Elektroautos:Ersatzkabel: 7000 Euro

Feuerwehrmänner üben das Zerschneiden eines Elektroautos

Auf dem Hof des ADAC-Technikzentrums in Landsberg zerschneiden Feuerwehrmänner einen BMW i3. Bei solchen Übungen lernen die Retter den sicheren Umgang mit Hochvoltkomponenten nach einem Unfall.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Ob Marderbiss oder Auffahrunfall: Elektroautos sind teurer zu reparieren als Verbrenner. Das treibt die Versicherungsbeiträge in die Höhe.

Von Joachim Becker

Ein bisschen Strom, mehr brauchen Elektroautos nicht. Dass sie im Unterhalt billiger als Verbrenner sind, gilt aber nur bedingt. Wenn etwas schiefgeht, steigen die Kosten deutlich. Ersatzteile sind teuer und viele Reparaturen können nur von extra geschulten Mechanikern mit Spezialwerkzeugen ausgeführt werden - und das meist nur in den teuren Vertragswerkstätten der Hersteller. "Bei den Gesamtschäden sehen wir einen um zehn Prozent höheren Anteil der Kollisionsschäden bei Elektroautos. Innerhalb der Kollisionsschäden wiederum sehen wir etwa 30 Prozent höhere Reparaturkosten bei Elektroautos im Vergleich zum Markt", erklärt Carsten Reinkemeyer, Leiter der Sicherheitsforschung im Allianz Zentrum für Technik.

Elektroautos unterscheiden sich äußerlich kaum noch von Fahrzeugen mit herkömmlichen Antrieben. Aber sie sind aufgrund der Batterie schwerer und meist auch steifer. Die Batterie muss gegen Beschädigung beim Unfall bestmöglich geschützt werden. Deshalb sind Elektroautos unter dem Blech anders aufgebaut als Fahrzeuge mit konventionellen Antrieben. Dass der Aufprallschutz grundlegend funktioniert, zeigen die Zahlen der Versicherer: Fahrzeugbrände stellen ein viel geringeres Problem dar, als es häufig dargestellt wird.

Fahrzeugbrände sind bei Elektroautos viel seltener als bei Verbrennern

"Von 15 000 Fahrzeugbränden, die jährlich bei allen Versicherern registriert wurden, sind nicht einmal 50 bei Elektrofahrzeugen aufgetreten", so Reinkemeyer. Ohnehin sind die meisten Unfälle nur Bagatell- und Parkschäden: "Nur bei drei Prozent der Kollisionen kommt es zu Airbag-Auslösungen."

Das Schadensbild bei Elektroautos ist im Prinzip vergleichbar mit konventionellen Autos, bei der Unfallreparatur sind aber deutliche Unterschiede zu sehen. Das zeigen Auswertungen der Allianz für den Zeitraum von 2018 bis 2020. Schuld sei das Hochvoltsystem, bei dessen Reparatur strenge Vorschriften und Herstellervorgaben gelten. "Mercedes lässt etwa nach Airbag-Auslösung jede Batterie aufwendig ausbauen und ersetzen, Renault arbeitet teilweise auch mit Tauschbatterien", berichtet Carsten Reinkemeyer: "Sehr restriktive Vorgaben treiben die Reparaturkosten und wirken sich letztendlich auch auf die Versicherungseinstufung aus." Wenn die Batterie entsorgt werden muss, kann es bei gebrauchten Elektrofahrzeugen schnell zu einem wirtschaftlichen Totalschaden kommen.

Auch ein vom Marder angebissenes Hochvolt-Kabel kann heute nicht repariert werden. Das verteuert den Schadenaufwand deutlich. So kostet ein notwendiger Kabelsatz bis zu 7000 Euro. Es geht aber auch anders: Einige Automobilfirmen verwenden Schutzummantelungen, die getauscht werden können. Die Reparaturkosten lassen sich dadurch um bis zu 97 Prozent reduzieren.

Grundsätzlich kann ein Stromer nur in einer Werkstatt repariert werden, die eine Qualifikation für "eigensichere Hochvolt-Fahrzeuge" ausweist. Bei schweren Schäden ist das nicht mehr der Fall und es besteht Brandgefahr durch Kurzschlüsse. Bei diesem relativ kleinen, aber teuren Anteil der Schäden genügt die Qualifikation des Werkstattpersonals nicht mehr. In der Praxis verlängern solche Verzögerungen in der Schadenbearbeitung die Reparaturdauer.

"Das entspricht nicht unserem Anspruch an die Kundenzufriedenheit. Hier müssen die Hersteller standardisierte Lösungen schaffen", fordert Reinkemeyer. Ein weiterer Unterschied zur Unfallreparatur von Fahrzeugen mit konventionellen Antrieben liegt darin, dass der Akku auch bei nicht mehr funktionsfähiger Anlage oft noch immer viel Energie enthält. So entstehen nach einer Bergung beispielsweise zusätzliche Kosten durch die notwendige Brandvorsorge.

Hohe Kosten? Die Versicherung reicht den schwarzen Peter an die Kunden weiter

"Bisher haben reine Elektroautos im Durchschnitt eine niedrige jährliche Laufleistung und eine entsprechend geringe Schadensbilanz. Trotzdem werden sie nicht günstiger eingestuft als Benziner", erläutert Carsten Reinkemeyer, "Plug-in-Hybride liegen in der Typklasse sogar oberhalb von Dieselfahrzeugen, weil sie wie diese meist leistungsstärker sind und auch viel bewegt werden." Pro Typklasse kann man über den Daumen mit einer acht bis zehn Prozent höheren Prämie gegenüber Verbrennern rechnen. "Die Versicherungseinstufungen von Plug-in-Hybriden liegen etwa 50 Prozent über dem Marktdurchschnitt."

Nicht erst, wenn es bei den Stromern kracht, kann es also teuer werden. Hier setzt sich eine Entwicklung fort, die Experten seit 2013 beobachten: Weil auf dem Markt ein Quasi-Monopol der Autohersteller herrsche, seien die Ersatzteilpreise zwischen 2019 und 2020 um fast fünf Prozent gestiegen, bilanziert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV): "Die Kosten für Pkw-Ersatzteile steigen rasant und deutlich schneller als die Inflationsrate: Während der Verbraucherpreis-Index seit Januar 2013 um 8,8 Prozent nach oben ging, erhöhten Autohersteller ihre Ersatzteilpreise durchschnittlich um über 35 Prozent."

Gerade bei gebrauchten E-Autos häufen sich die Berichte über hohe Ersatzteilpreise. Die US-Marktanalysten von "We Predict" haben in einer Studie 1,6 Millionen Wartungs- und Reparaturaufträge ausgewertet. Das überraschende Ergebnis: Die Servicekosten liegen für batterieelektrische Fahrzeuge in den ersten drei Monaten nach der Erstzulassung mit umgerechnet 105 Euro im Schnitt doppelt so hoch wie bei Verbrennern.

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