittsverbrauch pendelte sich bei knapp unter neun Litern ein.

Außerdem sind wir sicher von einem Ende der Republik gekommen und wieder zurück. Wir haben ET richtig lieb gewonnen. Abschließend hatten wir das Gefühl, ET wolle nicht nach Hause nach Stuttgart, sondern bei uns bleiben. So sehr hatten wir uns an den Wagen gewöhnt.

Aber dann wäre Olof traurig gewesen, der alte Schwede.

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