E-Scooter:Autofahrer müssen auf Platz in den Städten verzichten

84 Prozent der Deutschen befürworten E-Scooter

Obwohl es mittlerweile verschiedenste Mobilitätsformen gibt, verzichten nur wenige komplett auf ein eigenes Auto.

(Foto: Jürgen Naber, dpa)

Anstatt die Städte mit immer neuen Verkehrsmitteln vollzustopfen, sollten Verkehrspolitiker sich endlich trauen, Räume neu zu verteilen - auf Kosten des Autos.

Kommentar von Christina Kunkel

Es war höchste Zeit, dass auch in Deutschland E-Scooter erlaubt werden. Denn die elektrischen Tretroller sind ein niedrigschwelliges Angebot, um kurze Wege in Innenstädten zurückzulegen. Im besten Fall nicht nur zügig, sondern auch mit einem gewissen Spaßfaktor. Doch alleine durch die Zulassung wird es nicht entspannter, sich in der Stadt fortzubewegen. Dafür brauchen Rollerfahrer auch den nötigen Platz. Verkehrspolitiker müssen sich endlich trauen, Verkehrsräume neu zu verteilen. Das kann am Ende nur auf Kosten der Autofahrer gehen, denen man Parkplätze oder ganze Fahrspuren wegnehmen muss.

Der Platz in den Städten ist limitiert. Bestehende Radwege sind oft so schmal, dass ein Radfahrer auf die Straße ausweichen muss, um einen E-Scooter sicher zu überholen. An vielen Stellen ist es für Autofahrer schon jetzt quasi unmöglich, den vorgeschriebenen Überholabstand zu einem Zweirad einzuhalten. Dass der Roller mit in die U-Bahn darf, ist eine gute Sache. Doch wenn zu Hauptpendelzeiten schon jetzt die Türen der Bahn vor lauter Menschen kaum schließen, wird das mit E-Rollern im Gepäck nicht besser.

Deshalb sind die Befürchtungen berechtigt, dass es zu mehr Konflikten kommen wird, wenn sich Autofahrer, Radler und Fußgänger in Zukunft den öffentlichen Raum auch noch mit Scooterfahrern teilen müssen. Ein friedliches Miteinander kann es nur geben, wenn es ein räumliches Nebeneinander gibt. Wenn Zweiradfahren sicher und bequem sein soll, braucht es breitere, abgetrennte Radwege. Und zwar nicht nur punktuell, sondern flächendeckend. Dafür müssen Parkplätze oder auch Autospuren weichen. Wer nicht auf zwei Rädern unterwegs sein kann oder möchte, braucht bezahlbare und zuverlässige Ridesharing-Dienste - und einen intelligent gesteuerten Nahverkehr, der zu Stoßzeiten genügend Kapazitäten bereitstellt, um für Mensch und Roller genug Platz zu bieten.

Doch anstatt mit der Zulassung neuer Verkehrsmittel auch die Infrastruktur grundlegend zu verändern, übt sich Verkehrsminister Andreas Scheuer in Symbolpolitik. Hier ein neues Verkehrszeichen für Radfahrer, dort ein höheres Bußgeld für Autofahrer, wenn sie auf Radwegen parken. Doch beim Bau von Radwegen geht es immer nur um Neubau-Projekte, zum Beispiel entlang von Bundesstraßen. Dort, wo es viel dringender wäre - bei bestehenden Wegen in den Städten - kämpfen selbst nach erfolgreichen Radentscheiden Verbände und Initiativen immer noch mühsam um jedes kleine Stück Raum, den Autofahrer zu Gunsten von Zweiradfahrern aufgeben sollen.

Was nützen höhere Bußgelder für das Zuparken von Radwegen, wenn am Ende doch keiner kontrolliert? Was bringen E-Scooter, wenn sie Gehwege blockieren, weil die Anbieter die Städte fluten, aber kein Parkraum für sie geschaffen wurde? Nachträgliches Sanktionieren erzeugt nichts als Frust. Und der richtet sich gegen die Falschen: gegen die angeblich bösen Rollerfahrer, die rücksichtslosen Radler oder die dreisten Taxifahrer. Er sollte sich aber gegen die Verkehrspolitiker richten. Die immer das Märchen erzählen, man müsse niemandem etwas wegnehmen und trotzdem könnten alle entspannter unterwegs sein. Damit machen sie kluge Konzepte für neue Mobilitätsformen kaputt.

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