Elektroauto Opel Ampera:Neue Technik, neues Glück

Der Wandel zum Elektroauto soll für den angeschlagenen Opel-Konzern die Chance sein, wieder zur Konkurrenz aufzuschließen.

Thomas Fromm

Es sind oft kleine symbolische Handlungen, in die Konzernchefs ihre Botschaften verpacken. Bei Autoherstellern zum Beispiel lohnt es sich anzusehen, wer wann wo mit welchem Modell aufkreuzt.

Als Anfang vergangener Woche die "Nationale Plattform Elektromobilität" ihren Bericht zur Zukunft von Elektroautos in Deutschland der Bundeskanzlerin übergab, fuhr der neue Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke im neuen Opel Ampera vor. Sprach von Opel als erstem europäischen Hersteller mit einem "voll alltagstauglichen Elektroauto" und sagte selbstbewusst: "Der Ampera ist das richtige Auto zur richtigen Zeit."

Das richtige Auto zur richtigen Zeit - vor allem für Opel. Für andere Autobauer mag der kostspielige Technologiewandel vom Benzin- zum Elektroauto ein notwendiges Übel sein, dem man sich auf Dauer nicht verweigern kann.

Für den angeschlagenen Autobauer aus Rüsselsheim aber, der seit Jahren gegen seinen eigenen Absatz- und Imageverlust ankämpft, ist es mehr. "Wir haben in den nächsten Jahren die einmalige Chance, mit unseren E-Autos Marktführer zu werden", sagt Stracke.

Neue Technik, neues Glück. Der Ampera ist zwar kein reines Elektroauto. Er fährt mit Akku, einem Verbrennungsmotor und einem sogenannten "Range Extender", einem Reichweitenverlängerer. Aber wenn er Ende des Jahres bei den Autohändlern steht, will der Hersteller aus Rüsselsheim endlich wieder vorne mitfahren - und in Europa gegen Rivalen wie VW, Ford oder Renault punkten.

"Ein neues Image kriegen sie nicht über Nacht hin. Aber die Einführung des Elektroautos wird uns helfen, diesen Prozess zu beschleunigen", meint der Opel-Chef.

Im Herbst, wenn der Ampera für voraussichtlich etwa 42.000 Euro verkauft wird, will Stracke mit regionalen Energieversorgern zusammenarbeiten. "Es geht uns darum, den Ampera im Paket mit Stromverträgen anzubieten, die allein auf erneuerbaren Energien basieren", sagt er. Der Neue an der Opel-Spitze hat ein Gespür für die richtigen Themen.

Die Erwartungen sind hoch

Stracke ist seit 30 Jahren im Konzern. Aber er ist seit nicht einmal zwei Monaten Opel-Chef. Wenn der 54 Jahre alte Nordhesse Englisch spricht, dann hört man, dass er jahrzehntelang mit Amerikanern aus Detroit zusammengearbeitet hat. Wenn er Deutsch spricht, klingt er wie jemand, der Fabriken auch von innen kennt - aus seiner Zeit als Produktionsmann im Opel-Werk Bochum in den späten 90ern zum Beispiel.

Zuletzt entwickelte er im Konzern innovative Elektromodelle wie den Opel Ampera und Chevrolet Volt. Alles schon gesehen, alles schon mal irgendwann gemacht. Nur den Opel-Chef, den hatte er bisher noch nicht gegeben. Opel, ausgerechnet die schwache Europatochter, um die vor zwei Jahren viele buhlten, weil sie hofften, dass die Mutter sie längst aufgegeben hatte und sie sie nun geschenkt kriegen würden. Die nach langen Verkaufsverhandlungen am Ende doch bei GM blieb.

Opel hing zuletzt immer noch in den roten Zahlen, während die Mutter GM nach Blitz-Insolvenz und erfolgreichem Börsengang wieder Milliardengewinne macht. Nun soll Stracke Opel wieder auf Augenhöhe mit den anderen bringen. Mit VW, Ford, oder Renault.

Stracke ist keiner von den Managern, die lautstark große Dinge ankündigen. Der Ingenieur spricht leise, manchmal flüstert er nur. Zum Beispiel, wenn er beschreibt, wofür Opel künftig stehen soll. "High-Tech-Premium", sagt er. Und schaut fragend in die Runde, um die Reaktionen seiner Zuhörer zu testen.

Strackes Vorgänger Nick Reilly, das war noch der harte Sanierer, der Zahlenmann, der antrat, um im Auftrag der Detroiter Mutter die Zügel anzuziehen und in ganz Europa 8000 von 4.8000 Stellen abzubauen, fast 5000 davon in Deutschland.

Stracke aber redet lieber über die Zukunft als die Vergangenheit. Er will die Euphorie zurückbringen, die dem Konzern zuletzt abhanden gekommen war. Elf Milliarden Euro hat er in den nächsten Jahren zur Verfügung, Pläne für 30 neue Produkte in der Schublade.

Opel als Auto für Welt - das ist das Ziel

Es gibt erste Zeichen dafür, dass es besser wird. Im ersten Quartal dieses Jahres hatte Opel seinen Absatz in Deutschland wieder um 17,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal gesteigert. Vor allem Astras wurden verkauft - jene Autos also, die unter anderem in Bochum hergestellt werden, wo Management und Arbeitnehmer noch immer um den Abbau von Hunderten Jobs ringen.

Stracke aber will mehr. Er will mit Opel raus aus Europa. Jahrelang war es so: Die Mutter GM kümmerte sich um die Welt, Opel bediente Europa. Als im vergangenen Jahr Wettbewerber wie Volkswagen, BMW und Daimler die Jahrhundertkrise abschüttelten und plötzlich von einem Absatzrekord zum nächsten eilten, schaute man bei Opel neidisch zu.

Ausgerechnet auf den Märkten, auf denen die Konkurrenz Absatzrekorde feiert, war Opel nicht vertreten. Das soll nun anders werden. "Wir haben große Chancen, in den nächsten Jahren außerhalb Europas zu wachsen", sagt Stracke.

Er meint Länder wie Argentinien, Israel und vor allem China: "Wir wollen bei Opel über unsere Grenzen hinausdenken." Zurzeit verkauft Opel weniger als 10.000 Autos pro Jahr in China. Stracke weiß, dass da noch mehr gehen muss. Jedes einzelne Modell und jeder einzelne Markt müssen mit der Mutter GM abgestimmt werden.

"Wir müssen uns ergänzen, unterscheiden und wollen uns keine interne Konkurrenz machen", sagt Stracke. "Unser Ziel ist ganz klar, anderen Herstellern Kunden abspenstig zu machen." Einzig das Mutterland von GM, die USA, bliebe tabu.

Opel als Auto für die Welt, als erste deutsche Elektroauto-Marke, ökologisch korrekt und gleichzeitig sportlich. So stellt sich der Neue an der Spitze den Autobauer der Zukunft vor. Man hatte ja nicht nur die deutsche Sängerin Lena Meyer-Landrut als Werbefigur für Opel verpflichtet, sondern auch Katie Melua: britische Folk-Bardin, nachdenklich, sensibel. Eher Dylan als Meyer-Landrut.

Zwischen Lena und Katie ist eine Menge Platz für einen Autohersteller, der auf der Suche nach einem neuen Image ist.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: