Elektromobilität:Deutsche Autohersteller werden Opfer ihrer Trägheit

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Dass die chinesische Regierung früher oder später würde handeln müssen, um der katastrophalen Luftqualität in den Großstädten Herr zu werden, war abzusehen (Foto: Getty Images)

VW, BMW und Daimler haben sich in China zu lange auf ihre guten Geschäfte verlassen. Jetzt will die Regierung die Spielregeln ändern - und die Deutschen sind nicht vorbereitet.

Kommentar von Thomas Harloff

Für die deutschen Autohersteller lief es bisher in China. Zwischen 20 (BMW) und 40 Prozent (VW) ihrer Autos setzen sie im bevölkerungsreichsten Land der Erde ab. Zahlen, die zeigen, dass der chinesische Markt nicht nur wichtig, sondern essenziell für die deutsche Autoindustrie ist.

Und wenn es läuft, dann sollte am besten alles genau so bleiben, wie es ist. Neue Spielregeln kann man in so einer Situation nicht gebrauchen. Doch genau die stellt die chinesische Regierung auf. Einem Gesetzentwurf zufolge soll es von 2018 an eine Quote geben, die den Anteil von Elektroautos am Gesamtmarkt vorschreibt. Es ist ein komplizierter und noch nicht exakt definierter Schlüssel, aber fest steht, dass er einen deutlich höheren Anteil an verkauften E-Mobilen vorschreibt, als die Hersteller heute leisten können. Wem das nicht gelingt, der muss entweder seine Produktion drosseln oder sich mit viel Geld freikaufen. Also herrscht Aufruhr in den Konzernzentralen zwischen Wolfsburg, Stuttgart und München. Man wird sich umstellen, vielleicht sogar strecken müssen, um die neuen Vorgaben zu erfüllen.

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:Deutsche Autohersteller sind entsetzt über chinesische Elektroquote

Gerade für Konzerne wie VW und BMW würde eine solche Quote "großen Stress" bedeuten. Helfen soll nun Wirtschaftsminister Gabriel.

Von Christoph Giesen, Peking, und Thomas Fromm

BMWs Modellprogramm ist nur bedingt zukunftsfähig

BMW - die deutsche Marke, die noch am stärksten als Elektroauto-Hersteller wahrgenommen wird - muss in China von 2018 an etwa sechsmal mehr Batteriefahrzeuge verkaufen als heute.

Doch wie soll das gehen, wenn das Modellprogramm vor allem aus Businesslimousinen - teils in exklusiv dort angebotenen Langversionen - und SUVs besteht, aber nur ein kleines und noch dazu eigenwillig gestaltetes Elektroauto wie den i3 bereithält? Wenn 2018 gerade einmal ein Elektro-X3 hinzukommt? Wenn die Serienversion der iNext-Studie noch mindestens bis 2021 auf sich warten lässt? Und die nächsten Generationen des i3 und i8 noch mindestens ein Jahr länger? Wenn große und luxuriöse Elektroautos, also Konkurrenten für Teslas S- und X-Modelle, auf absehbare Zeit völlig fehlen? Kein Wunder, dass angesichts dieser Situation einige Manager hoch oben im BMW-Vierzylinder-Hochhaus im Münchner Norden nasse Hände bekamen, als sie die Nachrichten aus China hörten.

Es gab schon Maßnahmen vor der E-Auto-Quote

Dabei gab es genug Warnzeichen, dass die seit einigen Jahren verfolgte Strategie, den chinesischen Markt mit stark (verbrennungs-)motorisierten Luxusautos zu fluten, ein Mindesthaltbarkeitsdatum hat. Dass die Behörden nicht ewig zuschauen würden, wie die verstopften Straßen die Metropolen ihres Landes immer weiter verstopfen. Wie die Luft in den Städten auch wegen der Autoabgase immer stickiger und ungesünder wird. Und wie die einheimische Autoindustrie trotz des Joint-Venture-Zwangs den großen ausländischen Herstellern schon auf dem einheimischen Markt nur wenig entgegenzusetzen hat - und so gut wie gar nichts exportieren kann. Es dürfte die deutschen Manager eigentlich nicht sonderlich überraschen, dass die Einparteienregierung eines sozialistischen, autoritär geführten Staates irgendwann Gegenmaßnahmen ergreift.

Es ist ja keineswegs so, dass es nicht schon erste Maßnahmen, zarte politische Lenkeingriffe, gegeben hätte. Da ist die Kaufprämie von 8000 Euro für Elektroautos - allerdings nur für solche aus chinesischer Produktion. In den besonders großen Städten wie Shanghai oder Peking wird die Neuzulassung von Autos reguliert, indem neue Nummernschilder einmal im Monat versteigert werden - und dabei nur jeder 700. Bewerber zum Zuge kommt. Wer ein Elektromobil zulassen möchte, kommt das begehrte Nummernschild dagegen einfach so.

Halbgare Plug-in-Hybride können nicht die Lösung sein

Man hätte also ahnen können, dass sich bald noch Größeres ändert in China. Und das eigene Portfolio daran anpassen. Doch statt stärker auf die neuen Antriebe zu setzen, ganze Modellinien mit Elektroantrieben für ihren wichtigsten Markt zu entwickeln, haben die Hersteller immer weiter Autos bekannter Machart gebaut. Immer mehr und immer größere. Und versucht, die Zwischenzeit mit halbgaren Plug-in-Hybriden zu überbrücken, die zwar ein paar Kilometer elektrisch fahren können, aber die weder gute Autos noch brauchbare Elektromobile sind.

Das Beispiel der deutschen Autoindustrie in China zeigt, wie gefährlich es sein kann, sich auf einen zu schnell wachsenden Markt zu verlassen und sich von ihm abhängig zu machen, solange der Profit stimmt. Das hindert Firmen daran, innovativ zu sein und sich für eine Zukunft zu rüsten, in der nach anderen Regeln gespielt wird. Aber vielleicht haben die chinesischen Bestrebungen ja auch etwas Gutes. Sie erhöhen den Innovationsdruck in Sachen Elektromobilität ungemein. Davon werden auch die anderen Märkte profitieren - und mögen sie im Vergleich zu China auch noch so unwichtig sein.

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