Elektromobilität:Erbittertes Ringen um die einheitliche Norm

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Christopher und Walter Mennekes

Gemeinsam mit seinem Sohn Christopher führt Walter Mennekes die Firma, die seit 1935 existiert.

(Foto: Mennekes Elektrotechnik Gmbh & C; Mennekes)

Was auf den ersten Blick aussieht, als ob hier ein pfiffiger deutscher Mittelständler mal eben so den europäischen Markt erobert, ist natürlich viel schwieriger gewesen. Denn Mennekes ist nicht allein. Die Japaner haben bereits ein System entwickelt, das als "Typ 1" bezeichnet und auch in den USA verwendet wird. Das japanische System gilt aber als zu schwach, seine Ladekapazität ist zu gering. Der von Mennekes entwickelte "Typ 2" ist weit leistungsstärker, doch die Franzosen wollen unbedingt ein eigenes System, den "Typ 3", durchsetzen. Und wer die Franzosen kennt, weiß, dass es in solchen Fragen nicht nur um die bessere technische Lösung geht, sondern dass immer auch der ganze Stolz von La France als Industrienation in der Waagschale liegt. Also wird auf europäischer Ebene erbittert um eine einheitliche Norm gerungen. "Das ging durch Hunderte von Runden", sagt Volker Lazzaro, Geschäftsführer bei Mennekes.

Eine dieser Sitzungen findet im Februar 2011 in Brüssel bei EU-Kommissar Günther Oettinger statt, der zu diesem Zeitpunkt für Energie zuständig ist. Während die Franzosen für ihr Projekt Papiere mitgebracht haben, lässt Mennekes auf einer Sackkarre eine 120 Kilo schwere Ladesäule samt Kabel in Oettingers Büro schaffen. Da hätten die Franzosen vielleicht geguckt. Mennekes macht schließlich das Rennen, auch, weil er eine zweite Variante entwickelt, die auch den französischen Vorschriften entspricht.

Wie beim Tempo-Taschentuch

Darüber ist viel Zeit vergangen, den Chinesen hat die endlose europäische Diskussion zu lange gedauert, sie haben ein eigenes System entwickelt. Doch immerhin für Europa ist die Sache klar: Von 2017 an sollen alle neuen Elektroautos mit dem Typ-2-System ausgerüstet werden. Mennekes hat seine Schutzrechte daran freigegeben, ein Monopol hätten die Franzosen nicht akzeptiert. Mennekes reicht, dass die Entwicklung mit seinem Namen verknüpft ist. Das sei wie beim Tempo-Taschentuch.

Technisch wären eigentlich alle Voraussetzungen geschaffen, damit das Elektroauto seine Nische verlassen und zu einem Massenprodukt werden könnte. Doch nicht nur in den Augen von Walter Mennekes tut die Politik zu wenig dafür, auch aus der Autoindustrie hört man entsprechende Klagen. Im Jahr 2010 hat Angela Merkel verkündet, nach zehn Jahren sollten eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen fahren. Jetzt sind fünf Jahre vorbei, "und rumfahren tun nur 40 000", sagt Mennekes, "da muss man in der zweiten Halbzeit noch gewaltig zulegen". Vor allem mit dem Aufbau eines flächendeckenden Ladenetzes geht es nur schleppend voran. "Das sind Dinge, die brauchen eine Anschubfinanzierung", sagt Mennekes-Geschäftsführer Lazzaro.

"Keine klaren politischen Signale aus Berlin"

An Bekenntnissen fehlt es nicht und auch nicht an Selbstlob. Deutschland habe "in der Marktvorbereitungsphase zwischen 2011 und 2014 gute Fortschritte gemacht", heißt es in einer Pressemitteilung des Verkehrsministeriums vom Juni. Das Elektromobilitätsgesetz der Bundesregierung, das seit Mitte Juni in Kraft ist, begnügt sich damit, den Kommunen die Möglichkeiten zu geben, E-Autos im Verkehr zu privilegieren, etwa indem sie Busspuren benützen dürfen. "Es kommen keine klaren politischen Signale aus Berlin", beklagt Stephan Kühn, Verkehrsexperte der Grünen-Fraktion im Bundestag. Die Grünen fordern deshalb einen staatlichen Kaufzuschuss von 5000 Euro für E-Autos und, so Kühn, eine "Beschaffungsoffensive" der öffentlichen Hand für ihre eigenen Dienstfahrzeuge. "Wenn das Thema Fahrt aufnehmen soll, dann muss man auch Geld in die Hand nehmen", sagt Kühn.

Steckerpionier Walter Mennekes hofft auf "Leuchtturmprojekte", um den Durchbruch zu schaffen. Ansätze dazu gibt es. So will etwa die Stadt München in den nächsten Jahren 30 Millionen Euro in die E-Mobilität investieren. Dazu gehört der Ausbau des eigenen Ladenetzes und die Förderung privater Ladestationen ebenso wie direkte Kaufprämien für Lieferfahrzeuge und Taxis. "Das ist ein Anfang", sagt Münchens zweiter Bürgermeister Josef Schmid (CSU), der auch das Wirtschaftsreferat leitet, "und wir sind jederzeit bereit, nachzujustieren".

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