E-Roller und Skateboards:Elektro-Spielzeug für die Straße

Stigo

Ziehen, klappen, losrollern: Beim etwa 1500 Euro teuren Mofa Stigo mit Elektroantrieb kann der Fahrer mit bis zu 20 km/h unterwegs sein.

(Foto: Stigo)

Noch sind Tretroller mit Batterie und E-Skateboards im Verkehr weitgehend verboten. Doch das soll sich ändern. Die zehn wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Svenja Gelowicz

Zwei 14-Zoll-Reifen, eine Art Stehbrett dazwischen, eine Haltestange: Das ist der "Urmo", ein sogenanntes Elektrokleinstfahrzeug. Die Firma, die ihn herstellt, heißt genauso und ist ein Münchner Start-up. Sie hat den Urmo erfunden - und knüpft große Hoffnungen an das Gefährt. Denn solche Ministromer könnten bald eine Straßenzulassung erhalten. Die Bundesregierung feilt gerade an einer entsprechenden Verordnung. Fragen und Antworten zu Fahrzeugen, die - wenn es nach den Herstellern geht - bald in Massen auf deutschen Straßen anzutreffen sein werden.

Was genau sind sogenannte Elektrokleinstfahrzeuge?

Ob batteriebetriebene Tretroller, sogenannte Hoverboards, bei denen der Nutzer auf einer Achse balancieren muss, E-Skateboards, elektrifizierte Einräder oder geschrumpfte Segways: für elektrisch angetriebene Mikromobile gibt es ganz verschiedene Konzepte von diversen Herstellern. Die Idee dahinter: Mit den kleinen Flitzern lassen sich kurze Wege rasch zurücklegen - beispielsweise vom U-Bahnhof ins Büro. Fachleute sprechen auch von der "letzten Meile". Stadtplaner versprechen sich zudem eine Entlastung der Innenstädte vom überbordenden Autoverkehr.

Wie fährt so ein E-Mikromobil?

Das hängt ganz vom jeweiligen Fahrzeug ab. Selbstbalancierende Fahrzeuge, zum Beispiel elektrische Skateboards oder Hoverboards, steuert der Nutzer durch Gewichtsverlagerung. Es fährt also in die Richtung, in die man sich lehnt - und bremst, wenn man sich zurücklehnt. Das Tempo kann der Fahrer manchmal auch über einen Regler (also eine Art Fernbedienung) steuern. Batterietretroller oder Klappmofas funktionieren nach dem altbekannten Prinzip: Gas gibt man mit dem Drehgriff oder einem Hebel, die Bremsen sind am Lenker.

Dürfen solche Mini-Elektromobile schon jetzt auf die Straße?

Jein. Wenige Fahrzeuge dürfen bereits jetzt am Straßenverkehr teilnehmen - zum Beispiel Segways, sie gelten als "elektronische Mobilitätshilfen". Eine Straßenzulassung für EU-Länder wiederum hat beispielsweise ein E-Klappmofa namens Stigo. Die meisten anderen Minimobile, die derzeit angeboten oder entwickelt werden, dürfen aktuell noch nicht auf die Straße. Das aber will die Bundesregierung mit einer neuen Verordnung ändern.

Wer soll künftig damit fahren dürfen? Und wie schnell wird er unterwegs sein?

Fahrer werden voraussichtlich zumindest einen Mofaführerschein (Klasse M) benötigen. Für den muss man mindestens 15 Jahre alt sein. Manche Hersteller schränken auch das Gewicht des Fahrers für ihre Fahrzeuge ein. Etwas langsamer als ein klassisches Mofa werden die E-Floater, wie sie in der Szene auch genannt werden, aber sein: Der Verordnungsentwurf des Bundesverkehrsministeriums sieht ein Höchsttempo von 20 Stundenkilometern vor.

Und wo werden sie fahren dürfen?

Kurz und knapp: überall dort, wo auch Fahrräder erlaubt sind. Für die E-Kleinstfahrzeuge wird es außerdem Extra-Schilder geben, damit zum Beispiel Städte ihre Fußgängerzonen für die kleinen Flitzer freigeben können. Das heißt aber auch, dass der Platz auf den Radwegen und Straßen noch enger zugehen wird als ohnehin schon. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) spricht von einem "Verteilungskonflikt", der Grünen-Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel fordert: "Der knappe Verkehrsraum muss neu aufgeteilt werden." Sprich: weniger Platz für Autos, mehr Raum für die neuen E-Floater.

Welche Vorschriften sollen noch gelten?

Der Gesetzgeber plant deutliche Auflagen: Sie brauchen laut dem Verordnungsentwurf zum Beispiel Klingel, Licht, zwei voneinander unabhängige Bremsen, eine gültige Versicherungsplakette und eine Haltestange. Eine Helmpflicht wird wohl nicht kommen. Der DVR fordert, diese zumindest zu diskutieren. Doch dass die Verordnung so strenge Vorgaben macht, lobt der DVR ausdrücklich.

Wie finden die Hersteller den Entwurf?

Wie finden die Hersteller den Entwurf?

Die Auflagen seien zu streng, sagt Florian Walberg, Gründer des Hamburger E-Tretrollerunternehmens Urban Electrics. "Dass man für diese Fahrzeugklasse Führerschein und Blinker braucht, ist hanebüchen." Deutschland verschlafe eine weltweite Entwicklung von urbaner Mobilität. Grünen-Politiker Gastel sieht das ähnlich: "Der bisherige Entwurf sorgt dafür, den Großteil solcher E-Kleinstfahrzeuge auch künftig zu verbieten." Und: Gerade junge Leute würden häufig keinen Führerschein mehr machen - doch gerade die seien ja eine "Kernzielgruppe" der Hersteller. Am Ende werde die Enttäuschung groß sein, fürchtet der Bundestagsabgeordnete Gastel: Denn eigentlich fielen nach dem aktuellen Stand der Verordnung nur elektrifizierte Tretroller in die neue Fahrzeugkategorie. Die meisten anderen E-Flitzer würden nicht erfasst - und dürften damit nicht auf öffentlichen Straßen benutzt werden; sie wären weiterhin lediglich auf Privat- oder Firmengelände erlaubt.

Wie sicher sind die Kleinstfahrzeuge?

Das lässt sich nicht pauschal sagen. DVR-Sprecherin Julia Fohmann gibt zu bedenken, dass andere Verkehrsteilnehmer die Geschwindigkeit der Mikromobile schlecht einschätzen könnten. Und wenn Nutzer mangels Radweg auf der Straße fahren, könnte das schon gefährlich sein. Befürworter entgegnen: Von so einem Minimobil könne man in brenzligen Situationen schnell herunterspringen - viel schneller, als von einem Fahrrad absteigen. Fabian Edel forscht am Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart zum Thema Mikromobilität. Er sagt: "Sicherheit hängt stark vom Fahrzeugkonzept ab." Und da gibt es in dem Segment eben eine große Vielfalt. Ein entscheidender Punkt wird seiner Meinung nach die Phase sein, in der sich die Teilnehmer am Straßenverkehr an solche Ministromer gewöhnen müssen. Wichtig sei, sagt Edel, dass der Gesetzgeber Fahrzeuge aus Fernost von den Straßen fernhalte, die in puncto Sicherheit nicht den hiesigen Ansprüchen genügen. Fakt ist: In den USA, wo diese E-Scooter schon seit geraumer Zeit Trendfahrzeuge sind (und keine Helmpflicht gilt), gab es bereits zahlreiche Unfälle - und jüngst auch Todesopfer. Bei einer Umfrage der Washington Post in Krankenhäusern vermeldeten Ärzte einen Anstieg von Verletzten. Verlässliche Statistiken aber gibt es dazu noch keine.

Gibt es auch noch Erfahrungen aus weiteren Ländern?

Ja, gerade die batteriegetriebenen Tretroller haben schon in vielen Ländern eine Straßenzulassung, unter anderem in Österreich, in der Schweiz, in Finnland, Norwegen, Belgien, Dänemark oder Frankreich. Vor allem in großen Städten gehören die Miniflitzer dort schon vielerorts zum Straßenbild. In den USA bieten Unternehmen wie Lime oder Bird solche Fahrzeuge zudem zum Mieten an. Das Ganze funktioniert ähnlich wie bei den mittlerweile bekannten Fahrradvermietern: Geortet, entliehen und zurückgegeben werden die Fahrzeuge per Smartphone-App. In San Francisco wiederum gibt es bereits Berichte darüber, dass die Fahrzeuge achtlos abgestellt werden und ganze Straßenecken blockieren. Mittlerweile expandieren die Firmen auch nach Europa: Seit Kurzem sind sowohl Lime wie Bird in Wien vertreten. Beide hoffen auf ein Riesengeschäft.

Wie viel kosten die Fahrzeuge?

In Wien verlangt Lime 15 Cent je Minute, zuzüglich des Grundpreises von einem Euro pro Nutzung. Wer sich einen eigenen Batterietretroller kaufen will, muss mit Preisen ab 300 Euro rechnen - dafür sind manche Fahrzeuge aus Fernost im Baumarkt erhältlich. Ebenfalls in vielen Baumärkten und ab etwa 200 Euro gibt es die oft knallbunten Hoverboards. Stigo verlangt für sein elektrisch angetriebenes Klapp-Mofa circa 1500 Euro, Urmo kassiert für den faltbaren Mini-Segway knapp 2000 Euro.

Von welchem Zeitpunkt an sollen die neuen Regeln in Deutschland gelten?

Die Verordnung könnte noch im laufenden Jahr in Kraft treten, heißt es im Haus von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Branchenkenner vermuten, dass es im Dezember so weit sein könnte. Doch das bezweifelt der Abgeordnete Gastel: "Es muss noch sehr viel nachgebessert werden." Er hält es für gut möglich, dass die neuen Regelungen erst vom kommenden Frühjahr an gelten werden.

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