Süddeutsche Zeitung

Neue Elektroroller:Lange Leitung

Elektroroller stammten bisher aus China oder Taiwan. Erst jetzt steigen die namhaften Hersteller ein. Drei Beispiele.

Thilo Kozik

Leise surrend setzt sich das ulkige Gefährt mit dem chromgeränderten Rundscheinwerfer und dem ungewöhnlichen Rohrrahmen in Bewegung. Geräuschpegel und Tempo nehmen analog zur Stellung des Gasgriffs zu, dabei fährt dieses mofaartige Zweirad weder mit Gas noch mit Benzin: Das Yamaha EC-03 ist das erste Elektromobil überhaupt, das von einem der vier japanischen Zweiradgiganten nach Europa gebracht wird.

Die Eckdaten unterscheiden den Automatik-Roller wenig von der Konkurrenz: Eine 15-Ah-Lithium-Ionen-Batterie unterm Sitz treibt einen bürstenlosen Gleichstrommotor mit maximal 580 Watt im Hinterrad an. Damit sind im Power-Modus 45 km/h möglich. Im Normalprogramm läuft das EC-03 maximal 30 km/h, das soll im Flachland für 43 Kilometer Aktionsradius reichen - genug für den Einkauf und den Weg zur Schule.

Danach muss das mit einem integrierten Ladegerät versehene EC-03 bis zur vollen Ladung wieder für sieben lange Stunden an die normale Steckdose. E-Motor, Controller, Hinterbremse und Getriebe sind beim EC-03 als integrierte Antriebseinheit in der Einarmschwinge untergebracht, was Gewicht spart und gut aussieht.

Gleiches gilt für den Leichtmetall-Rohrrahmen mit den abstehenden Fußrasten, mit denen das ganze Gefährt nur 56 Kilo wiegt. Das Yamaha-Vehikel ist für die City gemacht. Mühelos umkurvt das EC-03 stadttypische Hindernisse, aufrecht sitzend sind potentielle Gefahrenquellen schon von weitem erkennbar.

Unter dem Sitz bleibt so gut wie kein Platz, doch die anvisierte Lifestyle-orientierte Kundschaft dürfte an der hübschen Optik, feinen Detaillösungen, prima Verarbeitung und einem Einstandspreis von 2395 Euro Gefallen finden.

Der erste kaufbare E-Roller eines namhaften europäischen Herstellers kommt von Peugeot. Die Franzosen bieten ihren E-Vivacity an, der mit einem 3000-Watt-Motor bis zu 45 km/h schnell wird und mit 4 kWh aus zwei Li-Ion-Akkus eine Reichweite von 60 Kilometer schöpfen soll. Hier bleibt trotz integrierter Ladestation einiger Stauraum übrig durch das clevere, nach vorn öffnende Fach in der Front. Für 3599 Euro steht der elektrifizierte Vivacity beim Peugeot-Händler.

Noch nicht ganz so weit ist Honda. Die Japaner möchten mit ihrem EV-neo erst einmal Erfahrungen im Alltag sammeln, deshalb haben sie der Stadt Barcelona 18 Erstlinge zur Verfügung gestellt.

Trotz des sehr pragmatischen Äußeren hat Honda im EV-neo seine Entwicklungskompetenz gebündelt und zahlreiche Neuerungen insbesondere in der Regelungstechnik eingeführt: Die Batteriesteuerung agiert temperaturabhängig und ein Ladungsausgleichsystem sorgt trotz unterschiedlich starker Zellen für eine höhere nutzbare Kapazität.

Die Antriebseinheit kalkuliert nicht nur die optimale Leistungsabgabe der Batterie sondern konvertiert den Gleichstrom des 12,6-Ah-Lithium-Ionenakkus in den Dreiphasen-Wechselstrom, den der 3,8 PS starke Motor zum Antrieb benötigt. Maximal sind rund 50 km/h drin, die theoretische Reichweite beträgt 34 Kilometer bei konstant 30 km/h.

Dank der intelligenten Regelung lässt sich die Kraft des EV-neo fast wie bei einem Verbrennungsmotor modulieren, während herkömmliche E-Roller das gewaltige Anfahrdrehmoment nur digital in Schub umsetzen. Zum Bremsen dient ein innovatives Trommel-Verbundbremssystem, das die vordere und hintere Bremse gleichzeitig aktiviert und das 106 Kilogramm leichte Vehikel kräftig verzögert.

Positiv ist auch die Verkürzung des Ladevorgangs. Ein kleines, toasterähnliches Ladegerät, dass unter die Sitzbank passt, wird an eine normale Steckdose angeschlossen, für die Vollladung einer entleerten Batterie werden nur dreieinhalb Stunden benötigt, mit dem optionalen Schnelllader sogar in nur einer halben Stunde.

Zwar ist das EV-neo noch nicht offiziell erhältlich, ein späterer Preis von etwa 3900 Euro gilt jedoch als wahrscheinlich.

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Quelle:
SZ vom 18.07.2011/gf
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