"Ist der Elektro? Geil!", ruft eine Fahrradfahrerin, während ich langsam und lautlos an ihr vorbeisurre. "Und wie weit kommt man damit?", fragt ein Familienvater, während ich das Elektrogefährt in der Innenstadt parke. "Ui, ein Elektroroller! Zufrieden?", ruft mir ein Passant beim Ampelstop entgegen. Schnell ist klar: Wer einen Roller mit Stecker fährt, sollte ein auskunftsfreudiger Zeitgenosse sein. Vor allem, wenn wie beim Govecs Go S 2.4 die Beklebung auf der Nase und an den Seiten prominent auf den alternativen Antrieb hinweist.
Wie schnell, wie teuer? Reichweite, Ladezeit? Das sind die vier Fragen, die immer und immer wieder beantwortet werden müssen. 45 km/h, 4785 Euro, 60 bis 100 Kilometer, vier bis fünf Stunden an der Haushaltssteckdose wird deshalb auch zum wiederkehrenden Mantra in den Tagen mit dem E-Roller.
Müsste man aber ein Merkmal, das ihn von anderen Modellen absetzt, besonders hervorheben, so wäre es die Straßenlage: Dank tiefem und mittig gelegenem Schwerpunkt kann der Govecs sehr sportlich gefahren werden. Man will sich mit ihm tief in Kurven legen - ein Gefühl, das kleinere und leichtere Roller kaum vermitteln.
Der S 2.4 ist ein eher wuchtiges Gefährt im Vergleich zu Piaggios knatterndem Primavera oder dem Elektro-Kollegen Unu. Das hat seine Vor- und Nachteile. Die beiden lassen sich zwar etwas leichter durch Staus manövrieren oder auf den Ständer wuchten. Dafür liegt der Govecs satter auf der Straße und gibt dem Fahrer mehr Sicherheit auch in brenzligen Situationen.
Made in Europe
Seine Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h erreicht der Elektroroller dank 3 kW / 4 PS Leistung erfreulich zügig, allerdings macht sich an steilen Hängen das hohe Gewicht von 115 Kilogramm negativ bemerkbar - vor allem dann, wenn zwei Personen auf ihm unterwegs sind. Schlaglöcher und Querrillen schluckt der im polnischen Breslau hergestellte und gut verarbeitete Govecs aber ohne Murren oder Klappern, die beiden Scheibenbremsen bringen ihn auch aus voller Fahrt schnell und sicher zum Stehen.
Kleiner Wermutstropfen für Gehwegparker: Der Akku des S 2.4 ist fest verbaut und kann nicht entnommen werden. Das im Helmfach untergebrachte Stromkabel ist dafür aber fünf Meter lang - genug fürs Laden in der Garage. Wer jedoch im dritten Stock eines Stadthauses wohnt, muss improvisieren. Dafür liefert der Go S 2.4 die versprochene Reichweite zuverlässig ab. Im Test schaffte er locker 85 Kilometer. Das ist mehr als ausreichend für eine komplette Pendlerwoche oder einen kleinen Ausflug - und das trotz Verzicht auf die Energiesparfunktion, welche dem Akku ein paar zusätzliche Kilometer entlocken würde.
Wer mangels unmittelbaren Steckdosenanschlusses auf einen entnehmbaren Akku angewiesen wäre, kann bei Govecs zum Modell Go S 1.4 greifen, das ab 4200 Euro erhältlich ist. Dessen Akku ist nur halb so schwer wie der des Testmodells und kann in der Wohnung oder am Arbeitsplatz geladen werden. Mit dieser Batterie kommt der Elektroroller aber auch nur halb so weit, 30 bis 50 Kilometer laut Hersteller.
Und auch für Rollerfahrer, denen 45 km/h zu langsam sind, hat Govecs die passenden Elektro-Modelle parat: Der Go S 3.4 (5710 Euro) schafft 83 km/h bei 50 bis 70 Kilometern Reichweite, der Go S 2.4+ (5205 Euro) kommt bei maximal 63 km/h 60 bis 80 Kilometer weit.
Ins Fach unter der Sitzbank, wo auch das Ladekabel verstaut ist, passt locker ein offener Motorradhelm. Praktisch ist auch der kleine Gepäckhaken im Fußraum sowie der dort verbaute Steckeranschluss, an dem sich ein Smartphone aufladen ließe.
Besonderes Augenmerk richtet der Hersteller auf Gewerbekunden im Liefer- und Transportbereich. Einige Roller gibt es deshalb auch als T-Modell mit einem Trägersystem am Heck, auf dem sich Transportboxen befestigen lassen. In einigen Städten werden Govecs-Elektroroller bereits im Sharing eingesetzt - in San Francisco etwa sind 150 Go 1.4 für den Anbieter Scoot Networks im Einsatz. Auch in weiteren Städten, darunter zum Beispiel München, sollen die Elektroroller bald zur Spontan-Miete an den Straßen stehen.
Den Sharing-Anbietern möchte man empfehlen, Flyer mit den wichtigsten Daten der Roller griffbereit beizulegen. Denn dass die Fahrer mit Fragen zu den lautlosen Flitzern gelöchert werden, ist vorprogrammiert.