Elektromobilität:Paketboten fahren Elektroauto - und sind glücklich damit

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Neue Elektrofahrzeuge der Post in Bayern

Die Deutsche Post lässt ihren Elektro-Lieferwagen von einem Tochterunternehmen, der Streetscooter GmbH, in Aachen produzieren.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit dem Streetscooter produziert die Post ihren eigenen Lieferwagen mit E-Antrieb. Doch wie gut funktioniert der Eigenbau-Stromer? Wir haben einen Zusteller begleitet.

Von Steve Przybilla

Wenn die Temperatur unter den Gefrierpunkt fällt, wird Sabah Buturs Younan besonders aktiv. "Das ist wie Sport", sagt der Paketbote. "Immer schön bewegen. Dann wird dir nicht kalt." Doch an diesem Tag im Februar muss sich sogar der geübte Austräger anstrengen. Das Thermometer im Auto zeigt minus zehn Grad Außentemperatur; in den Gassen der Stuttgarter Innenstadt weht ein eisiger Wind. Immerhin: Weit durch die Kälte laufen muss Younan nie. "Ich passe in fast jede Parklücke", freut sich der 39-Jährige. "Das ist wirklich ein Vorteil."

Die guten Park-Eigenschaften hat der Paketbote seinem neuen, wendigen Dienstauto zu verdanken. Seit Dezember 2016 ist er mit dem "Streetscooter" unterwegs, einem elektrisch betriebenen Zustellfahrzeug, das die Deutsche Post in Eigenregie für ihre Pakettochter DHL baut. Hübsch ist sie nicht, diese kleine, eckige, gelbe Kiste, die nahezu lautlos durch die City rollt. Aber das Auto will ja auch keinen Schönheitswettbewerb gewinnen. Vielmehr soll der Streetscooter das Unternehmen in ein umweltfreundliches Zeitalter führen. Allein in Stuttgart sollen durch die Einführung des elektrischen Zustellautos jährlich etwa 60 Tonnen CO₂ eingespart werden.

Keine Abgase, kein Motorenlärm: In Stuttgart, wo der Feinstaubalarm schon fast zum Normalzustand gehört und Umweltschützer gerne erste Fahrverbote für Dieselautos einführen würden, freut das viele. Von 60 Zustellfahrzeugen, die dort momentan im Einsatz sind, fahren bereits 20 elektrisch. "Einfach cool", findet Paketbote Younan sein neues Gefährt.

Besonders die elektronischen Zusatzspielereien haben es ihm angetan: Wenn er aussteigt und vergisst, die Handbremse anzuziehen, dann fängt der Streetscooter an zu piepsen. Während der Fahrt überträgt eine Kamera den Seitenbereich auf ein großes Display im Fahrerhaus. Beim Einparken schaltet sich die Rückfahrkamera automatisch zu. Ein Regal für Pakete sucht man im Laderaum jedoch vergeblich. Weil der Streetscooter kleiner ist als die dieselgetriebenen Mercedes-Transporter vom Typ Sprinter, die DHL bislang vorwiegend einsetzt, muss Zusteller Younan vorausschauend packen. "Ich überlege mir genau, welche Pakete ich zuerst einräume."

Eine Batterieladung reicht für 80 Kilometer

Und wie schlägt sich der Stromer im harten Zustelleralltag? Schließlich berichten selbst E-Auto-Fans, dass sie im Winter auch mal auf die Heizung verzichten, damit die Reichweite langt. Der Streetscooter ist nicht nur mit einer Heizung, sondern auch einer Sitzheizung ausgestattet. Wie lange die Batterie das bei minus zehn Grad mitmacht? "Erstaunlich lange", sagt Younan, der an diesem Tag bereits 45 Minuten unterwegs ist. Nach dieser Zeit steht die Batterie-Anzeige auf 97 Prozent - insgesamt schafft der Zusteller mit einem Fahrzyklus maximal 80 Kilometer. "Manchmal lade ich den Wagen auch erst nach zwei Tagen auf", sagt Younan. Man muss aber fairerweise erwähnen, dass er die Heizung an diesem Tag erst gar nicht angestellt hat. Von der Wärme in die Kälte und dann wieder zurück ins Warme - das sei nichts für ihn, sagt Younan. "Sonst werde ich krank."

Der Fuhrpark der Post umfasst bundesweit derzeit etwa 44 600 Fahrzeuge - ein Großteil davon fährt mit Diesel. Doch der Anteil der E-Autos nimmt schnell zu: Etwa 2000 Streetscooter sind nach Angaben des Unternehmens bereits auf der Straße, die meisten davon in Deutschland.

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