Elektromobilität:Rettungsdienst unter Strom

DRK Leer

In Leer wurde der erste elektrisch angetriebene Rettungswagenvorgestellt, anschließend nach Borkum verschifft.

(Foto: DRK Leer/@Feuerquell Fotografie)

Auf Borkum wird der bundesweit erste elektrisch angetriebene Rettungswagen getestet. Der schafft bisher allerdings nur eine Reichweite von 150 Kilometern.

Von Marco Völklein

Vor etwas mehr als zwei Jahren war Notfallsanitäter Daniel Schulte vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) Niedersachsen auf der IAA-Nutzfahrzeugmesse in Hannover. Dort referierte er zusammen mit Mitarbeitern von VW zum Thema Rettungsgasse. Es dauerte nicht lange und DRK-Mann Schulte und die VW-Leute sprachen über elektrisch angetriebene Kleintransporter - schließlich hatte der Konzern kurz zuvor den elektrifizierten Crafter vorgestellt. Wieso, fragte sich Schulte rasch, sollte es eigentlich nicht möglich sein, dieses Fahrzeug auch als Rettungswagen beim DRK einzusetzen?

Dazu muss man wissen: Bislang sind Rettungs- und Hilfsorganisationen bei der Umstellung ihrer Flotten auf alternative Antriebe sehr zurückhaltend. Ein verlässlicher Betrieb ist das A und O, der Dieselmotor gibt den Organisationen die dafür nötige Sicherheit. Binnen Minuten ist der Tank aufgefüllt, das Fahrzeug also für den nächsten Einsatz bereit. Hinzu kommt: Gerade in ländlichen Gebieten müssen die Helfer nicht selten weite Wege zurücklegen - beispielsweise dann, wenn ein Patient mit komplizierteren Gebrechen in eine viele Hundert Kilometer entfernte spezialisierte Klinik verlegt werden muss. Nicht immer steht dafür ein Intensivtransporthubschrauber zur Verfügung; dann muss der "bodengebundene Rettungsdienst", so der Fachbegriff, ran.

DRK-Mann Schulte ließ sich dennoch nicht abschrecken - und verfolgte seine Idee weiter. Zusammen mit dem Familienunternehmen Emmert aus Lingen in Niedersachsen wurde der laut DRK bundesweit erste elektrisch angetriebene Rettungswagen entwickelt. Seit dieser Woche ist er im Rettungsdienst auf der Nordseeinsel Borkum im Einsatz.

Die Herausforderung bestand dabei darin, den Strom für die vielen medizinischen Geräte im Heck des Elektro-Crafter irgendwo herzubekommen. In einem konventionell angetriebenen Rettungswagen, abgekürzt: RTW, können die Helfer im Zweifelsfall den Diesel einfach weiterlaufen lassen und so die benötigte Energie erzeugen; bei einem Elektro-RTW ist das hingegen nicht möglich. Die Konstrukteure aus Lingen packten deshalb zahlreiche Batteriepakete in das Fahrzeug, achteten dabei aber streng aufs Gewicht: Mehr als 3,5 Tonnen durfte der RTW am Ende nicht wiegen. Zurückgreifen konnten die Entwickler dabei auf ihre Erfahrungen beim Bau von Expeditionsfahrzeugen, die ebenfalls seit Jahren bei Emmert entstehen.

Die DRK-Leute betonen allerdings, dass es sich bei all dem um ein Pilotprojekt handelt. Es gehe vor allem darum, Erfahrungen zu sammeln - sowohl zunächst bei der Konstruktion des E-RTW wie auch von nun an im Einsatz auf Borkum.

Auch die Polizei testete schon auf Borkum

Er und seine Kollegen haben sich die nur etwa 30 Quadratkilometer große Nordseeinsel als Einsatzgebiet ausgesucht, weil dort nur kurze Wege zurückzulegen sind, in der Regel weniger als zehn Kilometer je Einsatz. Die Reichweite des E-Crafter, die VW mit 115 Kilometer (nach WLTP-Zyklus) angibt, "ist für Rettungsdienste mit territorial beschränktem Einsatzgebiet, wie auf der Insel Borkum, daher völlig ausreichend", findet Hary Feldmann vom DRK-Rettungsdienst in Leer, der die Rettungswache auf Borkum betreibt.

Elektromobilität: Volkswagen gibt die Reichweite des e-Crafter mit 150 Kilometer an.

Volkswagen gibt die Reichweite des e-Crafter mit 150 Kilometer an.

(Foto: VW Nutzfahrzeuge)

Ähnliche Überlegungen hatte auch die Polizei in Niedersachsen vor gut drei Jahren angestellt: Damals startete die Polizeidirektion Osnabrück auf Borkum einen längeren Versuch mit einem elektrisch angetriebenen Motorrad, mit dem die Beamten auch ins Gelände konnten.

Stationiert ist der Elektro-RTW auf Borkum am dortigen Krankenhaus, dort sind auch ausreichend Lademöglichkeiten vorhanden. Und sollte es doch mal Probleme geben, steht eh immer ein konventionell angetriebenes Ersatzfahrzeug zur Verfügung.

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