Ende des Preiskriegs:Kfz-Versicherungen werden deutlich teurer

Unfallschild und Polizist bei einem Verkehrsunfall

Autoversicherungen werden bald deutlich teurer.

(Foto: Armin Weigel/dpa)

Jahrelang lieferten sich die deutschen Autoversicherer einen Preiskampf - schlecht für ihre Bilanz, gut für die Kunden. Jetzt haben die Konzerne genug von den Verlusten.

Von Herbert Fromme

Große deutsche Autoversicherer bereiten kräftige Preiserhöhungen vor. Nach SZ-Informationen könnte die Verteuerung bei der Allianz, dem nach Umsatz größten Anbieter in Deutschland, bis zu zehn Prozent betragen - und das nicht nur für Neukunden, sondern für alle Versicherten. "Wir nehmen zu solchen Spekulationen nicht Stellung", sagt eine Sprecherin. Andere Anbieter planen Erhöhungen in ähnlicher Dimension, heißt es in der Branche.

"Die Versicherer haben Ende 2012 die Preise für 2013 in der Autoversicherung im Schnitt um 5,4 Prozent erhöht", sagt Michael Pickel. Er ist Vorstand der Hannover Rück, einem der größten Rückversicherer von deutschen Autoversicherern. "Ich bin fest überzeugt, dass die Gesellschaften für 2014 noch einmal in dieser Höhe die Preise anpassen." Für Neukunden waren die Preiserhöhungen 2012 noch üppiger, sagt Marco Morawetz vom Rückversicherer Gen Re. "Wir haben eine mittlere Anhebung von 7,3 Prozent bei PKW im Neu- und Ersatzgeschäft gemessen."

Auch wenn die Euphorie für Preiserhöhungen bei fast allen Versicherern herrscht - für Verbraucher lohnt sich weiterhin der Vergleich zwischen den Anbietern. "Der eine oder andere hält dagegen, auch mancher Newcomer", sagt Morawetz. "Wenn die Preise im Durchschnitt steigen, heißt das nicht, dass alle Anbieter anheben." Gerade im Online-Bereich gebe es Bewegung.

Ein paradoxer Trend

Mehrere Internet-Portale vergleichen für Verbraucher Preise mehrerer Autoversicherer und kassieren bei Abschluss Provisionen von ihnen. Sie versuchen jetzt, vermehrt Kunden auf ihre Vergleichs-Seiten zu bekommen, die durch Preiserhöhungen verärgert sind.

Allerdings hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, dass in Zeiten steigender Preise weniger Autofahrer ihren Versicherer wechseln als in Phasen sinkender Tarife - ein paradoxer Trend. Offenbar glauben die Kunden, dass sie bei allgemeinen Erhöhungen ohnehin nirgendwo deutlich günstigeren Versicherungsschutz finden.

Die jetzige Welle von Erhöhungen folgt einem Preiskrieg, den sich die Branche von 2004 bis 2010 lieferte. Damals wollte die Allianz die stetigen Verluste an Marktanteilen nicht länger hinnehmen und stieg mit Kampfpreisen ein. Die Folge: Autofahrer können bis heute ihre Fahrzeuge so billig wie seit Jahrzehnten nicht versichern. Im Durchschnitt zahlten deutsche Autohalter 1995 für ihre Haftpflichtversicherung 289 Euro, für die Vollkaskodeckung 431 Euro - zusammen 720 Euro. Im vergangenen Jahr waren es nur 504 Euro, davon 228 Euro Haftpflicht und 276 Euro Vollkasko. Die Teilkaskoversicherung kostete 1995 noch 99 Euro, 2012 nur noch 83 Euro.

Preiskrieg bedeutet Verluste

Spätestens seit 2011 versuchen die Versicherer, den Trend zu drehen. Denn der Preiskrieg bedeutet herbe versicherungstechnische Verluste. Die Gesellschaften geben mehr für Schäden sowie Vertriebs- und Verwaltungskosten aus, als sie an Prämien einnehmen. Das technische Ergebnis ist seit 2008 negativ - auf dem Höhepunkt hat die Branche 2011 ganze 1,6 Milliarden Euro mehr ausgegeben als die 20,9 Milliarden Euro, die sie an Prämien einnahm. 2012 betrug das Negativsaldo immer noch rund 260 Millionen Euro.

Eigentlich hatten die Gesellschaften für 2013 fest mit einem positiven technischen Ergebnis gerechnet. "Doch diese Hoffnung hat der Hagel zerschlagen", sagt Pickel von der Hannover Rück. Allein bei der HUK-Coburg, nach Stückzahl der Marktführer, sorgten die Eiskristalle für Schäden von knapp 100 Millionen Euro.

Außerdem werden die Autoversicherer von den niedrigen Zinsen gebeutelt. Denn die Kapitalanlagen in der Autoversicherung sind außergewöhnlich hoch - schließlich müssen die Versicherer für lang laufende Leistungen an Unfallopfer Vorsorge treffen. Die Zinsen aus diesen Kapitalanlagen gehen zwar nicht in die technische Rechnung ein, sind aber für die Ergebnisse der Versicherer dennoch sehr wichtig. Jahrelang haben viele Gesellschaften trotz versicherungstechnischer Verluste betriebswirtschaftlich gut verdient. Doch wegen der niedrigen Zinsen ist das heute kaum möglich. "Die Investmenterträge bleiben auf lange Sicht auf niedrigem Niveau", warnt Rückversicherer Pickel.

Kommen die Kampfpreise zurück?

Innerhalb der Konzerne gibt es keine Ausgleichsmöglichkeiten mehr. Früher ließen sich die Autoversicherer gerne von ihren Schwestergesellschaften unter die Arme greifen, vor allem den Lebensversicherern. Die subventionierten still und leise über die Kostenverteilung für die EDV und andere Segmente die wettbewerbsintensive Autoversicherung. Doch damit es vorbei - die Lebensversicherer haben genug eigene Probleme. Heute wird eher umgekehrt subventioniert.

Deshalb drängen Konzernchefs ihre Autoversicherer zu Preiserhöhungen. Gleichzeitig werden sie angehalten, möglichst keine Kunden zu verlieren. Doch das ist sehr schwierig.

Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre ist es deshalb gut möglich, dass ein Versicherer die Nerven verliert und wieder mit Kampfpreisen antritt, ehe sein Marktanteil von der Konkurrenz zerrupft wird.

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