Elektromobilität:E-Auto-Prämie gegen Abwrackprämie - ein Vergleich

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Ein Smart Fortwo Electric Drive lädt seine Batterie auf. Reine Elektroautos sollen bald mit bis zu 5000 Euro bezuschusst werden. (Foto: dpa)
  • Um die Elektromobilität zu fördern, denkt die Bundesregierung über eine Kaufprämie für Elektroautos und Plug-in-Hybride nach.
  • Etwas Ähnliches gab es bereits 2009: die Umweltprämie, auch Abwrackprämie genannt.
  • Viele der Hersteller, die damals ihre Marktanteile ausbauen konnten, dürften auch diesmal profitieren.

Analyse von Thomas Harloff

Als sich das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends dem Ende neigte, wurde die Finanzkrise auch zu einer Autokrise. Zumindest in den USA. Sowohl General Motors (GM) als auch Chrysler, zwei der drei großen Autokonzerne der Vereinigten Staaten, mussten Insolvenz anmelden. GM wurde zeitweise verstaatlicht, Chrysler hatte keine andere Wahl, als sich mit Fiat zusammenzuschließen. Ford, der andere große amerikanische Autohersteller, konnte die Probleme selbst lösen - allerdings nicht ohne die Prestigemarken Jaguar, Land Rover und Aston Martin abzustoßen und viele seiner Anteile an Mazda zu verkaufen.

Ihrem wichtigsten Wirtschaftszweig, der Autoindustrie, wollte die deutsche Bundesregierung solche Schicksale ersparen. Schnell war die Idee zu Kaufanreizen geboren. Konkret hatte sich die damalige große Koalition - auf Vorschlag des führenden deutschen Autolobbyisten Matthias Wissmann - eine Verschrottungsprämie ausgedacht. 2500 Euro bekam, wer sein altes Auto dem Autoverwerter übergab und sich im Zuge dessen einen Neu- oder Jahreswagen kaufte. Um dem Konjunkturprogramm einen ökologischen Anstrich zu geben, erhielt es den Namen "Umweltprämie". Im allgemeinen Sprachgebrauch setzte sich jedoch der Begriff "Abwrackprämie" durch, der später auch zum Wort des Jahres 2009 gewählt wurde.

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Sie sind kräftig, sollen aber wenig verbrauchen: Plug-In-Hybride fahren dank extern aufladbarer Batterien zeitweise emissionslos, zugleich lindert ihr Verbrennungsmotor die Reichweitenangst. Wäre da nicht das Problem mit dem Preis.

Von Thomas Harloff

Bis zu 5000 Euro Zuschuss für ein Elektroauto

2016 droht der deutschen Autoindustrie wieder eine Krise. Spätestens am vergangenen Freitag, als das Kraftfahrt-Bundesamt die Ergebnisse seines Abgastests bei Dieselfahrzeugen veröffentlichte und dies zum Rückruf von 630 000 Autos führte, hat sich der VW-Skandal zu einem herstellerübergreifenden Dieselskandal ausgeweitet. In nur einem halben Jahr hat das Image der Dieseltechnologie stark gelitten.

Stattdessen werden die Forderungen nach alternativen Antrieben vehementer, besonders aus der Politik. Die Autoindustrie hat solche Modelle schon im Angebot, aber die deutschen Kunden wollen ihre Elektroautos nicht. Sie fordert die Prämie besonders vehement, schließlich würden ähnliche Anreize im Ausland bereits gut funktionieren. Also trifft sich die Branche mit Kanzlerin Merkel zu einem Autogipfel, bei dem dieser Zuschuss wohl beschlossen wird. 4000 Euro soll es für Käufer geben, die sich ein Elektroauto zulegen. Wer sich einen Plug-in-Hybrid kauft, also ein Auto mit Verbrennungs- und Elektromotor, dessen Batterie sich an der Steckdose aufladen lässt und das wenige Kilometer rein elektrisch fahren kann, soll immerhin 3000 Euro bekommen. Eine Hälfte soll der Bund zuschießen, die andere Hälfte aus der Autoindustrie kommen.

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Auch die Autoindustrie soll sich an der Prämie beteiligen. Käufer von Premium-Fahrzeugen gehen wohl leer aus.

Zwei Millionen neue Autos in einem halben Jahr

Es ist ein mit der Hoffnung verbundenes Konstrukt, dass sich Geschichte wiederholt. Dank der Abwrackprämie ist es zwischen März und September 2009 gelungen, fast zwei Millionen alte Autos zu verschrotten und genauso viele neue Autos auf die Straßen zu bringen ( konkrete Zahlen können Sie in diesem Abschlussbericht nachlesen). Besonders die deutschen Volumenmarken profitierten, mehr als 35 Prozent der unter Mithilfe der Prämie verkauften Neuwagen stammten von VW (etwa 400 000) und Opel (gut 160 000). Doch auch für die Importmarken, die ihr Geld vor allem mit günstigen Kleinwagen verdienen, hatte sich die staatliche Hilfe gelohnt. Škoda und Fiat konnten hierzulande im gleichen Zeitraum jeweils zwischen etwa 100 000 und 130 000 Autos verkaufen. Ford profitierte ihn ähnlichem Rahmen.

Durch die Umweltprämie, die vor allem für einen Verkaufsschub von Kleinst- bis Kompaktwagen sorgte, konnten zudem einige Importeure ihre Marktanteile in Deutschland erstmals eklatant steigern. Zu den größten Gewinnern des Jahres 2009 gehörten Lada mit einem Plus von 105,3 Prozent (wenn auch mit einem insgesamt sehr niedrigen Absatzniveau), Ford (86,1 Prozent) und Hyundai (76,7 Prozent). Aber auch Kia, Alfa Romeo, Škoda und Renault/Dacia wuchsen in dem Jahr um mehr als die Hälfte. Einen nachhaltigen Effekt hatte die Prämie nur für wenige dieser Marken. Allein Kia, Hyundai und Škoda konnten ihre Marktanteile seitdem halten oder sogar ausbauen.

Bleibt die Frage, für welche Hersteller sich eine Elektroauto-Prämie lohnen könnte. Der E-Auto-Pionier Tesla dürfte es nicht sein. Das hat mit den Feinheiten der geplanten Regelung zu tun. Den Zuschuss soll es nur geben, wenn der Listenpreis des Basismodells maximal 60 000 Euro beträgt. Tesla bietet aber derzeit nur die Oberklasseautos Model S und Model X an, der Einstieg in die Tesla-Welt kostet mindestens 88 300 Euro. Bis das bezahlbare Model 3 auf den Markt kommt (im Gespräch ist Herbst 2018, in Europa womöglich noch später), könnte die Förderung bereits ausgelaufen sein. Denn die Elektroauto-Prämie soll nach dem Windhundprinzip funktionieren: Ist der Fördertopf aufgebraucht, hört die staatliche Unterstützung auf. Geplant ist sowieso, die Prämie von 2018 an auf 3000 Euro für Elektroautos und 2000 Euro für Plug-in-Hybride zu senken.

So könnten die Profiteure von damals auch diesmal wieder zu den Gewinnern zählen. VW hat mit dem E-Up und dem E-Golf zwei Elektroautos im Programm, der Golf ist außerdem noch als Plug-in-Hybrid erhältlich. Renault bietet mit dem Zoe eines der günstigsten Elektroautos auf dem deutschen Markt an, Ford hat den Focus Electric im Portfolio. Nissan, das seinerzeit um gut 45 Prozent wuchs, verkauft neben dem Leaf auch noch einen Kleinbus mit Elektroantrieb, könnte also auch diesmal gepusht werden. Außerdem könnten zwei Marken zu den Gewinnern zählen, die 2009 kräftige Einbußen verkraften mussten: BMW, das mit dem i3 ein reines Elektroauto anbietet, und Mercedes, das den B 250 e im Angebot hat. Der neue Smart mit Elektroantrieb kommt vielleicht noch 2016.

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Hyundai und Kia lauern schon

Mit Hyundai und Kia könnten zwei der größten Abwrackprämien-Nutznießer auch diesmal wieder einen Vorteil haben. Hyundai hat mit dem Ioniq im März auf dem Genfer Autosalon ein Auto vorgestellt, dass es sowohl mit reinem Elektroantrieb als auch als Hybrid geben wird. Kia verkauft schon heute das Elektroauto Kia Soul EV und bringt bald den Niro, ein Schwestermodell des Hyundai Ioniq, das später auch mit Plug-in-Hybridantrieb erhältlich sein soll.

Doch Kaufprämie hin, Angebot her: Wenn nicht gleichzeitig die nötige Lade-Infrastruktur aufgebaut wird, dürfte die Elektromobilität trotz der geplanten staatlichen Anschubfinanzierung scheitern. Denn das ist der große Unterschied zu 2009: Damals wurden zwar vor allem sparsame Kleinwagen verkauft, aber die hatten fast alle konventionelle Verbrennungsmotoren. Und die dafür nötigen Tankstellen gab es schon.

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