E-Scooter im Test:Mit dem Citybug illegal durch die Stadt

Der Tretroller mit Elektroantrieb soll die Verkehrsprobleme der Metropolen lösen. Tatsächlich ist er flink und witzig. Leider darf man ihn fast nirgends benutzen.

Test von Thomas Harloff

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Citybug 2

Quelle: JD Europe Components GmbH

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Die Straßen sind dauerverstopft, Busse und Bahnen überfüllt und ständig verspätet, auf den Radwegen geht es hektisch zu. In Metropolen ist deshalb jedes alternative Fortbewegungsmittel willkommen. Seien es sogenannte Hoverboards - Trittbretter mit zwei Rädern, die per Gewichtsverlagerung gesteuert werden. Oder Solo- beziehungsweise Monowheels, bei denen sich die beiden Trittstufen neben einem größeren, zentralen Rad befinden. Andere wiederum bevorzugen den guten alten Tret- oder Kickroller.

Den gibt es mittlerweile in einer elektrisch angetriebenen Variante. Alle paar Meter treten, um vorwärtszukommen, das ist vielleicht etwas für Kinder. Aber sicher nicht für jemanden, der Anzug trägt und auf den Weg zur Arbeit ist. Der höchstens hin und wieder Anschubarbeit leisten will, aber sonst den Elektromotor arbeiten lässt. Genau so funktioniert der Citybug 2.

Citybug 2S Front Fahrbild

Quelle: JD Europe Components GmbH

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Der Stadtkäfer - so die wörtliche Übersetzung des Namens - sitzen ein 250 Watt starker Radnabenmotor am Hinterrad und eine 36-Volt-Batterie unter der Trittfläche. Deren Kapazität von 200 Wattstunden soll reichen, um zwischen 15 und 20 Kilometer weit zu kommen. Der Motor übernimmt, sobald der Fahrer mit Tretbewegungen fünf km/h erreicht hat. Beschleunigen, bremsen, Richtung ändern - das erledigt der Lenker: Lehnt man sich nach vorne, nimmt der Roller Fahrt auf, bis er maximal 18 km/h erreicht hat. Soll er langsamer fahren, nimmt man Druck vom Lenker, und das Gefährt rollt mit konstanter Geschwindigkeit weiter. Gebremst wird, indem man die Lenkstange nach hinten zieht. Ein Tritt auf das hintere Schutzblech aktiviert die Hinterradbremse, falls es nötig ist, sofort anzuhalten.

Citybug 2

Quelle: JD Europe Components GmbH

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Antreten, vor- und zurücklehnen, lenken, rollen, bremsen - durch sein simples Steuerungskonzept lässt sich der Citybug intuitiv handhaben. Das Fahrverhalten ist leicht berechenbar, die Geschwindigkeit völlig ausreichend, um Wege in deutlich kürzerer Zeit als zu Fuß zurückzulegen. Ist der Asphalt eben, ist die Fahrt auch komfortabel - jedenfalls dann, wenn man auf dem dünnen Trittbrett eine bequeme Standposition findet. Die dürfte für große Menschen allerdings nicht leicht zu finden sein. Bei unebenem Untergrund rüttelt es den Fahrer ordentlich durch, und an steilen Steigungen gerät der 250-Watt-Motor an seine Grenzen, weshalb mit Tritten angeschoben werden muss. Aber Spaß macht der Citybug, das bestätigt jeder, der ihn im Test ausprobiert hat.

Der Elektro-Tretroller Citybug 2 zusammengefaltet

Quelle: JD Europe Components GmbH

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Hinzu kommen praktische Aspekte. Natürlich ist der Citybug mit 12,5 Kilogramm deutlich schwerer als ein Tretroller ohne E-Antrieb. Aber er ist immer noch leicht genug, um ihn bequem tragen zu können - beispielsweise ins Büro. Dabei hilft, dass er sich mit zwei Handgriffen zusammenfalten lässt. Nun kann er beispielsweise in einem Restaurant unter dem Tisch verschwinden oder im Kofferraum eines Autos. Selbst die meisten Kleinwagen dürften den nicht einmal einen Meter langen und einen halben Meter breiten Roller aufnehmen können.

Citybug 2

Quelle: JD Europe Components GmbH

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In einer idealen Welt sähe das Nutzungsprofil des Citybugs in etwa so aus: Man rollert mit ihm ins Büro, lädt dort an der Steckdose den Akku auf - das dauert maximal vier Stunden - und nach Feierabend geht es damit wieder nach Hause. Aber so einfach ist das nicht, denn strenggenommen gibt es im öffentlichen Verkehr keinen Ort, an dem man den Citybug nutzen darf.

Citybug 2

Quelle: JD Europe Components GmbH

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Die Straße ist tabu für den kleinen Elektroroller. Hier dürfen nur versicherungspflichtige Kraftfahrzeuge mit Betriebserlaubnis und Radler fahren. Eine solche Zulassung fehlt dem Citybug. Der Hersteller hofft, sie noch im Laufe des Jahres zu erhalten. Auf den Radweg ausweichen? Keine gute Idee, der ist aus gutem Grund für Radfahrer reserviert. Mit 18 km/h Slalom zwischen Fußgängern auf dem Gehweg zu fahren, ist verboten und gefährlich. Trotzdem kann man den E-Scooter auf dem Bürgersteig benutzen - allerdings nur dann, wenn zuvor der Knopf an der Unterseite des Citybugs gedrückt wurde, der die Geschwindigkeit auf sechs km/h begrenzt. Dann kann man aber auch gleich laufen, der Tempovorteil des E-Scooters ist dahin.

Citybug 2

Quelle: Carlos Fernandez Laser; JD Europe Components GmbH

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Der Hersteller kennt das Problem und benennt es offen: "Beim Thema Auflagen/Einschränkungen bewegen wir uns im Moment noch in einer Grauzone", heißt es in einer Erklärung. Die Regeln für die neue Fahrzeugkategorie der elektrischen Tretroller seien noch nicht genau definiert worden. Deshalb dürfe man den Citybug - "wenn man es genau nimmt" - nur auf Privatgrund fahren. Bisher sei er beispielsweise in Frankreich und Belgien zugelassen, nicht aber EU-weit.

Citybug 2

Quelle: JD Europe Components GmbH

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Das Wundermittel, um die Verkehrsprobleme großer Städte zu lösen, kann der Citybug also noch nicht sein. Selbst dann, wenn er die Straßenzulassung hat, dürfte es nur wenige geben, die sich mit ihm neben SUVs, Busse und Lastwagen auf die Straße trauen. Wer diesen Mut nicht hat, kann den Citybug lediglich als nettes Spielzeug auf dem eigenen Grundstück nutzen. Oder als Fortbewegungshilfe auf Firmenarealen, Messegelände oder dem Campingplatz. Alles andere ist "Grauzone" - wenn überhaupt.

Citybug 2

Quelle: JD Europe Components GmbH

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Für ein Spielzeug ist der Elektro-Scooter allerdings sehr teuer. 899 Euro kosten der Citybug 2 und das 350 Watt starke S-Modell, das eine Höchstgeschwindigkeit von 22 km/h erreicht. Für 999 Euro gibt es auch eine GT-Variante, die dank eines um 30 Prozent höheren Drehmoments schneller beschleunigt. Da fehlt preislich nicht mehr viel zu einem Pedelec. Mit dem darf man dann auch auf der Straße und dem Radweg fahren.

Technische Daten Citybug 2:

Bürstenloser DC-Elektromotor; Leistung 250 W; Gesamtgewicht: 12,5 kg; Vmax: 18 km/h; Reichweite: 15 - 20 km; Batterie: 36-Volt-Lithium-Ionen-Akku mit 5,6 Ah; Ladezeit: 3 - 4 Stunden; Grundpreis: 899 Euro

Das getestete Modell wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

© SZ.de/reek/jab
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