Elektroauto:Hoffnung auf die Flotten

Die Elektrifizierung des Autos wird teurer als gedacht. Als Retter in der Not könnten sich Fuhrparks von Unternehmen erweisen.

Joachim Becker

Es ist ein beliebter Irrtum, beim Stichwort Elektromobilität vor allem an die Antriebstechnik und Speicherbatterien zu denken. Doch der Durchbruch für die Stromer wird nicht von Technik-Revolutionen getrieben - im Gegenteil. Experten für Batteriechemie gehen eher davon aus, dass die anfängliche Euphorie für das lokal abgasfreie Fahren bald in Ernüchterung umschlagen wird.

"Die Fortschritte bei der Batterie werden schwieriger. Wir wissen, dass man mit herkömmlichen Speichermethoden an Grenzen stößt, die voraussichtlich 15 bis 20 Prozent über dem liegen, was man heute hat", sagt Christian Mohrdieck. Der Leiter Antriebsentwicklung für Elektrofahrzeuge bei Daimler weiß, dass die meisten Kunden ihr bisheriges Stadtauto einfach durch ein E-Mobil ersetzen wollen. Doch so reibungslos wird es nicht gehen.

Die Kosten für ein kompaktes Fahrzeug können sich durch die teuren Traktionsbatterien schnell verdoppeln. Nur die wenigsten der besonders preissensiblen Kleinwagenkäufer werden bereit sein, mehr Geld für weniger Reichweite und Komfort auszugeben. Die meisten E-Mobile dürften also als Zweitwagen in Doppelgaragen neben teuren Familienautos mit konventionellem Antrieb parken.

"Die Interessenten und Kunden sind im Moment in erster Linie die klassischen Trendsetter. Also sehr gut informierte Menschen, die Spaß am Fahren haben und sich die nachhaltige Mobilität auch leisten können. Darunter viele selbständige Unternehmer, Juristen, Professoren und Ärzte", berichtet Chaya Chatterjee, Vorstand der E-Mocom AG. Das Unternehmen hat im Mai dieses Jahres sein erstes Zentrum für Beratung und Verkauf elektrisch betriebener Fahrzeuge in München eröffnet.

Zukunft serienmäßig? Noch weiß niemand, wo im Elektro-Markt Geld verdient wird. Kann die neue Generation des Smart Fortwo Electric Drive Erfolg haben, die ab Frühjahr nächsten Jahres 19.000 Euro plus 60 Euro monatliche Batteriemiete kosten wird? Daimler rechnet immerhin mit fünfstelligen Absatzzahlen - weltweit.

Sicher ist zur Zeit nur, dass die Bundesregierung an ihrem Ziel festhält, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen: "Wir wollen Leitmarkt und zugleich Leitanbieter für Elektromobilität werden", betont Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer bei jeder Gelegenheit. Offen ist noch, welche steuerliche Regelung für elektrisch angetriebene Firmenwagen gefunden wird. Und genau hier könnte der eigentliche Startknopf für eine E-Massenmobilität liegen.

Carsharing-Flotten als Erfolgsmodell fürs E-Auto

"Der Bedarf, den wir heute in Deutschland sehen, sind Leasingverträge für Elektrofahrzeuge begrenzt auf zwei bis drei Jahre. Dabei reden wir über vergleichsweise geringe Fahrleistungen von 15.000 Kilometer pro Jahr", sagt Ludger Reffgen, Vertriebsleiter und Mitglied der Geschäftsführung der ASL Fleet Services. Der Fuhrparkexperte erwartet, dass viele Firmen die nächsten drei Jahre intensiv nutzen werden, um Erfahrungen mit den ersten Stromern zu sammeln.

Die Unternehmen wollen Probefahrten für möglichst viele Mitarbeiter generieren und Pläne zur Ladeinfrastruktur sowie Konzepte für wechselnde Nutzer ausarbeiten. Klar sei aber auch, dass die Leasingraten meist noch aus dem Marketingbudget bezahlt würden. Viele Unternehmen wollten ihr Engagement für die Umwelt durch Elektrofahrzeuge eben medienwirksam demonstrieren.

Vor allem internationale Firmen reagieren immer sensibler auf das Thema Klimaschutz. Im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitskampagnen weisen viele die CO2-Emissionen ihrer Flotten in Umwelt- und Geschäftsberichten aus. Daher haben sie ein vitales Interesse an sauberen Antriebstechnologien.

Um die Einführung alternativer Antriebe zu unterstützen, will General Electric, der Mutterkonzern von ASL Fleet Services, in den nächsten Jahren 25.000 Elektrofahrzeuge anschaffen. "Durch diesen Nachfrageschub erhoffen wir uns einen Kickstart für die Branche", sagt Reffgen, "wenn die Hersteller innovative Autos liefern, dann sind wir bereit, intensiv an dem Thema Elektromobilität mitzuarbeiten."

Das größte Geschäftsfeld für Elektrofahrzeuge könnte in dieser Dekade ohnehin in neuen Mobilitätsdienstleistungen liegen. Alphabet Fuhrparkmanagement, der Flottendienstleister der BMW Group, bietet seit neuestem ein Corporate Carsharing an: Mitarbeiter dürfen die Automobile gegen Gebühr auch privat verwenden. Diese Nutzungsform wäre auch bei Elektrofahrzeugen deutlich billiger als ein eigenes Auto - und die Firma kann die Gesamtkosten für den Fahrzeugpool senken.

Der Service AlphaCity startet zeitgleich in Deutschland, Frankreich und England. Von 2012 an erfolgt die Markteinführung in 15 weiteren Ländern. Schon heute verwaltet Alphabet 460.000 Leasingverträge, bis 2015 will die BMW-Tochter zum zweitgrößten Anbieter in Europa aufsteigen. Dadurch entsteht ein riesiger (Flotten-)Markt für Elektrofahrzeuge wie den BMW i3, der 2013 starten wird.

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