Elektroflieger Hy4:Erstes Passagierflugzeug mit Wasserstoffantrieb gestartet

  • In Stuttgart ist am Donnerstagmorgen das erste von Brennstoffzellen angetriebene Passagierflugzeug gestartet.
  • In Zukunft sollen elektrische Flieger vor allem im deutschen und europäischen Regionalverkehr eingesetzt werden.

Von Felix Reek

Ein wenig sieht die HY4 aus wie ein Katamaran. Oder wie zwei Flugzeuge, die an der Tragfläche zusammengewachsen sind. In der Mitte befindet sich ein Propeller, rechts und links daneben eine Fahrgastkabine und ein Cockpit. Darin saßen am Donnerstagmorgen zwei Piloten und steuerten über dem Luftraum von Stuttgart den Jungfernflug der HY4. Eine Weltpremiere.

Denn die HY4 ist laut Josef Kallo vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) das erste Passagierflugzeug, das von Brennstoffzellen angetrieben wird. Sie produzieren aus Wasserstoff und Sauerstoff Elektrizität, die die nötige Energie für den Elektromotor liefert. Vollkommen emissionsfrei. Als einziges Nebenprodukt entsteht Wasser. Das ist erwähnenswert, weil in der Diskussion um die von Autos produzierten Abgase oft vergessen wird, wie umweltschädlich der Flugzeugverkehr ist. Eine Boeing 747 produziert fast eine Tonne Kohlendioxid - allein beim Start.

Die HY4 ist die Forschungsgrundlage für zukünftige sauberere Alternativen im Luftverkehr. Seit fünf Jahren arbeiten Kallo und sein Team an dem Antrieb mit dem Ziel, die Brennstoffzellentechnologie zu optimieren und für den Einsatz im Passagiertransport zu erproben. Drei Personen können neben dem Piloten in dem Flugzeug Platz nehmen, die Reichweite beträgt zwischen 750 und 1500 Kilometer. Spitzengeschwindigkeit: 200 km/h. "Mit der heutigen Technologie werden wir einen 40-Sitzer bauen können, der mit 450 bis 500 Kilometern pro Stunde etwa 1000 Kilometer weit kommt", erklärt Kallo Wired. "Mehr gibt die Wasserstofftechnologie nicht her."

Hochleistungsbatterien zum Start

Mit reiner Brennstoffzellenenergie kann Kallos die HY4 aber nicht fliegen. Beim Start und Steilflug unterstützen Hochleistungsbatterien den Antrieb, um für die nötige Schubkraft zu sorgen. Im Reisebetrieb übernehmen die Brennstoffzellen, die von einem Wasserstofftank an Bord gespeist werden. Fällt eines der Systeme aus, übernimmt das jeweils andere.

Der Ingenieur entwickelt schon seit einigen Jahren Brennstoffzellenantriebe, unter anderem für General Motors, und ist seit zehn Jahren am Institut für Technische Thermodynamik des DLR in Stuttgart. Dort konstruierte er den Antrieb für das erste bemannte Brennstoffzellenflugzeug Antares DLR-H2, das 2009 in Hamburg zum ersten Mal startete.

Die HY4 basiert auf den Erfahrungen dieses Projekts und einem Konzept der slowenischen Firma Pipistrel, die mit ihrem batteriebetriebenen Elektroflugzeug 2011 die von der NASA ausgeschriebene Green Flight Challenge gewannen. In ihren Werkshallen bauten Kallo und sein Team auch das Hy4 zusammen.

Zur Vernetzung der Regionalflughäfen

Das Einsatzgebiet des neuen Konzepts zur Personenbeförderung ist aber noch begrenzt. "Aus unserer Sicht eignen sich die elektrischen Flugzeuge vor allem dazu, als Air Taxis die Regionalflughäfen, die ein- oder zweihundert Kilometer auseinanderliegen, besser zu vernetzen oder mit größeren Flughäfen zu verbinden", erklärte Kallo der Wirtschaftswoche. Doch das Projekt sei eher "ein Einstiegsszenario für elektrisches Fliegen im deutschen und europäischen Regionalverkehr", so Anke Kovar, Leiterin des DLR in Stuttgart.

Größere Flügzeuge seien aber nicht ausgeschlossen. Doch die müssten von Grund auf neu entwickelt werden. Und bräuchten nach heutigem Stand der Technik die Unterstützung eines Verbrennungsmotors.

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