Süddeutsche Zeitung

Elektroantrieb in Flugzeugen:Leise wie der Wind

Im Sportflugzeugbau und in der kommerziellen Luftfahrt wird zunehmend über Elektroantriebe nachgedacht. Das Hauptproblem sind die schweren Batterien.

Daniel Hautmann

Elektra One fliegt. Als die einsitzige Propellermaschine Ende März abhob, bewies sie der Welt, dass keine lärmenden Verbrennungsmotoren vonnöten sind, um den Himmel zu erobern. Denn das Ultraleicht-Flugzeug mit nur 8,6 Meter Spannweite wird von einem 16 Kilowatt (kW) starken Elektromotor angetrieben, der mit 4,7 Kilogramm nur ein Viertel des Gewichtes eines vergleichbar starken Verbrennungsmotors auf die Waage bringt.

Allerdings geht von den 200 Kilogramm, die das Flugzeug insgesamt wiegt, die Hälfte zu Lasten des Akkus. Konstrukteur Calin Gologan ist dennoch überzeugt von seiner Maschine: "Mein Ziel war es, ein Flugzeug mit einer Reichweite von 400 Kilometern und niedrigen Betriebskosten zu entwickeln." Ende des Jahres soll der Flieger die Zulassung bekommen und dann samt Solar-Hangar für weniger als 100.000 Euro verkauft werden.

Bei allem verständlichen Optimismus des Entwicklers, sind Fachleute allerdings noch skeptisch. So habe der kleine Flieger im April beim Berblinger-Flugwettbewerb am Bodensee nach Ansicht von Otto Künzel, dem Juryvorsitzenden, "enttäuschende Leistungen" gezeigt.

Bei diesem Wettkampf waren Flugzeuge mit "innovativen umwelt- und ressourcenschonenden konstruktiven Auslegungen und Antrieben" gestartet. Sie mussten die Strecke Friedrichshafen-Ulm-Friedrichshafen bewältigen, wobei Steig- und Reisegeschwindigkeit bewertet wurden.

Von 24 Anmeldungen starteten 13, nur acht kamen ins Ziel - Elektra One musste vorzeitig abbrechen. Der Wettbewerb aber ist dennoch ein Indiz dafür, dass die Elektromobilität nicht nur auf der Straße allmählich ins Rollen kommt.

Pioniere waren die Segelflugzeuge, von denen in den letzten Jahren mehr und mehr mit sogenannten Heimweghilfen ausgestattet werden. Das sind meist kleine Verbrennungsmotoren samt Getriebe und Propeller, die sich im Rumpf verbergen und nur bei Bedarf - etwa bei mangelnder Thermik - ausgeklappt werden.

Zunehmend werden nun Elektromotoren verbaut. Einige Segelflugzeuge können mit diesen Motoren sogar eigenständig starten und müssen nicht erst per Winde auf Flughöhe gezogen werden.

Paradebeispiel ist die Antares 20E, die 20 Meter Spannweite hat und bei Lange Aviation in Zweibrücken gebaut wird. Der Motor leistet 42 kW und bringt das Flugzeug dank des langsam drehenden, großformatigen Propellers beständig nach oben. Die Symbiose aus lautlosem Flug und dem umweltfreundlichen sowie leisen E-Antrieb ist optimal, hat mit 160.000 Euro aber ihren Preis.

Unter den Propellermaschinen hingegen gibt es derzeit noch kaum Serienreifes. Der US-Flugzeugbauer Cessna arbeitet derzeit an einer Elektroversion einer viersitzigen Maschine und der chinesische Flugzeugbauer Yuneec International bietet für rund 70.000 Euro einen 40 kW starken, zweisitzigen Motorsegler mit 13,8 Meter Spannweite.

Natürlich interessiert sich weltweit auch die kommerzielle Luftfahrt für das Thema, doch hier ist man vom Elektromotor als Hauptantrieb noch himmelweit entfernt. Angedacht ist zunächst wenigstens die zunehmende Elektrifizierung der Maschinen. So könnten die Passagierjets am Boden zukünftig von kleinen Elektromotoren, die im Bugrad integriert sind, statt von lärmenden Turbinen bewegt werden.

Um den Weg für die Elektrofliegerei zu ebnen, veranstaltet die Comparative Aircraft Flight Efficiency-Foundation in den USA im Juli die sogenannte Green Flight Challenge. Preisgeld: 1,5 Millionen US-Dollar, gestiftet von der NASA. Die Flugzeuge müssen eine Strecke von 320 Kilometern in weniger als zwei Stunden bewältigen. Verbrauchen dürfen sie je Passagier ein Benzinäquivalent von höchstens einer Gallone (etwa 3,8 Liter).

Mit am Start wird e-Genius sein, ein für den Elektrobetrieb entworfener zweisitziger Motorsegler, der an der Fakultät für Luft- und Raumfahrt der Universität Stuttgart entwickelt wurde. Die Antriebseinheit befindet sich im Heck, wodurch der "Antriebswirkungsgrad um bis zu 20 Prozent steigt", wie Rudolf Voit-Nitschmann vom Institut für Flugzeugbau an der Universität Stuttgart sagt. Beteiligt an e-Genius ist auch Airbus; man verspricht sich wertvolle Erkenntnisse über den Betrieb von Elektroflugzeugen.

Auch Hubschrauber könnten in Zukunft elektrisch abheben. So arbeitet man bei EADS an einem dieselelektrischen Hybrid; Start und Landung sollen rein elektrisch erfolgen, was das Lärmproblem in Innenstädten lösen könnte.

Ein Grund, der auch Sikorsky Elektroantriebe testen lässt; dort konzentriert man sich im Project Firefly auf reinen Batteriebetrieb. Die Akkus sind mit rund 500 Kilo aber so schwer, dass nur eine Person einsteigen kann. Selbst dann sind nur wenige Flugminuten möglich.

Genau wie am Boden ist die Elektromobilität also auch in der Luft noch lange nicht am Ziel. "Wir haben einen Feind, der heißt Batterie", bringt es Elektra-One-Konstrukteur Gologan auf den Punkt.

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SZ vom 06.06.2011/gf
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