Elektromobilität:Daimler stellt Lastwagen mit Elektroantrieb vor

Mercedes-Benz urban eTruck

Bei den E-Trucks sitzen die Elektromotoren direkt neben den Naben; die Batterien sind innerhalb des Rahmens verbaut.

(Foto: Daimler AG)
  • Daimler hat seinen ersten Prototypen eines elektrisch angetriebenen Lastwagens vorgestellt.
  • Der 26-Tonner ist für den Verteiler-Verkehr gedacht und soll eine Reichweite von bis zu 200 Kilometern haben.
  • Anfang des kommenden Jahrzehnts will Daimler damit beginnen, schwere Lkw mit Verbrennungsmotoren aus der Stadt herauszuhalten.

Von Thomas Fromm und Max Hägler

Die Idee hat ihren Charme: Überall in den Städten und Industriegebieten wächst die Umweltbelastung durch den Verkehr; an vielen Orten drohen Fahrverbote. Mit weit vorne auf der Liste der Luftverpester: Lkw, die täglich in die Städte hinein- und wieder herausfahren, um ihre Waren zu transportieren.

Erst vor wenigen Tagen hatte der Chef des kalifornischen Elektroautoherstellers Tesla, Elon Musk, sein Rezept zur Verbesserung der Luft in den Städten angekündigt: Die Amerikaner wollen in einigen Jahren nicht nur sportliche E-Limousinen und SUVs bauen, sondern auch Elektro-Lkw. Noch ist dies beim obersten Mobilitätsvisionär dieser Tage alles reine Theorie. Wohl deshalb beeilt man sich nun in Stuttgart - die Zeit läuft.

"Ich denke, jetzt ist genau der richtige Moment"

Auch Daimler-Truck-Chef Wolfgang Bernhard glaubt an die Zukunft der Elektro-Brummer. Schon im kommenden Jahrzehnt soll ein für den städtischen Lieferverkehr konzipierter mittelschwerer Lkw mit 26 Tonnen Gesamtgewicht aus Stuttgart kommen, kündigte Bernhard am Mittwoch an. "Wer zu spät kommt, verliert den Markt, wer zu früh kommt, verliert viel Geld", sagt Bernhard im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. "Ich denke, jetzt ist genau der richtige Moment."

Große Lastwagen, die elektrisch fahren? Nicht machbar, sagten so ziemlich alle Truck-Manager über Jahre und winkten ab. Zu schwer seien die Fahrzeuge, zu schwach die Batterien. Wie viele Akkus müsste man unter so einen großen Truck schnallen, damit der seine Strecken zurücklegen kann, ohne liegen zu bleiben?

"200 Kilometer Reichweite, das genügt"

Außerdem, so die Skeptiker: Der Diesel für den Lkw sei heutzutage ohnehin ausgereift; es brauche also gar keine Ablösung bei der Antriebstechnik.

Das war erst gestern. Heute ist der Plan schon wieder ein anderer, zumindest bei einem relevanten Akteur, dem Daimler-Konzern, dem - abgesehen von chinesischen Produzenten - größten Truckhersteller der Welt. Jetzt haben die Schwaben das schwer Machbare auf die Straße gebracht: Einen Lkw, der nur per Elektroantrieb fährt, "urban E-Truck" genannt. "Unsere vollelektrischen 26-Tonnen-Lkw haben bis zu 200 Kilometer Reichweite, das genügt", sagt Bernhard. Bereits jetzt seien getarnte Testfahrzeuge unterwegs, Anfang des kommenden Jahrzehnts könnte die Technik in Serie gehen.

Eingeplant für den Verteiler-Verkehr

Das Konzept basiere auf einem Verteiler-Verkehr: Herkömmliche Lkw bringen die Ware zu einer Verteilstation am Stadtrand. Dort wird die Fracht dann auf Elektro-Trucks umgepackt. "So können wir schwere Lkw mit Verbrennungsmotoren aus der Stadt heraushalten", sagt der Manager.

Denn bei allen Beteuerungen zu hoch entwickelten Verbrennermotoren: Sie stoßen immer noch reichlich Abgase aus und auch der Lärm belästigt viele Menschen in den Städten, gerade diejenigen, die neben großen Supermärkten oder Einkaufszentren wohnen. Für diese Geschäfte wird der Lastwagen nun konstruiert, offenbar in enger Absprache mit den Abnehmern: "Wir haben einige relevante Großkunden, die ganz heiß auf Tests sind", sagt Bernhard, ohne allerdings Namen zu nennen. "Die wollen Vorreiter mit Elektro-Lkw sein."

Keine staatlichen Subventionen geplant

Die Kunden - es sind vor allem die großen Speditionsfirmen - können auf eines nicht hoffen: Dass sie, wie die Käufer von Elektroautos, Förderungen vom Staat erhalten. "Wir erwarten für Elektro-Lkw keine staatlichen Subventionen", sagt Bernhard. "Das müssen wir aus eigener Kraft schaffen."

Das Problem ist: Batterietechnik und Elektromotoren müssen größer und stabiler ausgelegt sein, als dies heute bei Elektroautos der Fall ist. Bei den E-Trucks sitzen die Elektromotoren direkt neben den Naben; die Batterien sind innerhalb des Rahmens verbaut und könnten mit starken Ladestationen innerhalb weniger Stunden gefüllt werden. Wobei das Laden gar nicht so problematisch sein werde, glaubt Bernhard: Abends würden die Elektrotrucks in ihren Zentralen abgestellt, nur dort müssten diese Ladegeräte vorgehalten werden.

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