Süddeutsche Zeitung

Ein Auto per Abo:Mieten statt kaufen

Volvo bietet als erster Hersteller für seine Fahrzeuge ein Komplett-Abo an. Solchen Modellen könnte die Zukunft gehören - vor allem bei jüngeren Kunden.

Von Christina Müller

Was Netflix oder Spotify schon lange vormachen, will sich jetzt auch die Autobranche zunutze machen: Ein flexibles Abo-Modell, bei dem der Kunde mit wenig Aufwand, aber großer Flexibilität mit dem eigenen Fahrzeug unterwegs sein kann.

Carsharing hin, öffentlicher Nahverkehr her - auf ein eigenes Auto wollen die meisten noch immer nicht verzichten. Das zeigt auch die Mobilitätsstudie 2017. Danach finden drei Viertel aller Fahrten nach wie vor mit dem Auto statt. Und die Autoflotte in Deutschland wächst weiter auf aktuell 43 Millionen Fahrzeuge.

Auf was Autofahrer aber gerne verzichten, sind die Folgekosten des eigenen Fahrzeuges: Steuer, Versicherung, Reparaturen oder plötzlicher Wertverfall, weil auf einmal niemand mehr den alten Diesel kaufen möchte. Beim Leasingvertrag stört oft die feste Laufzeit, aus der es meist nur ein sehr teures vorzeitiges Entrinnen gibt.

Als "Das Abo" bewirbt Volvo sein Mobilitätskonzept "Care by Volvo", das auf den ersten Blick wie ein Leasingvertrag aussieht, aber bei genauerem Hinsehen doch anders gestrickt ist. Die erste Ernüchterung kommt beim Blick auf die Laufzeit: 24 Monate bindet sich der Kunde an den schwedischen Hersteller. Ein vorzeitiger Umstieg auf ein anderes Modell kostet 699 Euro, ein Komplettausstieg aus dem Vertrag ist für 1299 Euro möglich. Flexibilität sieht anders aus.

Dafür lockt Volvo mit einem "Alles-inklusive-außer-Tanken-Paket". Steuern, Versicherungen, Zulassung, Wartung oder Reifenwechsel sind mit der Monatsrate bereits abgedeckt. Zudem gibt es einen Hol- und Bringservice. Die Modelle sind in zwei Ausstattungsvarianten vorkonfiguriert, lediglich bei der Außen- und Innenfarbe gibt es ein paar Optionen. Zudem bietet Volvo verschiedene Motoren zur Auswahl.

Auf den ersten Blick sieht es nach einem teuren Spaß aus. Auf den zweiten nicht mehr

"Das größte Kommunikationshindernis ist der Preis", gibt auch Patrick Wendt zu, der für "Care by Volvo" verantwortlich ist. Für 498 Euro gibt es den Kompakt-SUV XC 40 als günstigstes Abo-Auto. Dazu kommen dann noch die Kosten fürs Benzin. Auf den ersten Blick ein teurer Spaß, was sich jedoch relativiert, wenn man genau ausrechnet, was ein finanziertes oder geleastes Fahrzeug realistisch pro Monat kostet. Laut ADAC kommt man zum Beispiel bei einem vergleichbar ausgestatteten Volvo XC 40 auf 711 Euro. Zieht man davon die Benzinkosten ab, sind es immer noch etwa hundert Euro mehr als beim "Abo-Volvo". Im Jahr 2019 will Volvo fünf Prozent seiner Autos über "Care by Volvo" an den Kunden bringen. "So wie es aktuell aussieht, schaffen wir das auch", sagt Wendt.

Was Volvo seit Oktober als erster Hersteller bundesweit anbietet, hat das Münchner Start-up-Unternehmen Cluno schon seit einem Jahr im Programm. Aktuell vermietet die Firma 42 Automodelle von elf Herstellern. Einstiegsangebot: Ein Opel Corsa für 259 Euro pro Monat. Teuerstes Modell ist aktuell ein 5er BMW für 749 Euro, aber auch rein elektrisch kann man bei Cluno fahren.

Bei den Raten gilt: Alles inklusive außer Tanken. Anders als bei Volvo bindet sich der Kunde nur sechs Monate an Cluno, dafür gibt es eine einmalige Startgebühr von 299 Euro. Die komplette Abwicklung läuft online oder über eine Smartphone-App, das ausgewählte Auto wird dem Kunden dann direkt nach Hause geliefert.

Mittlerweile ist das Start-up von anfangs 15 auf 40 Mitarbeiter gewachsen. "Das Interesse ist groß. Wir merken, dass die Menschen weiter mit ihrem eigenen Auto mobil sein wollen, aber bitte auch flexibel und mit klar kalkulierbaren Kosten", sagt Nico Polleti, einer der drei Cluno-Gründer. Dabei sei den Kunden der Hersteller oder eine bestimmte Sonderausstattung oft egal. Die Wagen sind so konfiguriert, dass sie nach etwa zwei Jahren möglichst gut verkauft werden können. Ein vergleichbares Abo-Modell bietet "like2drive". Auch dort gibt es Autos mehrerer Marken zur Auswahl, los geht es bei einem Seat Mii oder einem Mitsubishi Spacestar für jeweils 199 Euro pro Monat.

Dass Abomodelle beim Auto Zukunft haben, belegt auch eine Studie des US-Beratungsunternehmens Frost & Sullivan zur Zukunft der Mobilität. Demnach sollen bis 2025 circa zehn Prozent aller Neuzulassungen in den USA und Europa in einem Abo-Modell abgewickelt werden. Und: Die Abo-Kunden sind im Schnitt deutlich jünger als der Durchschnittsautokäufer.

Trotzdem agieren die meisten Hersteller auf diesem Gebiet aktuell nur zögerlich. Daimler bietet seine "Flexperience", bei der man sein Auto pro Jahr bis zu zwölfmal wechseln kann, nur als Pilotmodell in zwei Autohäusern an. Dafür muss der Kunde dann aber auch mindestens 750 Euro pro Monat hinlegen. Noch teurer geht es bei Cadillac zu. Unter dem Label "BOOK by Cadillac" können sich Fans der US-Marke ab 1500 Euro monatlich durch die Modellpalette probieren - bisher allerdings nur in München.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4220844
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 24.11.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.