Süddeutsche Zeitung

Verkehrspolitik:Im Porsche auf der Busspur

Die Bundesregierung beschließt das Elektromobilitätsgesetz. Obwohl es keine Kaufprämien geben wird, räumt sie Fahrern von E-Autos einige Vorteile ein. So könnten selbst Porschefahrer künftig Busspuren nutzen.

Von Daniela Kuhr, Berlin

Die Bundesregierung will mehr Menschen dazu bringen, sich ein Elektro-Auto zuzulegen: mit dem Elektromobilitätsgesetz, das an diesem Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden soll. "Kommunen können künftig entscheiden, wie sie Elektroautos vor Ort begünstigen wollen", sagt Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zur Süddeutschen Zeitung. "Zum Beispiel durch kostenfreies Parken oder spezielle Zufahrtsrechte." Auch bekommen sie die Möglichkeit, Busspuren für Elektroautos freizugeben. "Zusätzlich sollen Elektrofahrzeuge durch eigene Kennzeichen für Jedermann auf einen Blick erkennbar sein."

Zusammen mit einer steigenden Auswahl an Modellen sowie mehr E-Autos auf den Straßen werde "der Absatz weiter ansteigen", meint der Minister. Das allerdings ist auch dringend nötig, denn derzeit sind in Deutschland gerade mal 124 000 Elektro- und Hybridfahrzeuge zugelassen. Daraus sollen nach dem selbstgesteckten Ziel der Bundesregierung bis 2020 eine Million werden.

Für und Wider

Einige Verkehrsexperten meinen, dass genau solche Anreize, wie sie jetzt vom Kabinett beschlossen werden, nötig sind, um die Attraktivität von Elektroautos zu erhöhen. Denn bislang schrecken die meisten Menschen noch vor dem Kauf zurück, unter anderem weil die Autos wegen der hohen Batteriekosten teurer sind als normale Autos.

Kritik an den neuen Regeln kommt dagegen von Verkehrsverbänden. Die Chefs der Münchner und der Berliner Verkehrsgesellschaften etwa kritisieren, dass E-Autos Busspuren verstopfen würden - was zur Folge hätte, dass sich Busse verspäten und der öffentliche Nahverkehr unattraktiv werde. Im Ministerium weist man das zurück: Das Gesetz enthalte keinen Zwang, sondern ermögliche den Kommungen nur, Busspuren für E-Autos freizugeben. Ob sie davon Gebrauch machten, müsse vor Ort entschieden werden.

Wer einen Porsche mit Hybridantrieb fährt, kann bevorzugt werden

Kritiker stört zudem, dass nicht nur Autos mit reinem Elektroantrieb in den Genuss der neuen Vorteile kommen sollen, sondern auch Autos mit Hybridantrieb, die extern über das Stromnetz aufladbar sind (Plug-in-Hybride) - zumindest dann, wenn sie mindestens 30 Kilometer und von 2018 an mindestens 40 Kilometer durchgehend im Strombetrieb schaffen. Das bedeutet, dass künftig etwa auch ein Porsche Panamera S E-Hybrid mit 416 PS auf die Busspur darf - selbst wenn er in dem Moment gar nicht elektrisch fährt. Das Ministerium rechtfertigt das damit, dass ein durchschnittlicher Autofahrer an vier von fünf Tagen weniger als 40 Kilometer zurücklege.

Die SPD-Fraktion unterstützt das Gesetz, würde aber einige Punkte gern noch ändern. "Wir wollen der Elektromobilität den entscheidenden Schub für den Massenmarkt geben", sagt SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. "Dabei dürfen sich aber Busse und Pkws in den Städten nicht zu stark in die Quere kommen." Auch sei es "dem Lupo-Fahrer nicht zu erklären, wenn an ihm auf der Busspur der Porsche mit kleinem Zusatz-Elektromotor" vorbeirausche. "Wir sollten daher im weiteren parlamentarischen Verfahren noch mal darüber nachdenken, was wir genau unter einem Elektrofahrzeug verstehen."

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SZ vom 24.09.2014/harl
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