Elektromobilität:Zehn Jahre steuerfrei

Die Regierung will Elektroautos fördern - mit Privilegien im Straßenverkehr und beim Abgabenrecht. Von einer Kaufprämie will Berlin aber nach wie vor nichts wissen.

Michael Bauchmüller

Lautlos gleitet das Auto über die Busspur, kostenlos parkt es an der Ladestation. Was der Diesel nicht darf, wofür der Benziner zahlen muss - dem Elektroauto soll es offenstehen. Jedenfalls, wenn sich die Regierungspläne durchsetzen, die derzeit in der Hauptstadt kursieren.

Bundesparteitag der CDU

Deutschland soll bei Elektroautos Vorreiter werden, fordert Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Auf dem Bundesparteitag testete sie einen E-Smart.

(Foto: dapd)

"Vor 125 Jahren wurde das Automobil in Deutschland erfunden", heißt es in Entwürfen zum "Regierungsprogramm Elektromobilität", nun müsse das Land wieder "ganz vorne dabei" sein. Das Projekt heißt: Volt auf Rädern, so schnell es geht.

Die Ziele sind ehrgeizig. Bis 2020 soll eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs sein, bis 2030 sogar sechs Millionen - gegenüber gut 2300 dieser Autos heute. "Wir wollen, dass Deutschland Leitmarkt und Leitanbieter wird", verkündete Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) per Videobotschaft. "Der Elektromobilität gehört die Zukunft."

Doch während die Hersteller noch um diese Zukunft ringen, insbesondere um taugliche Batterien, wird der rechtliche Rahmen klarer. So sollen vor allem Steueranreize und Privilegien das Auto mit Elektromotor voranbringen. Maßgabe für Steuerbefreiungen soll der Kohlendioxid-Ausstoß der Autos sein.

So zumindest schwebt es nach Informationen der Süddeutschen Zeitung der Bundesregierung vor. Waren bisher nur reine Elektroautos fünf Jahre lang von der Kfz-Steuer befreit, soll das nun für alle Autos mit weniger als 50 Gramm CO2-Ausstoß gelten. Bis Ende 2015 soll für sie die Kfz-Steuer wegfallen, und das für zehn Jahre.

Für einen Verbrennungsmotor ist dieser Kohlendioxid-Wert so gut wie unerreichbar, nicht aber für Autos mit Strom- oder Hybridantrieb. Letztere haben neben dem Verbrennungsmotor auch noch Batterie und Elektromotor. Und damit die Autoindustrie mehr in die Entwicklung solcher Fahrzeuge investiert, wird der günstige CO2-Wert sogar überproportional auf den Verbrauch der Gesamtflotte angerechnet. So erreicht die Autoindustrie schneller die Klimaschutz-Vorgaben der EU. Für Forschung und Entwicklung, so der Plan, will die Bundesregierung in den nächsten beiden Jahren noch einmal eine Milliarde Euro locker machen.

Das freilich ändert noch nichts an den hohen Kosten der Fahrzeuge. Das erste Elektro-Großserienauto, der Mitsubishi i-Miev, bringt es auf gut 34.000 Euro - für einen Kleinwagen. Experten aus der Automobilindustrie haben für die Autos Mehrkosten zwischen 4000 und 9000 Euro errechnet. Von einer Kaufprämie aber, wie sie auch die Grünen fordern, will die Bundesregierung nach wie vor nichts wissen.

Unternehmen soll sich eine eigene Öko-Flotte zulegen

Stattdessen will sie bei der Besteuerung von Dienstwagen ansetzen. Denn weil diese sich am Bruttolistenpreis der Fahrzeuge orientiert, gibt es keinen Grund, sich für einen strombetriebenen Dienstwagen zu interessieren. Ein Prozent des Listenpreises, so wollen es die Gesetze, schlägt als geldwerter Vorteil zu Buche.

Und der ist bei E-Autos wegen des höheren Preises automatisch höher - obwohl es genauso auf vier Rädern rollt wie das Pendant mit Verbrennungsmotor. "Die Bundesregierung wird daher die Dienstwagenbesteuerung anpassen", heißt es nun. "Ziel ist dabei ein vollständiger Abbau der zurzeit bestehenden steuerlichen Wettbewerbsnachteile."

Letztlich sollen so noch mehr Unternehmen dazu übergehen, sich gleich eine eigene Elektro-Flotte anzulegen. Ganz nach dem Vorbild der Regierung: Die will zumindest anstreben, jedes zehnte Dienstauto künftig an Steckdosen aufzutanken statt an Zapfsäulen. "Es werden Gespräche mit Ländern und Kommunen sowie privaten Flottenbetreibern geführt, in gleicher Weise initiativ zu werden", heißt es weiter.

Als Schmankerl sollen die Privilegien im Straßenverkehr obendrauf kommen. So könnte es künftig eigene Parkplätze nur für Elektroautos geben - samt öffentlicher Ladestelle. Der Parkplatz kann sogar kostenlos sein, der Strom freilich ist es nicht.

Auch auf Busspuren könnten die Elektroautos - erkennbar an einer blauen Plakette in der Windschutzscheibe - künftig ganz legal fahren, wenn die jeweiligen Kommunen mitspielen. Und in Fußgängerzonen könnten künftig häufiger elektrisch betriebene Lieferwagen einfahren - mit Sonderrechten für besonders leise und abgasfreie Fahrzeuge.

Die Bundeskanzlerin wird all das schon an diesem Montag mit der Industrie beraten können, beim Spitzengespräch "Mobilität von morgen" im Kanzleramt. Auch wird sie den Bericht der "Nationalen Plattform Elektromobilität" entgegennehmen, auf den sich Teile des Regierungsprogramms beziehen.

Die Industrie, so zeigt der Bericht, war in Sachen Förderung noch weit phantasievoller als die Regierung: Sonderabschreibungen für Dienstautos finden sich dort, genauso wie zinsgünstige Darlehen für die Anschaffung von Elektroautos. Wobei freilich ein Umstand allzu gerne in Vergessenheit gerät: Für den Massenmarkt gibt es aus deutscher Fertigung bis heute kein einziges Elektromobil.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: