Süddeutsche Zeitung

Elektromobilität:Über Brücken in die Zukunft

Eines schönen Tages werden alle Autos rein elektrisch fahren. Doch weil rund um die Batterietechnik noch viel zu tun ist, werden verschiedenste Hybridvarianten die Brücken in die Zukunft schlagen müssen.

Susanne Kilimann

Diesel- und Benzinmotoren werden die Autowelt auch in den nächsten 20 Jahren noch dominieren, darüber herrscht bei den großen Autoherstellern und ihren Partnern in der Zulieferbranche weitgehend Einigkeit. Bei den Verbrennern sei das Sparpotenzial längst noch nicht ausgeschöpft, heißt es zum Beispiel beim Zulieferer Bosch.

Die Entwickler gehen davon aus, dass sich der Verbrauch von diesel- und benzingetriebenen Fahrzeugen durch ein ganzes Bündel von Effizienzmaßnahmen noch um rund 30 Prozent senken lässt, wenn man die Verbrenner von morgen mit dem Gros der heute zugelassenen Autos vergleicht. So werde ein serienmäßiger Diesel der unteren Mittelklasse in wenigen Jahren im Durchschnitt nur noch drei Liter verbrauchen.

Alternativen zu Benzin und Diesel muss es dennoch geben, das wird von den meisten Experten der Branche nicht mehr in Abrede gestellt. Denn die Ölvorräte dieser Welt sind begrenzt und die Förderung der verbliebenen Reserven wird mit immer höheren Kosten und Risiken verbunden sein.

Ethanol, Erdgas, Bio- oder synthetische Kraftstoffe können nach heutigem Stand der Dinge bestenfalls einen überschaubaren Beitrag zur Mobilität von morgen leisten. Die fernere Zukunft, da sind sich Motorenentwickler sicher, wird den automobilen Stromern gehören.

Für die elektrischen Aggregate spricht zum einen der deutlich höhere Wirkungsgrad. Steckt man in einen herkömmlichen Verbrennungsmotor eine Kilowattstunde Energie, so lassen sich damit nach Angaben der Bosch-Experten zwischen 1,5 und 2,5 Kilometer zurücklegen. Wesentlich effizienter sieht die Bilanz des Elektromotors aus: Der setzt eine Kilowattstunde in mehr als sechseinhalb Kilometer um.

Die Elektrifizierung der Antriebe wird sich allerdings nicht als revolutionäre Umwälzung der Automobilgesellschaft sondern in vielen kleinen Schritten vollziehen. Hybridantriebe sind die Brückentechnologie auf dem Weg zum rein elektrischen Fahren. Sie werden in den kommenden Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit eine immer größere Rolle spielen.

Auf unterster Stufe dieser Entwicklung rangiert die Start-Stopp-Automatik, die bei einigen Herstellern auch schon als Mikro-Hybrid bezeichnet wird. Ein paar Prozent Kraftstoff werden bei dieser Technologie dadurch eingespart, dass sich der Motor - sofern der Fahrer die Funktion aktiviert - beim kurzen Stopp vor der roten Ampel abschaltet und sofort wieder anspringt, wenn der Fahrerfuß aufs Gaspedal geht.

Damit diese Technik möglichst effektiv genutzt werden kann, die Automatik also auch nach den siebenten oder achten Ampelstopp noch funktioniert, wird das Spritsparsystem bei verschiedenen Herstellern inzwischen mit einem Generator gekoppelt. Dieser verwandelt zurückgewonnene Bremsenergie in elektrische Energie um und stellt sie für die Start-Stopp-Automatik zur Verfügung. In welchem Maß sich die Technologie fürs Sparen bei Rot in den nächsten Jahren durchsetzen wird, bleibt allerdings abzuwarten. Denn Skeptiker befürchten, dass sich durch das der Motor durch das häufigere Anlassen deutlich schneller verschleißt.

Bei einem Mild-Hybrid wird ebenfalls Bremsenergie zurückgewonnen. Ein kleiner Elektromotor bringt sein Drehmoment auf die Achsen und unterstützt so den Beschleunigungsvorgang. Dadurch kommt das Fahrzeug mit einem kleineren Verbrennungsmotor aus und verbraucht etwa 15 Prozent weniger Treibstoff als ein vergleichbarer Benziner mit Direkteinspritzung. Für Mild-Hybrid-Technologie werden Kunden künftig kaum mehr Aufpreis zahlen müssen als für einen hocheffizienten Dieselantrieb.

Beim Voll-Hybriden ist der Elektromotor schon wesentlich leistungsfähiger, so dass kürzere Strecken bereits rein elektrisch gefahren werden können. Dafür braucht das Aggregat eine leistungsfähigere Batterie, die ihre Energie auch aus der Steckdose bezieht. Nachteil dieses Antriebskonzepts ist vor allem das höhere Gewicht der Batterie. Für Oberklasse-Fahrzeuge mag die Technologie im Hinblick auf das mögliche CO2-Einsparpotenzial trotz Extra-Gewicht Sinn machen. Klein- und Mittelklassewagen lassen sich hingegen mit konventionellen Techniken kostengünstiger auf Spritsparkurs bringen.

Als weiterer Brückenantrieb auf dem Weg zum elektrischen Fahren haben Motorenentwickler den Range Extender in der Pipeline. Bei diesem Konzept ist ein kleiner, leichter Verbrennungsmotor mit 15 bis 35 Kilowatt Leistung an Bord. Im Bedarfsfall lädt er die Batterie, die wiederum die Energie für den elektrischen Antrieb liefert.

Die Technik sei bei diesem Konzept weniger aufwendig und damit kostengünstiger auf den Markt zu bringen, erläutern die Experten. Die Batterie könne, verglichen mit einem reinen Elektrofahrzeug, kleiner ausgelegt werden, was ebenfalls Kosten und Gewicht spart. Mit einem Range Extender sollen dennoch die gleichen Distanzen wie bei einem Fahrzeug mit konventionellem Verbrennungsmotor möglich sein.

Wenn es um rein elektrisches Fahren geht, so sind einige Exoten wie Tesla Roadster und Tazzari Zero schon seit einiger Zeit am Start und auch hierzulande zu haben. Mit Peugeots iOn kommt in diesem Herbst der erste Großserien-Stromer zu den Händlern in Deutschland. Der Preis von 30.000 Euro ist der noch extrem kostenintensiven Akku-Technik geschuldet und dürfte die Kundeneuphorie in Grenzen halten.

Andererseits haben Elektroautos derzeit besten Chancen, Statussymbol in zahlungskräftigen Trendsetterkreisen zu werden. Emissionsfrei Autofahren gilt derzeit als politisch korrekt und dabei richtig cool. Von der Tatsache, dass bei der Erzeugung von Strom für den Auto-Akku auch Kohlendioxid freigesetzt wird, wollen sich Elektrofans den Spaß am Stromer nicht nehmen lassen. Und die kleinen Sprints mit dem E-Car machen ja auch eine Menge Spaß, weil hier das maximale Drehmoment - systembedingt - sofort ab Start auf die Achsen kommt.

Mit Lithium-Ionen-Batterien können Hersteller heutigen Elektroautos bereits einen Energiespeicher für Reichweiten um 120 Kilometern unters Blech packen - was für den Großteil aller Autofahrten ausreichend ist. Ziel sei aber, die Energiedichte zu verdreifachen und die Kosten für den Akku-Pack zu dritteln, heißt es bei Bosch. Nur so werde das Elektroauto die notwendige Kundenakzeptanz erreichen. Zudem gelte es, eine Akku-Lebensdauer von mehr als zwölf Jahren zu erzielen. Denn der Autofahrer werde kaum akzeptieren, dass die Batterie nach etwa sieben Jahren teuer ausgetauscht werden muss.

Die Leistungsfähigkeit der Lithium-Ionen-Akkus soll künftig mit neuen Materialien für Anoden und Kathoden noch erheblich gesteigert werden. Dazu läuft die Forschung auf Hochtouren. Eines Tages könnte der Akku im Auto Energiedichten von 800 Wattstunden pro Kilogramm und damit Reichweiten von 400 Kilometern bieten. Doch mit der Serienfähigkeit eines so leistungsfähigen Batterietyps sei vor 2020 nicht zu rechnen, so Rüdiger Oesten von der BASF Future Business GmbH.

Als Ergänzung zur batteriegestützten E-Mobilität mit ihren begrenzten Reichweiten wird die Wasserstofftechnologie kommen, davon ist man unter anderem bei BMW überzeugt. Die Bayern hatten beim Testfahrzeug "Hydrogen 7" einen mit Wasserstoff arbeitenden Verbrennungsmotor getestet. Die Konkurrenz aus Stuttgart setzt dagegen auf Wasserstoff in Verbindung mit der Brennstoffzellentechnologie.

Durch die Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff erzeugt das Brennstoffzellen-Bordkraftwerk Strom, der den elektrischen Motor antreibt. Weil es zum Wasserstofftanken eine entsprechende Infrastruktur braucht, hat Daimler mit anderen Industrieunternehmen das Projekts "H2-Mobility" auf den Weg gebraucht. In abgestimmten Schritten will man die Brennstoffzellentechnologie entwickeln und das Wasserstofftankstellennetz in Deutschland ausbauen. Für 2015 ist der Serienstart von Brennstoffzellenautos mit Stern geplant.

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